Wie ans dieser L iteratu rzu sam m en ste llu n g — in der übrigens, h ie r und bei den folgenden
Arten , alle diejenigen M itte ilu n g e n weggelassen sind, in denen unseres Wurmes n u r gelegentlich
gedacht w ird oder die sich n u r a u f die Entwickelung beziehen — erhellt, is t derselbe schon seit
lan g e r Z e it bekannt und auch oft Gegenstand der Untersuchung gewesen; offenbar, dass seine
Grösse und sein n ich t seltenes Vorkommen an einem ziemlich bemerkenswerthen Orte dazu V e ranlassung
gaben. Den genannten E ig en tüm lich k e ite n des P a ra s ite n is t es wohl auch vorzugsweise
zuzuschreiben, dass derselbe kaum irgendwo verwechselt oder v e rk an n t worden ist. Man
könnte das le tz te re höchstens betreffs des V. Nordmann’sehen Distomum rosaceum vermuthen,
was in d e r T h a t bereits von D ü ja rdin *) und noch bestimmter von V a n B en ed en 2) geschehen
ist. Thatsächlich stimmt dasselbe in anatomischer Hinsicht völlig m it D. tereücolle überein
und es is t nach dem A u to r selbst n u r das abweichende Grössenverhältniss der Saugnäpfe
bei der Unterscheidung Ausschlag gebend gewesen. Dieselben sollen bei D. rosaceum ungefähr
gleich gross sein, während bei D. tereticolle, den übereinstimmenden Angaben der A utoren nach
der Mundsaugnapf stets etwas grösser ist, als der Bauchsaugnapf. Auffallend muss es hiernach
erscheinen, wenn Z s ch o k k e 3) u n te r dem Namen D. rosaceum einen W u rm beschreibt, (den er
mit Dü jardin fü r eine V a rie tä t des D. tereticolle hä lt) „correspondant à la déscription spécifique
de Dist. rosaceum“, bei welchem der Mundnapf d o p p e l t so gross ist, als der Bauchnapf!
W as meine Ansicht anbelangt, so bin ich nicht im geringsten darüber zweifelhaft, dass D. rosaceum
nichts anderes, als D. tereticolle i s t , nich t einmal eine V a rie tä t desselben. Meinen E r fahrungen
nach is t die innere Organisation un serer Thiere fü r die Bestimmung der A r t allein
massgebend, während die Grösse der Saugnäpfe individuellen Schwankungen unterworfen ist, auch
während des Lebens m itu n te r in gesetzmässiger Weise zu wechseln scheint. Besonders aber is t
das G r ö s s e n v e r h ä l t n i s s der Saugnäpfe je nach deren Contractionszustand ein so unbeständiges,
dass es als Unterscheidungsmerkmal a l l e i n kaum genügen dürfte. Man b rau ch t n u r ein einziges
Mal eine an dem Deckgläschen des mikroskopischen P rä p a ra te s kriechende Cercarie; oder ein
junges Distomum, (das aber n ich t gedrückt werden d a rf!) zu beobachten, um sofort die Bemerkung
zu machen, dass die Saugnäpfe, je nachdem sie eingezogen oder angeheftet sind, mitu
n te r gerade umgekehrte Grössenverhältnisse zu r Schau tragen. Das g ilt gleicher Weise auch
fü r die erwachsenen Würmer, deren Saugnäpfe in Bezug au f ih r Grössenverhältniss ebenfalls in
gewissen Grenzen schwanken können. D a aber in der V. Nordmann’sehen Beschreibung der
inneren Organisation des D. rosaceum nichts vorhanden is t, was nich t d u r c h a u s a u f das
D. tereticolle passte, so sehe ich nich t den geringsten A n h a lt auch n u r zu r Aufstellung einer
besonderen V a rie tä t und setze Dist. rosaceum V. Nordm. einfach = Dist. tereücolle Rud.
Distomum teretifiolle bewohnt den Oesophagus und Magen einer grösseren Anzahl von Raubfischen,
besonders von Esox lucius, aber auch von Salmo trutta (.Jurine)., Salmo fario und Hucho
(Bremser), Lota milgaris (V. Nordm.), Lucioperca sanclra (Rudolphi), Trutta varidbïlïs und Salmo
umbla (Zschokke) und Salmo dlpinus (O ls so n ). Meine Exemplare stammen aus Hechten; der
W u rm scheint indess in der Umgegend von Leipzig n ich t so häufig zu sein, wie anderswo,
denn ich fand ih n n u r in 20-—25 0/ö der untersuchten Fische, einige Male bis zu 15 Stück in
q Düjardin, l. c. p. 420.
2) Van BeNeden, 1. c. p. 99 d. S.-A.
q Zschokke, 1. c. p. 49 d. S.A.
einem W irth e . E r leb t fü r gewöhnlich, wie schon die ä lte ren Bewohner angeben, zwischen den
Sehleimhautfalten, wo er sich mit beiden Saugnäpfen ziemlich fe st ansaugt, scheint aber nach
<Jem Tode des W irth e s diesen gelegentlich zu ve rla ss e n , eine Beobachtung, die schon B raun
an Distomum cylindraceum machte. ’) Ein junger Hecht w a r zu einem anderen Zwecke durch
einige Schläge au f den Kopf „g etö d tet“ worden, w a r aber dann zufällig ein p a a r Stunden unberü
h r t liegen geblieben. Bei der d a rau f vorgenommenen Untersuchung fanden sich sowohl in der
Kiemenhöhle, als auch an der der Unterlage zugekehrten und feuchtgebliebenen Körperfläche
des Fisches eine ganze Anzahl erwachsener und völlig munterer Distomum tereticolle; einige andere
davon noch im Oesophagus, im Magen w a r aber keiner der P a ra s iten mehr zu bemerken. Nach
Lage der Sache k an n es h ie r keinem Zweifel unterliegen, dass die W ürmer a k t i v aus ihrem
W irth e ausgewandert waren. Auch an isolirten Hechteingeweiden, die ich mir zum Zwecke der
Untersuchung holen liess, fand ich g a r nicht selten, ohne dass die Magenwände zerschnitten gewesen
wären, die W ürme r äusserlieh diesen und dem Darme ansitzend; in anderen Fällen freilich
waren sie tagelang an ihrem specifischen Wohnorte geblieben, ohne die Neigung zur Auswanderung
zu offenbaren. A u f einige andere nich t uninteressante, biologische Beobachtungen an dem Distomum
tereticolle werde ich in dem le tz ten Abschnitte der A rb e it noch zu sprechen kommen.
Die äussere Erscheinung des Wurmes is t sehr c h a rak te ristis ch ; er fä llt einmal au f durch
seine Grösse, die von M ü l l e r bis zu 54 mm angegeben wird, während die grössten von mir
gefundenen Exemplare n u r etwas über 30 mm massen; übrigens waren in den meisten Fällen
bereits von einer Länge von 12, ja 10 mm an, fertige Eier, wenn auch n u r in geringer Zahl
vorhanden. Die B re ite is t im Verhältniss zur Länge n u r gering, denn sie stieg im Durchschnitt
an meinen Exemplaren kaum über 1,5 mm. Von einigen A utoren (S ch r a n k , V. Nordmann,
V a n B en ed en ) w ird eine s e itlich e ' Fa ltenbildung besonders an dem Hinterkörper des Wurmes
beschrieben; in der T h a t sieh t es auch, namentlich wenn man ihn in W asser b rin g t, so aus, als
«ob der Leib mit einem seitlichen, gefalteten Flossensaume au sg e s ta tte t sei. Indessen is t das nur
.eine Contractionserscheinung, die bei Thieren in ih re r natürlichen Umgebung, ebenso wie bei den
Conservirten, spurlos verschwindet. Die F ä r b e is t bei frischen Individuen immer lebhaft fleischfa
rbig bis fa s t ro s a ro th ; sie verblasst jedoch, sobald die W ürmer abzusterben beginnen, und zwar
sowohl in dem Magen des W irth e s, als auch ausserhalb desselben, in W asser; ich schiebe lediglich
d a ra u f die abweichenden Angaben der früheren Untersucher, die durchgängig noch der
Ansicht lebten, dass das Wasser fü r unsere Thiere ganz unschädlich sei und sie zur Beobachtung
immer so rg fä ltig st in solches, m itu n te r sogar in erwärmtes, übertrugen! Mit dem Tode, d. h. mit
.der völligen Zerstörung der Gewebe und Organe, w ird die F a rb e re in weiss und die Durchsichtigkeit
g eh t gänzlich verloren.
Die S a u g n ä p f e des Wurmes sind, wie schon erwähnt, verschieden gross, und zw ar is t
s tets der Mundsaugnapf von beiden der grössere. Davon aber, dass die re la tiv e Grösse beider
Näpfe zu einander Schwankungen u nterliegt, habe ich mich selbst mehr als einmal üb e rz eu g t;
m itu n te r erscheint der Mundsaugnapf in der T h a t n u r sehr wenig grösser, als der Bauchnapf.
Die H a u t des Distomum tereticolle is t g la tt, ohne irgend welche Einlagerung von Stacheln
oder Schuppen, und re p rä s en tirt eine augenscheinlich sehr feste, widerstandskräftige Hülle von
0,02 mm Dicke.
q Braun, Centralbl. £, .Bakteriol. u. Parasitenk. VII; Bd. 1890. p. 568.