Von Innen nach Aussen, also vom distalen zum proximalen Rand hin. betrachtet, präsentirt sich
somit, anschliessend an die Membrana limitans interna, zunächst die O p ti c u s f a s e r s c h i c h t (Fig. 73 OF).
Diese stellt sich auch hier deutlich dar als eine Zusammenfassung der von den Elementen der nächstfolgenden
Schicht, also den Opticusganglienzellen, zunächst distalwärts abgesandten Ausläufer.
Die O p t i c u s g a n g l i e n s c h i c h t (Fig. 73 OG) wird stets durch eine einfache Lage grösser Ganglienzellen
gebildet, die ziemlich nahe hei einander stehen. Sie sind nicht vollkommen rund, sondern nähern
sich mehr der Eiform. Ih re lange Axe, •—■ die übrigens keine bestimmte Richtung zu haben scheint,
sondern bald senkrecht zur Innenfläche der Retina verläuft, bald dieselbe unter spitzem Winkel trifft,
oder auch parallel zu ih r gerichtet ist§fe^ misst 0,011, die kurze Axe 0,0088 mm. Die Kerne der Ganglienzellen
sind kugelig mit einem Durchmesser von 0,0066 mm. Ausser dem erwähnten distalwärts gerichteten
Fortsatz, der Opticusfaser, senden die Ganglienzellen auch proximalwärts mehrere Ausläufer, von denen der
stärkste die folgende Netzhautschicht, die Granulosa interna, durchsetzt und m it Elementen der weiterhin
sich anschliessenden inneren Körnerschicht in Verbindung tritt. Die übrigen, sehr feinen Fortsätze der
Opticusganglienzellen verlieren sich rasch in dem Gerinnsel der Granulosa interna.
Die in n e r e g r a n u l i r t e Schicht (Fig. 73 Gz) hat eine Mächtigkeit von 0,0066 mm. Sie wird
durch Protoplasmagerinnsel gebildet, das etwas grobkörniger ist, als dasjenige, welches die Zwischensubstanz
der Opticusganglienschicht ausmacht. Das Protoplasma zeigt an vielen Stellen leichte Andeutung
einer horizontalstreifigen Anordnung, eine Erscheinung, die sich in dieser Schicht auch bei
anderen Thieren findet.
Es folgt nunmehr die in n e r e K ö r n e r s c h i c h t (Fig. 73 IK) in einer Stärke von 0,0215 mm. Sie
setzt sich aus viererlei zelligen Elementen zusammen, die in gleichmässig angeordnetes sehr feinkörniges
Protoplasma — viel feiner, als das der Granulosa interna | | | eingebettet sind.
Die Hauptmasse der zelligen Bestandtheile der Schicht machen die nervösen Kerne, eben die
„inneren Körner“ aus. Dieselben sind rundlich-oval und messen 0,0065 mm in der Länge, 0,0052 mm
in der Breite. Von Zellkörper und Zellmembran fehlt ihnen jede Spur.
Am distalen Rande der inneren Körnerschicht liegen, durch weite Zwischenräume, oder sich
dazwischenschiebende Körner der eben beschriebenen Art von einander getrennt, grosse Ganglienzellen:
die grössten der ganzen Retina. Sie sind stets kugelig, der Durchmesser schwankt zwischen 0,0098 und
0,013 mm; ihr ebenso gestalteter Kern h a t einen Durchmesser von 0,0096 mm. Diese „inneren Ganglienzellen“,
wie ich sie schon bei einer früheren Gelegenheit genannt habe, nehmen die von den Opticusganglienzellen
proximalwärts ausgesandten Hauptfortsätze auf, und zwar tritt häufig eine von ihnen mit
mehreren solchen Ausläufern in Verbindung. Ihrerseits schicken sie wieder proximalwärts eine Anzahl
sehr feiner Fortsätze, die sich etwa bis gegen die Mitte der inneren Körnerschicht verfolgen lassen, dann
aber verschwinden. Dass sie mit irgendwelchen' zelligen Elementen, wobei man in erster Linie an die
gleich zu besprechenden „äusseren Ganglienzellen“ zu denken hätte, in Verbindung treten würden, habe
ich auch heim Auge von Siphonops annullatus nicht nachweisen können.
Die „äusseren Ganglienzellen“ bilden die proximale Grenze der inneren Körnerschicht. Sie sind
kugelig und etwas kleiner, als die in n e r e n , etwa vom Volumen der Opticusganglienzellen. Ih r Durchmesser
beträgt durchschnittlich 0,0098, der ihres Kernes 0,0088 mm. Wie die inneren Ganglienzellen
proximalwärts, so senden die äusseren distalwärts eine Reihe feiner Fortsätze aus, dié, ganz ebenso, bis
gegen, die Mitte der inneren Körnerschicht hin verfolgt werden können, dann aber sich verlieren. Ein
Anastomosiren dieser beiderseitigen feinsten Ausläufer lässt sich, wie bemerkt, nicht nachweisen. Man
h a t also auch im Auge von Siphonops annulatus an dieser Stelle wieder eine Unterbrechung der im
Uebrigen continuirlichen nervösen Leitung zwischen Sehzelle und Opticusfaser — und damit Gehirn.
Da man nu n das Axiom von dem Vorhandensein einer Leitung nicht wohl fallen lassen kann, gebietet
es sich, eine Erklärung für jene auffallende Erscheinung zu suchen, und es bieten sich auch hier wieder
deren zwei dar. Die eine ist die, dass man es allerdings mit einer Lücke in der direkten, sonst
durch Fasern und Zellen aufrecht erhaltenen Leitung zu th u n hat, dass aber an der Stelle der Unterbrechung
die protoplasmatische Zwischensubstanz der inneren Körnerschicht als Leiter fungirt. Die
andere Erklärung wäre wieder die, dass die gegen einander ausgesandten Fortsätze der beiden Ganglienlagen
der Schicht eben d o c h anastomosiren: freilich erst, nachdem sie sich in so feine Verästelungen
aufgelöst haben, dass es bisher nicht gelingen wollte, die Vereinigung wirklich zu sehen. Welche von
beiden Erklärungen die richtige ist, lässt sich nicht entscheiden: die wahrscheinlichere scheint mir die
zweite zu sein*).
Proximalwärts schickt jede äussere Ganglienzelle wieder mindestens einen, meist aber mehrere
Ausläufer und tritt dadurch in Verbindung mit Zellen der äusseren Körnerschicht. Die vierte in der
inneren Körnerschicht vorkommende Zellart wird durch die sog. Stützzellen repräsentirt: hierüber im
Zusammenhang mit Behandlung der Müller’sehen Fasern.
An die innere Körnerschicht schliesst sich gegen Aussen die G r a n u lo s a e x te r n a (Fig. 73 Ge),
auch Zwischenkörnerschicht genannt. Dieselbe h a t eine Mächtigkeit von 0,0015 mm. Das sie bildende,
ziemlich grobkörnige Protoplasma ist sehr unregelmässig angeordnet: hellere Flecke und Streifen wechseln
mit grobkörnigen dunkleren ab, so dass das' Ganze fast den Eindruck eines Netzwerks hervorbringt.
Die proximale Grenze der Retina bildet endlich die ä u s s e r e K ö r n e r s c h i c h t (Fig. 73 AK) mit
den Sehzellen. Sie h a t eine Dicke von 0,0148 mm, wobei jedoch die Fortsätze der Sehelemente (Stäbchen
und Zapfen) nicht mitgerechnet sind. Die protoplasmatische Zwischensuhstanz der Schicht ist feinkörnig
und ganz gleichmässig vertheilt. Von zelligen Elementen sind zwei Arten zu unterscheiden.
Zunächst der Granulosa externa breitet sich eine einfache Lage kleiner Ganglienzellen aus, die ich
wieder als „ Z w i s c h e n g a n g l i e n z e l l e n “ bezeichnen möchte. Dieselben sind theils rund, theils mehr
oval, mit entsprechenden Kernen. Im ersteren Falle hat die Zelle einen Durchmesser von 0,0042 mm,
der Kern einen solchen von 0,0031 mm. Die ovale Zelle misst 0,006 : 0,0044 mm, ih r Kern 0,0041 :
0,0036 mm. Diese Ganglienzellen sind also im Vergleich zu den sonstigen Ganglienzellen der Retina
sehr klein. Sie nehmen je einen der von dén äusseren Ganglienzellen ausgesandten Fortsätze au f und
treten ihrerseits wieder in Zusammenhang mit der den proximalen Rand der Netzhaut einnehmenden
Zelllage: der Sehzellschicht.
Die S e h z e l le n (Fig. 74) bilden im Allgemeinen ebenfalls eine einfache Lage; nur stellenweise
erscheinen sié gelegentlich . in doppelter Schicht. Sie sind ungemein mannigfaltig gestaltet: ein annähernd
constantes Verhalten zeigen n u r ihre Kerne, die überwiegend eine Länge von 0,008, eine Dicke
*) Vergl. hierzu die Nachschrift.