dem ersten Diminutionsprozeß eine Reduktion der Chromosomenzahl verbunden wäre, so müßten
ja zuletzt in den Kernen des vorderen Somas nur 5 oder höchstens 6 Chromosomen vorhanden sein,
was eben nicht zutrifft, und ferner dürften in den vorderen Kernen achtzelligei Embryonen nicht
20—22 Chromosomen gezählt werden. . Gerade die beiden achtzelligen Embryonen, die ich diesbezüglich
studiert habe, besitzen drei Haufen von Chromatinresten der ersten Diminution, sodaß
also mit Ausnahme des Schwesterkerns, des Urgschlechtskerns alle Somakerne diminuiert haben.
Fig. 17 zeigt zwei solche Kerne in Mitose und zwischen ihnen eine relative große Chromatinmasse,
welche nach ihrer Lage nur diesen Kernen entstammen kann, und trotzdem zähle ich in beiden
?1 Chromosomen. Es kann daher hier nur eine Verminderung der Chromatinmasse, nicht auch eine
Reduktion der Chromosomenzahl stattgefunden haben.
Der Modus der Mitose beim ersten Diminutionsprozeß muß daher ein anderer sein, als der
oben beschriebene. Auch die karyokinetischen Figuren lassen kaum eine andere Erklärung zu, als
daß hier eine Teilung der Chromosomen im Längsspalt geschieht, daß aber bei der Metakinese die
Tochterchromosomen mit dem einen Ende in der Äquatorialebene Zusammenhängen bleiben, während
sich das andere Ende nach den Polen streckt. Dann erfolgt die Segmentation der Tochterchromosomen,
die inneren zusammenhängenden Segmente bleiben zurück und werden damit aus dem
Verbände der Tochterkerne ausgeschieden, welche letztere sich nur noch aus den äußeren freien
Segmenten zusammensetzen. Man könnte das Gesagte direkt beweisen, wenn man die inneren oder
äußeren Segmente auszählte, doch dies gelang mir in den entsprechenden Spindeln bei der dichten
Lagerung der Elemente nicht in exakter Weise. Mit Sicherheit aber erkennt man, daß vielmehr als
10 Segmente (also doch wohl die Normalzahl) in jeder Platte vorhanden sind.
Ich will hier noch betonen, daß die Diminution in den Somakernen des vierzelligen Stadiums
manöhmal überhaupt unterbleibt, daß die ausgeschiedene Chromatinmenge oftmals eine recht geringe
ist, und daß ich in dem einen Falle (Fig. VII b) zwischen zwei diminuierten Kernen nur 6 Chromosomensegmente
gezählt habe. In diesen und jedenfalls auch in anderen Fällen kann demnach nur
eine teilweise Diminution stattgefunden haben, indem nur wenige Chromosomen Segmente abstießen,
während die übrigen in toto in die Tochterkerne übergingen.
Der hier voigetragene Diminutionsprozeß besitzt mit dem gleichen Vorgang, der von Meyer (60)
für Ascaris lumbricoides, Asc. rubicunda und Asc. labiata und von Bonnevie (10) für Asc. lumbri-
coides geschildert wurde, eine unverkennbare Ähnlichkeit. Er beginnt auch bei diesen Formen in
den drei somatischen Kernen des vierzelligen Stadiums. Wie bei Miastor geschieht er während der
Mitose und vollzieht sich gleichfalls durch eine Segmentation der Chromosomen. Die ausgeschiedenen
Segmente bleiben zwischen den Tochterkernen als Chromosomen-Mittelplatte in der Äquatorialebene
zurück. Die erst in späteren Stadien von den Stammzellen abgegebenen Somazellen diminuieren
dann in der gleichen Weise. Besonders klar ist der Vorgang von Bonnevie in Fig. 3 (Zelle S2) und
Fig. 5 a (Zelle S3) dargestellt. Doch aüch die Figuren 2, 5, 6, 7 in der Meyer’sehen Arbeit lassen ganz
deutlich die ausgeschiedenen Chromosomen-Mittelplatten zwischen den Tochterkernen unterscheiden.
Da hierbei eine Reduktion der Chromosomenzahl nicht beobachtet wurde (Bonnevie), dürfte dieser Diminutionsprozeß
dem ersten gleichen Vorgang im vierzelligen Stadium der Miastor-Embryonen entsprechen.
Bei den Furchungsstadien von Ascaris megalocephala univalens, an denen Boveri (8) zuerst
den Diminutionsprozeß entdeckte, vollzieht sich gleichfalls während der Mitose eine Segmentation
der Chromosomen, allerdings mit dem Unterschied, daß jedes Chromosoma nicht in zwei, sondern in
drei Segmente zerlegt wird, von denen die beiden lateralen oder die Schleifenenden ausgeschieden
werden, sodaß nur das mittlere Segment, das obendrein noch in viele Körner zerfällt, persistiert. Wie
bei Miastor findet man in der Mitte zwischen den beiden diminuierten Kernen die Chromatinreste,
die weiterhin zerfallen. Bliebe das Mittelstück der Chromosomen solid, so könnten ja bei der Metakinese
die Tochterchromosomen zunächst noch mit beiden Enden zusammenhaften, und darauf
brauchte erst eine Durchteilung nach beiden Seiten zu erfolgen, wodurch beide Schleifenenden ab-
abgestoßen würden. Es bestünde dann bezüglich des Verhaltens bei Miastor nur noch der eine Unterschied,
daß hier die Tochterchromosomen nur mit einem Ende zusammenhaften und daß sich eben
dann nur dies eine Schleifenende durch Querteilung lostrennt und zurückbleibt. Boveri fand in der
Tat, daß in den Schleifenenden oft eine Längsspaltung, wenn auch nur unvollkommen, stattfindet,
und daß sich die Spalthälften sogar ein Stück in der Richtung der Spindelfasern aufrichten können.
Die Chromatindiminution beginnt bèi Ascaris megalocephala schon im zweizeiligen Stadium,
doch fand Meyer, daß sie auch erst im vierzelligen Stadium und dann gleichzeitig in allen drei
somatischen Kernen eintreten kann, woraus man wieder erkennt, daß dem Prozeß eine gewisse Variabilität
anhaftet. Die Chromatindiminution, welche Giardina bei der Trennung der Ei- und Nährzellen
von Dyticus beobachtet hat, gibt für die Beurteilung unseres Falles keinen weiteren Aufschluß.
Bei dem zweiten Diminutionsprozeß besteht der Unterschied, daß hier nicht Segmente von
Tochterchromosomen, sondern Segmente ganzer gepaarter Chromosomen ausgeschieden werden,
und ferner kommt als wesentlich neues Moment die Reduktion der Chromosomenzahl hinzu, oder man
muß vielleicht umgekehrt sagen: zum Reduktionsprozeß tritt eine Chromatin-Diminution hinzu,
so daß also der Reduktionsvorgang als das Primäre betrachtet wird; denn daß die Kombination beider
Prozesse nichts Ursprüngliches, sondern etwas stark Abgeleitetes ist, muß wohl angenommen werden.
Im Hinblick auf die Diminutionsvorgänge von Ascaris, die nicht mit einer Reduktion verbunden
sind, erscheint mir der erste Diminutionsprozeß der Miastor-Embryonen als der primäre Vorgang,
und vermutungsweise will ich noch folgendes hinzufügen: der radikale zweite Diminutionsprozeß
könnte vielleicht den ersten unnötig machen, und die Variabilität des ersten Prozesses würde dann
ein Zeichen dafür sein, daß er in einer Rückbildung begriffen ist. Nach dem zweiten Diminutionsvor-
gang scheinen tatsächlich die Unterschiede, die der erste zwischen den Kernen erzeugte, ausgeglichen
zu sein, sodaß die 14 diminuierten Furchungskerne im wesentlichen einander wieder gleichwertig sind.
Bestehen also bezüglich des Modus der hier geschilderten Vorgänge noch einige Lücken, deren
Beseitigung recht wünschenswert erscheint, so steht doch als Tatsache folgendes fest: In den Soma -
kernen des vierzelligen Stadiums geschieht eine erste Chromatin-Diminution, die keine Reduktion
der Chromosomenzahl im Gefolge hat und ein ziemlich inkonstantes Verhalten auf weist, darauf
erfolgt in sämtlichen Somakernen des achtzeiligen Stadiums eine zweite Chromatin-Diminutiön,
durch welche der größte Teil des Chromatins in Form der Mittelplatten aus den Kernen,ausgeschieden
wird, und von diesem Momente an arbeitet das Soma mit der reduzierten Zahl der Chromosomen.
Blastoderm.
Damit verlassen wir diese höchst interessanten Prozesse und wollen nün im folgenden der
Weiterentwicklung des Embryos unsere Aufmerksamkeit zuwenden. Die 14 diminuierten Furchungskerne
schreiten nach einer anscheinend längeren Ruhe, was ich aus ihrem nicht unbeträchtlichen