Sclero — Chorioidea.
Bei einzelnen Individuen findet sich die Trennung der Augenkapsel in Sclera und Chorioidea
stellenweise nicht strenge durchgeführt, gelegentlich zeigt sich auch wohl da und dort ein Zusammenhang
der Sclera mit dem Bindegewebe der weiteren Umgebung des Bulbus. Beide Erscheinungen sind wieder
darauf zurückzufiihren, dass eine Hemmung eintrat, ehe die Dififerenzirung durchgeführt war.
Die S c l e r a ist in grossen Augen, verglichen mit der Augentiefe bedeutend schwächer, als,in
kleineren. Dabei ist indessen zu bedenken, dass zur ersten Anlage der Augenkapseh die ja hier fast ausschliesslich
zur Sclera wird, von dem Bindegewebe, das die Augenblase umgiebt, immer nur ein gewisser
Theil aufgebraucht werden kann, da der Rest anderweitig verwendet wird (zur Bildung des Polsters, des
Glaskörpers etc.). Wenn nun auch selbstverständlich dies verfügbare Quantum nicht mathematisch scharf
festgesetzt sein kann, so besteht dabei doch eine Maximalgrenze. Zur Überkleidung eines grossen Bulbus
muss sich das Mesodermgewebe dann natürlich in einer schwächeren Schicht ausbreiten, um auszureichen
als zur Umhüllung eines kleineren.
Weiterhin kommt aber auch hierbei der Umstand in Betracht-, dass der Druck, welchen ein
grösser Bulbus auf die Augenkapsel ausübt, auf diese schon länger gewirkt haben muss, ihren Gewebs-'
Zügen daher einen höheren Grad von Dichtheit und Festigkeit in der Anordnung gegeben haben wird,
als m einem kleineren Auge, wo dieser Paktor erst kürzere Zeit in Betracht kam. Dass durch AufgabJ
des lockeren Verlaufes der Paserzüge aber eine Verdünnung der Haut herbeigeführt werden musste, liegt
auf der Hand. , 1 B
Pur die C h o r io id e a sind die Verhältnisse ganz ähnliche. Auch sie ist in kleineren Augen vergleichsweise
mächtiger, als in grösseren, ein Umstand, der sich ebenfalls damit erklärt, dass die Binde-
gewebsmasse, die mit den Gefässen einwandert und die Gefässhant bildetr eind)..im Grossen und Ganzen
betrachtet, constante Grösse darstellt.
Die Chorioidea ist aber, auch verglichen mit der Sclera, bei kleinen Bulbi stärker, als bei grösseren.
Es ist nun, wie gezeigt wurde, die definitive Aderhaut im Maulwurfsauge eine relativ junge Bildung die
erst zu einer Zeit sich anlegt, zu welcher die Sclera schon einen gewissen Grad der Entwicklung und damit
von Festigkeit erreicht hat. Betrachtet man nun die kleineren Augen erwachsener Maulwürfe als solche
die früher einer Hemmung unterlegen sind, so ergibt sich daraus, dass bei ihnen die Chorioidea noch nicht
so lange an ihrer Stelle sich befunden hat, ehe dies Ereigniss eintrat. Die Grössenzunahme der ectoder-
malen Theile des Augapfels, d. h. der secundären Augenblase, bat auf die Chorioidea noch nicht so lange
einen Einfluss ausüben können, als in später gehemmten Augen. Dieser Einfluss macht sich aber, wie
schon bemerkt, m erster Linie geltend in Form eines Druckes auf die weiter nach Aussen gelegenen Theile
Da die Sclera bereits eine gewisse Festigkeit erlangt hat, wird sie der gegen sie hingedrängten Chorioidea
Widerstand entgegensetzen, diese hat also den Einfluss des Wachsthnms von Pigmentepithel und Retina
in erster Lime zu verspüren. Die Folge ist, dass die Gewebszüge der Gefässhant durch die Pressung ihren
lockeren gewellten Bau immer mehr verlieren und eine straffere -Anordnung gewinnen. Damit ist dann
aber auch eine Starkenabnahme verbunden (freilich nur eine relative, da ja das Eigenwachsthum der Haut
auch noch weitergeht) und zwar, je länger die Ursache dazu, d. h. die Grössenzunahme der Augenblase
andauert, in umso höherem Grade. Bei kleineren Augen, deren Weiterentwicklung früher gehemmt wurde,
muss also die Chorioidea noch verhältnissmässig stärker geblieben sein, als in grossen.
Diese Verhältnisse machen sich für die Sclera natürlich ebenfalls geltend, und ist die Bildung dieser
Haut wohl zum grössten Theile auf den Druck zurückzuführen, den die wachsende Augenblase auf das Bindegewebe
der Umgebung ausübt. Zur Zeit, wo sich die Chorioidea gebildet hatte, besass aber die Sclera bereits
eine gewisse Festigkeit und wurde von dem Druck nur noch in geringerem Grade beeinflusst.
Aus dem Gesagten ergibt sich, dass am kleineren Bulbus die Chorioidea, und in weniger bedeutendem
Masse auch die Sclera, einen lockeren, mehr gewellten Bau zeigen müssen, als am grösseren,
und die Untersuchung zeigt, dass, sich dies auch thatsächlich so verhält.
Dass die Verhältnisszahlen, die sich beim Vergleiche von Sclera und Chorioidea, oder von beiden
mit der Augentiefe ergeben, individuell schwanken, hat auch hier wieder seinen Grund in der Verschiedenheit
des Tempo, in welchem die Entwicklung überhaupt, besonders aber die Weiterentwicklung nach dem
ersten Auftreten der Hemmung vor sich geht, einö Verschiedenheit, die besonders in letzterer Hinsicht
wieder durch das sich ja allenthalben geltend machende Abgehen von dem strengen Plan, einem gewissen
Schwanken und Tasten im Gange der Ausbildung, genügend motivirt sein dürfte.
Ebendamit, und noch in höherem Maasse wieder mit der Verschiedenheit des Entwicklungsgrades,
in welchem die eintretende Hemmung das Auge überraschte, erklärt sich auch der Umstand, dass die Anlage
einer Z w i s c h e n m em b r a n zuweilen überhaupt fehlt, meist aber zwar vorhanden, jedoch zu keinem
hohen Grad der Entwicklung — als deren Endziel die Umwandlung in eine vollkommene Membran zu
gelten hat — gelangt ist.
Cornea.
Auch bei der Cornea des ausgebildeten Thieres finden sich noch embryonale Spuren.
Zunächst ist auch bei ihr die Stärke an kleineren Augen eine im Verhältniss zur Augentiefe
bedeutendere, als an grösseren. Die Erklärung dieses Verhaltens ist für denjenigen Theil der Hornhaut,
der sich als vorderer, distaler Abschnitt der Augenkapsel darstellt, dieselbe, wie für die Sclera.
Der Cutistheil der Hornhaut hat an der relativen Verdünnung der Gesammtcornea bei grösseren Augen
entschieden keinen Antheil, wohl aber ist dies der Fall mit der cornealen Conjunctiva.
Besitzt diese eine bedeutendere Stärke, so wird dieselbe stets dadurch hervorgerufen, dass das
Rete Malpighii nicht, wie gewöhnlich, aus abgeplatteten Elementen sich zusammensetzt, sondern den Aufbau
aus hohen Cylinderzellen bewahrt hat, eine Erscheinung, die stets bei kleineren Maulwurfsaugen in höherem
Grade auftritt, als bei grösseren.
Es kommt nun aber auch vor, dass in der Maulwurfscornea dem Rete Malpighii distal nicht nur
eine einzige Schicht von verhornten Zellen aufliegt, was allerdings die Regel darstellt, sondern, dass dieselben
in der Mehrzahl (bis zu drei) auftreten. Es ist dies jedoch immer nur in den grösseren Augen der
Fall, niemals in solchen, deren Rete Malpighii sich aus Cylinderzellen aufbaut. Der Augenkapseltheil der
Cornea ist hier aber stets dünn. Die Verdickung der Conjunctiva durch Verstärkung des Stratum corneum
bewirkt daher keineswegs eine Verstärkung der Gesammtcornea im Vergleich zur Augentiefe.