
Vorderflügel kurz, meist ausgesprochen dreieckig, saumwärts mehr oder weniger verbreitert.
Costa ganz schwach gebogen, Spitze gerundet, Saum schräg, fast ganz gestreckt. Diese in Färbung
und Deutlichkeit der Zeichnung abändernde Form ist von manchen Varietäten der folgenden Art
nicht immer leicht zu unterscheiden, ist aber nach ihrem Copulationsapparat eine sichere Spezies.
Beim (Fig. 14) ist der dünne und schwachgebogene Uncus mit dem Tegmentum einheitlich verwachsen;
die Valven haben keine eigentliche Verstärkungsleiste an ihrer ventralen Kante, nur gegen
die Mitte derselben tritt ein kleiner kolbenförmiger Zapfen vor; der Penis ist
schlank, schwachgebogen und spitz. Noch mehr zeichnet sich das $ aus: bei
ihm sind die letzten Abdominalsegmente zu einer Legeröhre verlängert (Fig. 15),
die auf Druck auf das Abdomen hervortritt; das ist bei keiner anderen Axt, mit
der sie verwechselt werden könnte, der Fall. Hat man sich erst durch dies kleine
Experiment über einige $$ vergewissert, so fällt es nicht schwer, die zugehörigen
(£o auch ohne Untersuchung des Begattungsapparates zu erkennen.
Spannweite 16—17 mm. T a f . X F i g . 41, 42
Die Grundfarbe der Vorderflügel ist weißlich bis gelblichgrau (Fo rma
i n c e r t a n a Tr.) (oft viel heller als in Fig. 41) oder blaugrau bis dunkler
braungrau (Fo rma m i n o r a n a HS); bei ersterer treten die Zeichnungen scharf, bei letzterer
weniger deutlich hervor; sie sind dunkler braungrau bis braun, oft mit schwärzlichen Punkten und
Stricheln gesäumt und gemischt. Der Grund ist mehr oder weniger dunkler gewellt, oft sehr dicht
und reichlich, aber stets fein. Das basale Querband ist stumpfwinkelig geknickt, oft nur im costalen
Teil oder in einigen Flecken deutlich; das mittlere Schrägband häufig unter der Costa eingeschnürt
oder verwischt, bald beiderseits, bald nur auf der basalen Seite
scharf begrenzt, hier in der Mitte ausgehöhlt und vor dem
Dorsum geknickt; ein Praeapikalfleck setzt sich aus zusammenfließenden
Costalhäkchen zusammen und aus ihm zieht eine
gestreckte dunkle Linie zum Saum; dieser selbst ist mehr oder
weniger schmal verdunkelt; die Saumlinie ist fein dunkel, die
Fransen ungefähr von der Farbe der Fläche mit verwaschener
Teilungshnie. Die Hinterflügel sind graubraun, gegen die
Wurzel oft heller, ihre Fransen gelblich mit brauner Teilungslinie.
Kopf und Thorax sind etwas dunkler als die Wurzel
der Vorderflügel, das Abdomen ist braungrau.
Die Raupe ist dunkelgrau, schwärzlichbraun oder schwärzlich
mit schwarzen Wärzchen, der Kopf ist gelbbraun, schwarz-
gerandet, Nackenschild und Analklappe sind schwarz. Sie lebt
von April bis Juni in einem Gespinst zwischen den Blättern und
Blüten von Lotus, Chrysanthemum, Ranunculus etc. Der Falter fliegt im Juni und Juli.
Hab. Mittel- und Südeuropa; stellenweise häufig.
74. Tortrix wahlbomiana L. Syst. Nat. ed. X, 532; T r. VIII p. 173; X, 3 p. 92; HS.
IV p. 200; f. 107, 115, 116; He i n . p. 58; H o f m. Stett. ent. Zeit. 1872 p. 433; S n ei l . II,
1 p. 227; w a lb o m i a n a H b . f. 203; w a h l b a u m i a n a Dup. IX p. 391 tab. 256 f. 4;
c o m m u n a n a HS. IV p. 200; VI p. 159; f. 113, 114.
a l t i c o l an a HS. IV p. 200; VI p. 158; f. 112.
Fig. 15.
Tortrix incertana £•
Hinterleibsende, vollständig gestreckt und entschuppt
in Ansicht von der linken Seite.
L ausgestreckte Legeröhre,
S Chitinsehnen zum Ansatz der Hückziehmuskein
derselben,
V Vulva,
B Bursa copulatrix,
P eine mit feinen Chitinhöckerchen besetzte Stelle
ln der Wand derselben.
Fig. 14.
Tortrix incertana. Männlicher
Copulationsapparat, völlig ausgebreitet
und entschuppt, in
Ansicht von der linken Seite
(die linke Valva ist entfernt).
Vergr. 20 mal.
v i r g a u r e a n a T r. X, 3 p. 89; HS. IV p. 201; VI p. 159; f. 102, 103; Du p .
Suppl. IV tab. 62 f. 7; B a r r . Monthly Mag. XX p. 238; Meyr . p. 539.
d e r i v a n a Lah . Tort. No. 115; p a r a l i a n a Z. Stett. ent. Zeit. 1872 p. 103.
c h r y s a n t h e a n a Du p . Suppl. IV p. 410 tab. 83 f. 5; He i n . p. 58; c h r y s a n t h e-
m a n a HS. IV p. 200; f. 108—111; Meyr . p. 539; asinana Hw. Lep. Brit.
p. 464; S t e p h . 111. IV p. 128; Wo o d f. 1000; a l t er n e i l a Wilk . 252;
S t a i n t. Man. II p. 258; Ba r r . Monthly Mag. XX p. 239.
p a s i u a n a (rect. pascuana) Hb. f. 99; p a s i v a n a HS. IV p. 291; VI p. 159;
f. 100, 101; He i n . p. 62; Barr. Monthly Mag. XX p. 241; Meyr . p. 540;
ob s ol et an a S t p h . 111. IV p. 129; Wo o d f. 1003.
l o g i a n a Wo o d f. 1002^^Sinterjectana W o o d f. 1001.
Diese weitverbreitete und nirgends seltene Art zeigt so recht deutlich, wie schwer es ist, sich
von alten Traditionen und vorgefaßten Meinungen freizumachen und zugleich die Notwendigkeit,
bei der Feststellung von Spezies nicht nur den allgemeinen Habitus, Flügelschnitt, Färbung imd
Zeichnung, sondern auch anatomische Untersuchungen in Betracht zu ziehen. Ist es schon verwunderlich,
daß von den alten Autoren bei der Leichtigkeit, sich Hunderte dieses Falters zu verschaffen
und dadurch alle Übergänge zwischen anscheinend eigenartigen Formen zum Vergleich heranzuziehen,
eine ganze Anzahl einzelner Arten aufgestellt werden konnten, deren Merkmale äußerst unpräzise
waren, so muß es noch mehr auffallen, mit welchem Aufwand von Mühe und Worten auch weiterhin
diese Unterschiede festzustellen und die zum Teil recht mangelhaften Abbildungen zu identifizieren
gesucht wurden. Und wenn sich auch allmählich die Überzeugung durchrang, daß es sich nicht um
so viele besondere Arten handeln könne, so wurde doch immer noch versucht, wenigstens einige
Spezies aus dem Chaos herauszuretten, und die Namen der anderen mindestens als Namen definierbarer
Varietäten festzuhalten. So unterscheidet H e i n e m a n n wenigstens drei gute Arten: chrysantheana,
pasivana und wahlbomiana, letztere mit einer ganzen Reihe benannter Varietäten, und
R e b e 1 schließt sich ihm vollkommen an; M e y r i c k läßt den Namen wahlbomiana ganz fallen
und unterscheidet für England drei Spezies: chrysanthemana, virgaureana und pascuana. Schon
längst hatte S n e 11 e n den Versuch gemacht, alle diese Formen zu der einen Art wahlbomiana
zusammenzufassen, wobei er freilich auch noch mit Unrecht incertana und cupressivorana S t g r.
zieht; letztere figuriert bei R e b e 1 als Varietät von wahlbomiana, ist jedoch eigene Art.
In der Tat zeigt die anatomische Untersuchung, daß es sich bei allen in obenstehender synonymischer
Übersicht zusammengestellten Formen um eine einzige Spezies handelt, deren Individuen
in Färbung, Zeichnung und Flügelschnitt variieren, aber in so durcheinanderlaufender Weise, daß
man nicht einmal durch Kombination mehrerer dieser Merkmale bestimmte Varietäten aufstellen
kann. Es mag dies durch Herausgreifen einzelner Exemplare gelingen, bei der Vergleichung einer
großen Zahl geht wieder alles ineinander über. In manchen Gegenden, z. B. höheren Gebirgen, auf
Inseln, im Norden oder Süden mag die eine oder andere Form überwiegen und dadurch eine Trennung
erleichtern, aber die Übergänge sind vorhanden. Ich habe zahlreiche Individuen beider Geschlechter
aus eigenen Fängen, und solche, die ich von verschiedenen Seiten unter allen möglichen Namen erhielt,
auf ihre Begattungsapparate sorgfältig untersucht und vollkommene Übereinstimmung gefunden
und dies nicht nur hinsichtlich dieser Organe, sondern auch in bezug auf andere, scheinbar unbedeutende
Bildungen, wie z. B. in der unregelmäßigen Felderung der Cuticula des Stemits des dem Genitalapparat
vorhergehenden Segments beim $, auf dem selbst nach dem Kochen in Kahlauge die Schuppen