An dieser Kreuzung, dem Ch i a sma N e r v i o p t i c i , betheiligen sieb also zunächst sämmtliche
Opticusfasern. Sie setzen dann, immer dem Augenblasenstiel als L e ite r folgend, ih ren Weg nach dem
Gehirne fo rt, doch ziehen sie sich dabei n u r zu einem kleinen Theile in der Höhle des Augenblasenstieles
hin; meist sind sie diesem von Aussen, besonders v entra l, angelagert, finden sich aber, von
Anfang an, auch in einzelnen Exemplaren zwischen den Zellen seiner Wandungen. Schliesslich tre te n
sie nach D u r c h tr itt durch die Gehirnkapsel, in das Gehirn ein.
Inzwischen sind in der R etin a zunächst einzelne, dann bald mehr und mehr Opticusganglienzellen,
dem Sehnerven folgend, in die Tiefe getreten. Sie bilden d o rt eine einfache Lage rin g s um
den Opticus und senden ih re Hauptausläufer nun ebenfalls, parallel zu ihm, nach dem Gehirn. Diese
F a sern nehmen an der Kreuzung aber nicht Theil, sondern ziehen sich, au f der Seite, wo ih re Zelle
sich befindet, v erharrend, durch die N e tzhaut hin, so die äussersten Schichten des Sehnerven bildend.
Solcher F a sern sind es anfangs n u r ganz wenige, im Verlaufe der Entwicklung nehmen sie an Zahl
etwas zu, werden aber niemals auch n u r en tfe rn t so häufig, wie die anderen, der Kreuzung u n te rliegenden,
von denen sie im allerhöchsten F a ll den zehnten Theil ausmachen mögen.
Es ziehen sich also die Opticusfasern, wie bei Beschreibung der einzelnen Stadien näher d a rgelegt
wurde, vom Auge nach dem Gehirn hin, wachsen also centripetal, nicht, wie frü h e r angenommen
wurde, centrifugal. Man d a rf daher füglich beim Auge nicht, wie bisher üblich war, von
einem Opticus e in t r i t t sprechen, da es sich ja im Gegen theil um einen Opticus a u s t r i t t *) handelt.
Dass neben den centripetal fortwachsenden, sensiblen Nervenfasern im Opticus auch centrifugal verlaufende
motorische Vorkommen, muss ich a u f Grund meiner Untersuchungen f ü r d e n M a u lw u r f
entschieden bestreiten, d araus soll aber keineswegs folgen, dass ich im Allgemeinen, f ü r normale
Augen, die Existenz.solcher Fasern, die von S t ö h r vermuthet, von E n g e lm a n n , v a n G e n d e r e n -
S t o r t u .A . behauptet wurde, leugnen will. Man k ann vielmehr sehr wohl annehmen, dass motorische
Nervenfasern dem Sehnerven der W irb e lth ie re zukommen, aber im Maulwurfsauge (und anderen ihm
in dieser Hinsicht gleichstehenden Sehorganen) noch n ich t zu r Ausbildung gelangt waren, weil dieses
Auge, wenigstens in Bezug au f R etin a und Opticus, au f einer Stu fe stehen geblieben ist, a u f welcher
die Bildung der motorischen Opticusfasern noch nich t begonnen hatte.
W ährend der Entwicklung des Sehnerven g eh t der Augenblasenstiel allmählich zu Grunde.
Am längsten ha lten sich noch einzelne Zellen an seinem proximalen und an seinem distalen Ende, also
am Gehirn und am Auge. Doch verschwinden sie auch h ie r bald vollständig.
D e r Augenblasenstiel, und nach dessen Resorption der Sehnerv, w ird von Bindegewebsmassen
umhüllt, die anfangs sehr lose und unregelmässig angeordnet sind, bald aber eine ziemlich feste Kapsel
bilden. Aus dieser entstehen dann, durch Abspaltung der innersten P a rth iee n von den äusseren, die
beiden Scheiden.
*) Diese Bezeichnung ist neuerdings in Aufnahme gekommen. Merkwürdigerweise findet man aber noch bei neueren
Forschem, die das centripetale Wachsthum der Opticusfasern anerkennen, trotzdem noch das Wort „Opticuseintritt“. Der Nachweis
des centripetalen Wachsthums hat fü r Selachier-Embryonen F r o r i e p geliefert.
(Ueber die Entwicklung des Sehnerven, in: Anatom. Anzeiger: VI. 6. 1891, p. 155ff.)
Die Blutversorgung.
S t a d i u m -It (4;5" mm):
B lu t findet sich au f dieser Stufe n u r im Glaskörper, hier aber ziemlich reichlich, vor Allem
in dem durch die foetale Augenspalte eingedrungenen Bindegewebe. In diesem lä ss t sich ein starkes
Gefäss, etwa von der Gegend der distalen Grenze der R etin a bis zum proximalen Linsenpol v e rfolgen:
augenscheinlich die Arteria centralis Retinae.
.E in e Gefässausbreitung im Umkreis der Linse is t nicht nachzuweisen, ebensowenig tre ten
Gefässstämme in die N e tzh au t ein. W eiterh in findet sich in dem zwischen Linse und Augenbecherra
n d eindringenden Bindegewebe häufig ein kleineres Gefäss, ganz in der Nähe der Irisanlage. Seinen
weiteren V e rlau f festzustellen, also vor allem nachzuweisen, oh es sich in den Glaskörper selbst hinein-
erstreokt, wollte mir jedoch nicht gelingen.
S t a d i u m I I (6,7 mm)*
Es finden sich Gefässe vor Allem in dem Bindegewebe, welches durch die foetale Augenspalte
in den Bulbus eindringt. .E in starkes Gefäss. (Arteria centralis) is t h ie r schon eine Strecke vor seinem
E in tr itt zu konstatieren und bis an den proximalen Linsenpol zu verfolgen, wo es sich in zahlreiche
Verästelungen auflöst, die einerseits die ganze Linse umspinnen, andrerseits, ‘von da scharf umbiegend,
die gesammte Glaskörperanlage durchsetzen) jedoch nich t in die N etzhaut eindringen. Auch die Bindegewebsfaserschicht
der le tz teren is t ganz fre i von Blut, d a rf also keinesfalls etwa als besondere
Túnica vasculosa Reti/nae aufgefasst werden.
Kurz v o r dem D u rc h tritt durch das Pigmentepithel gieht der grosse Gefässstamm Seitenzweige
ab, welche in die den Bulbus d irek t umgebenden Bindegewebslagén eindringen. Ausserdem zeigen
auch die,’ durch die Augenbecheröffnung ins In n e re hinein kommenden Bindegewebsmassen schwache
Spuren von Blut, vor Allem findet sich in ihnen stets in der Gegend des Augenbecherrandes, und
zwar dorsal, wie ventral, ein kleines Gefäss. (Taf. II , Fig. 21.)
S t a d i u m HL (8,5 mm).
Die A rte ria centralis t r i t t , deutlich nachweisbar, mit dem die foetale Augenspalte füllenden
Bindegewebe in das Auge e in , zieht durch den Glaskörper hin und verzweigt sich im Umkreis
der proximalen Linsenfläche (Taf.. I , Fig. 1). Die kleinen Gefässäste ha lten sich jedoch stets
diesseits der Membrana hyaloidea, resp. von deren Anlage. Sie finden sich gelegentlich an dieselbe
scheinbar angepresst, so dass die Membran eine Ausbuchtung gegen die Linse hin erleidet, niemals
jedoch tre te n Blutgefässe in die Membrana hyaloidea hinein, dieselbe is t also, wie ganz deutlich e rkennbar,
n i c h t s e l b s t b l u t f ü h r e n d . Die feinen G'efässverzweigungen scheinen sich, vom hinteren
Linsenrande u n te r scharfem Winkel umbiegend, der R etin a zuzuwenden, doch ge sta tten m ir meine
P rä p a ra te nicht, dies mit Sicherheit zu behaupten. Jedenfalls t r i t t niemals ein Gefäss in die
N e tzh a u t ein.