
trägt aber zwei gegen einander strebende Dornen, durch welche
gleichfalls die Schuppe nach der einen oder ändern Seite festgehalten
wird. Vgl. die beigegebene Textfigur 3,
Ganz allgemein werden derartige ungewöhnlich gestaltete
Schuppen, besonders wenn sie noch ausspreizbar sind, für
„Duftschuppen“ erklärt, in denen sich Duftstoffe abgelagert
haben, welche durch feine Öffnungen oder durch Diffusion
verdunsten; der ausströmende Duft soll ein Reizmittel für die
weiblichen Tiere sein, das diese zur Begattung anregen soll,
Gestärkt wird diese Auffassung teils durch die direkte Beobachtung,
daß es Schmetterlinge gibt, die auch für unser
Riechorgan wahrnehmbar duften, und daß besondere Schuppen
mit diesem Dufte behaftet sind, teils durch die Tatsache, daß
unter diesen Schuppen auch im Imagozustand noch relativ
große Zellen vorhanden sind, die man dann als Drüsenzellen
anspricht. Der letztere Umstand scheint mir nicht besonders
beweiskräftig zu sein, denn wo sich modifizierte Schuppen auf
der Flügelfläche finden, sind die zugehörigen Zellen im Imagozustand
ebenso völlig degeneriert, wie die der gewöhnlichen
Schuppen und in den Beinen sind auch unter den normalen
Schuppen lebende Zellen als Epithelzellen vorhanden; daß die
zu ganz besonders mächtigen Schuppengebilden gehörigen
Zellen auch viel größer sind, als die anderen, ist ganz natürlich;
deswegen brauchen sie noch keine besondere Funktion zu
haben. Was den auch für um wahrnehmbaren Geruch mancher
Schmetterlinge betrifft, so braucht dieser durchaus nicht besonderen
Schuppen zu entströmen, sondern er kann dem
ganzen Körper der betreffenden Tiere eigentümlich sein,
a. Rechtes Hinterbein von Argyroploce salicella
Haarpinsel der Schiene.
b . Stückchen der Cuticula mit den „Sperrbälgen“ der
Haarscbuppen vom nämlichen Tier.
a , ß zwei Haarschuppen in normaler Lage, y, <3 zwei
Haarschuppen halb aufgerichtet.
c. „Spcrrbalg* vom Schuppenbüscbel der Mittelschiene
von Catocala fraxini.
d. Sperrbälge vom Schuppenbüscbel der Hinterschienc
von Hepialus humuli; in einem sitzt noch ein
Schuppenhaar.
a, b, c 876 fach vergr.
auch braucht er nicht zur Reizung des anderen Geschlechts zu dienen. Den zweifellos den Geschlechtsorganen
entströmenden Duft, durch den die weiblichen Schmetterlinge die Männchen oft
aus großen Entfernungen anlocken, nehmen wir durchaus nicht wahr und doch muß er vorhanden
sein in starker Konzentration. Ob auch die o*o* einen entsprechenden Duft ausströmen, können
wir gar nicht wissen. Daß die der Hdiconiden und Danaiden aus der Geschlechtsöffnung
Organe herausstülpen können, die mit Haarbüscheln besetzt, als Duftapparate funktionieren, mag
richtig sein; die Haare selbst aber brauchen mit diesem Duften nichts zu tun zu haben, oder doch höchstens
der zu verdunstenden Flüssigkeit, die ihnen äußerlich anhängt, eine größere Fläche zu bieten.
Die Gabel der Raupen des Schwalbenschwanzes und seiner Verwandten, die Schwanzfäden der Gabel-
schwanzraupen lassen einen intensiven Duft ausströmen, ohne daß Schuppen oder Härchen daran
sitzen. Bei der allgemeinen Schuppenbekleidung der Schmetterlinge kann es nicht überraschen, daß
auch an den ausstülpbaren Duftdrüsen der Hdiconiden und anderer, die ja doch durch Einsenkungen
der Epidermis entstanden sind, sich auch Schuppen oder Haare finden, ohne daß sie bei der Funktion
des Duftens besonders beteiligt wären. Daß solche Schuppen in Größe und Form von anderen abweichen,
beweist doch gar nichts, wenn man die Mannigfaltigkeit der Schuppenformen berücksichtigt,
die am Körper eines einzigen Schmetterlings an den verschiedenen Stellen Vorkommen, bald bunt
durcheinander gemischt, bald nach der Gestaltung lokalisiert. Die Erfahrung lehrt, daß begattungsreife
Schmetterlingsweibchen ohne Wahl jedes Männchen annehmen, auch das abgeflogenste, das wohl
auch seinen Duft größtenteils schon vergeudet haben wird; also kann man dem männlichen „Duftreiz“
wohl keine große Rolle zuschreiben.
Allerdings kann es von Wichtigkeit sein, daß ein Weibchen auf die Annäherung eines Männchens
aufmerksam gemacht wird, und daß es auch in der Dunkelheit ein fliegendes Männchen von einem
Weibchen, besonders aber die o*o* seiner Art von anderen, unterscheiden kann. Das mag in vielen
Fällen durch einen besonderen Duft geschehen, es könnte aber auch durch die Wahrnehmung von
schwirrenden, zirpenden, pfeifenden Tönen ermöglicht werden, auch von solchen, die wir nicht wahrnehmen
können. Ich denke nun, wenn die langen Haarschuppen in ihren besonders gebildeten
Schuppenbälgen beim Fluge durch die raschen Flügelschläge von der einen Seite nach der ändern
in schneller Folge hin und her bewegt werden, so müßte beim Durchgleiten durch die enge Stelle des
Schuppenbalges eine Reibung stattfinden und die könnte ein für die betreffende Tierart wahrnehmbares
Geräusch bedingen. Unter den gleichen Gesichtspunkt könnten dann auch die Haarpinsel
im Costal- und Dorsalumschlag der Flügel fallen, bei denen sich ganz ähnliche Schuppenbälge finden,
und wo diese nicht richtig ausgebildet sind, handelt es sich vielleicht um rudimentäre Organe, die bei
den Vorfahren funktionsfähig waren.
Die Kleinheit und Zartheit der schwingenden Haarschuppen und ihrer Schuppenbälge kann
nicht gut als Argument gegen die Möglichkeit einer Tonerzeugung geltend gemacht werden, denn die
Reibleisten vieler kleinen Insekten und die dazu gehörigen Rauhigkeiten der Cuticula, deren streichende
Bewegungen direkt nachweisbar sind, sind nicht stärker, oft noch viel zarter, als die hier besprochenen
Einrichtungen, und doch zweifelt man nicht an ihrer Fähigkeit, Töne hervorzubringen, weil sie in
allen Übergängen bis zu solcher Größe, Derbheit und Leistungsfähigkeit Vorkommen, daß die erzielten
Töne auch auf unser Gehörorgan wirken.
Ei, Raupe, Puppe.
Die E i e r der Wickler sind flach, bikonvex oder plankonvex, von rundem oder ovalem Umriß
und meist grünlich oder grünlichgrau von Farbe. Sie werden einzeln, seltener mehrere zusammen
abgelegt und angeklebt an die Nahrungspflanze der Raupe, oder mit Hilfe einer ausstreckbaren
Legeröhre in Ritzen und Spalten derselben eingeschoben. Nur gefangene Wickler, die wenig Raum
zur Bewegung haben, legen sämtliche Eier in flachen Fladen ab, wobei die einzelnen ein wenig übereinander
geschoben werden.
Die R a u p e n sind sämtlich Pflanzenfresser. Viele nähren sich von Blättern, die sie anfänglich
skelettieren, dann aber zu Rollen oder wirren Knäueln zusammenspinnen; öder sie spinnen zwei
Blätter flach aufeinander und benagen die einander zugewendeten Blattflächen; andere falten ein
Blatt schotenförmig der Länge nach zusammen und verkleben und verspinnen die Ränder; noch andere
bohren sich in Früchte, Samenkapseln, den Blütenboden von Compositen ein, und verzehren die jungen,
oft auch die reifen Samen. Viele indessen leben in Stengeln und Wurzeln der Pflanzen, im Bast und
Holz von Bäumen und Sträuchern, in jungen Trieben etc., und verursachen durch ihren Fraß mancherlei
Anschwellungen, Verkrümmungen, Saft- und Harzausflüsse, durch die ihre Anwesenheit erkannt wird.