
W e i b l i c h e O r g a n e . Sie zeigen ebenfalls einige Abweichungen von dem sonst üblichen
Bauplane, und zw ar dieselben, welche w ir schon bei dem Distomum folium vorfanden. Der Keimstock
is t in der Einzahl vorhanden und lieg t als bohnen- oder nierenförmiges Gebilde vor den
Hoden meist au f der rechten Seite des Körpers, also derjenigen, die n u r v ie r Hoden aufweist. In
einzelnen Fä llen tr if f t man ihn jedoch a u f der linken Seite, un d das scheinen jene F ä lle zu sein,
wo auch a u f der linken Seite vier Hoden, a u f d e r rechten deren fü n f vorhanden sind. Aus
der dem Nierenbecken entsprechenden, eingekerbten Stelle des Randes (Fig. 126, Taf. VI) t r i t t
aus dem Keimstocke der Keimgang h e rv o r; wenn man diesen A u s tr itt gerade im Profil zu Gesich
t bekommt, bemerkt man, dass e r wieder a u f der Spitze einer kleinen kuppelförmigen Hervor-
ragung aufsitzt, von deren Basis aus wurzelartige, verästelte, protoplasmatische Ausläufer zwischen
die Keimzellen herein sich erstrecken. Möglicherweise meint Pagenstecher diese F o rtsä tz e wenn
e r die Keimdrüse „von einem Gerüste durchzogen“ sein lä ss t (1. c. p. 45)v. D e r Keimgang is t
zunächst vollkommen cylindrisch, 0,015 mm weit, schwillt aber nach k u rz e r Z e it ziemlich plötzlich
und u n v e rm itte lt a u f 0,04 mm an, um sich dann allmählich wieder zu verjüngen. Die Anschwellung
is t s tä rk e r muskulös, und in ihrem Inneren bemerkt man seh r oft eine Anzahl von
Spermatozoen; sie w a r in ganz der gleichen Weise bereits bei Distomum folium vorhanden. Nachdem
der Keimgang, nach ungefähr 0,14 mm, wieder au f seine ursprüngliche Dicke herabgegangen
ist, giebt e r den LAURER’schen Canal ab, einen ziemlich langen, aber n u r engen Canal, der weder
ein Receptaculum seminis, noch eine als solches fungirende E rw eiteru n g in seinem Verlaufe aufweist.
E r zieht von seiner Ursprungsstelle aus leicht gekrümmt nach vorn und dabei zugleich
etwas nach der (meist linken) Seite, um h ie r au f dem Rücken nach aussen zu münden. Als ziemlich
dünner Gang von 0,015 mm Dicke setz t sich auch d e r Keimgang a u f d e r Bauchseite nach vorn
fo rt, und nimmt nach ku rz e r Entfe rn u n g den Ausführungsgang der D o tterstöcke auf. Dieser is t
n u r ganz kurz, da bereits 0,05 mm nach seinem Ursprünge u n te r gleichzeitiger Bildung eines n u r
schwach ausgesprochenen Do tte rre serv o irs die Gabelung in die beiden queren Dottergänge erfolgt.
Die. D o t t e r s t ö c k e repräsentiren, im Gegensatz zu der sonst üblichen, reichen Gliederu
n g , zwei ziemlich kleine, mehrfach gelappte Drüsen, die noch innerhalb der Darmschenkel
dorsal gelegen sind, und durch zwei ganz kurze, kaum 0,04—0,05 mm lange A usführungsgänge in dag
oben erwähnte, unscheinbare D o tte rre serv o ir einmünden. Sie entsprechen also einmal vollkommen
denjenigen, die Olsson von seinem Distomum vitellilobum beschreibt, und rep rä sen tiren vielleicht
den am meisten fü r eine Id e n titä t desselben mit Dist. cygnoides sprechenden Charakter, und andererseits
schliessen sie sich völlig an diejenigen des Distomum folium an. Unmittelbar nach Aufnahme
des Dotterganges e rw e ite rt sich der Keimgang zu r Bildung des Ootyps, in dessen Wandungen
wiederum zahlreiche Oeffnungen mit den durch sie h indurchtretenden Ausführungsgängen der
Schalendrüsen sich tb ar sind. Von h ie r ab geht der L e itu n g sap p arat dann als Uterus weiter,
und zw ar is t sein Anfangstheil zu einem oft mächtig mit Spermatozoen gefüllten .Receptaculum
seminis uterinum ausgebildet; die fe rtig en E ie r müssen sich a u f ihrem Wege nach aussen durch
die Spermatozoen hin d u rch d rän g en , und e rs t h in te r ihnen sammeln sie sich dann in dichteren
Massen an, um von h ie r an ungehindert nach der Mündung vorzudringen. D e r U te ru s lä u ft von
dem Ootyp aus zunächst au f der Bauchseite in der Mittellinie nach hinten, k e h r t in dem Körperende
um, und v e rlä u ft je tz t mehr der Rückenfläche gen äh e rt nach v om zurück. Diesen Verlauf
k ann man freilich n u r an noch verhältnissmässig jungen und n u r wenige E ie r enthaltenden Thieren
constatiren. Mit zunehmendem A lte r und zunehmender Fü llu n g bildet e r mehr und mehr seitliche'
Schlingen, die allmählich so zahlreich werden und so dicht sich aneinanderlegen, dass der ganze
Hinterleib des Wurmes n u r noch als ein einziger Eiersack erscheint. Nachdem der nach vorn
zurückkehrende Theil des U te ru s über den Rücken des Bauchsaugnapfes hinweg p a ss irt ist, be-
giebt er sich ziemlich direct nach der Genitälöffnung h in , um kurz vor derselben wieder zu
einem s tä rk e r muskulösen Rohre sich umzugestalten, welches als Vagina in den Genitalsinus
mündet. In Fig. 127, Taf. V I is t dasselbe im Gegensatz zu sonst ziemlich s ta rk e rw e ite rt und
mit einer Anzahl von Spermatozoen g e fü llt, in anderen Fä llen h a t es aber ganz die normale
Beschaffenheit.
Die E i e r sind sehr dünnschalig und durchsichtig, die Schale selbst is t n u r ganz schwach
gelblich g e fä rb t und lä ss t den gesammten E iin h a lt so deutlich e rk en n en , dass diese Eier
vorzüglich zum Studium der inneren Entwickelungsvorgänge verwendbar sind. Sie haben' dieselbe
E ig en tüm lic h k e it, die w ir schon bei den Eiern des Distomum folium kennen lernten, während
ih re r Entwickelung und während ihre s allmählichen Vorrückens im Uterus ganz beträchtlich an
Grösse zuzunehmen. Diese Thatsache h a t bereits Schauinsland fe stg este llt; durch Messungen
fand ich das junge, eben gebildete Ei, in welchem die Eizelle deutlich, die Dotterelemente aber
undeutlich zu erkennen sind (Fig. 25, Taf. I), 0,031 mm lang und 0,016 mm b re it; das reife Ei
misst dagegen 0,0484 mm in der Länge und 0,0312 mm in der Breite, kleine Schwankungen in
beiden Dimensionen n ich t ausgeschlossen. N u r wenig differirende Masse h a t übrigens bereits
v. Linstow angegeben. *). Die E ie r besitzen aüsserdem, wie die des Dist. folium, keinen Deckel
und geben den in ihnen enthaltenen Insassen durch einfaches Pla tz en frei.
Die Jugendform des Distomum cygnoides ist, wie bereits G. R. Wagener durch Versuche
nachwies 21), die Gercaria macrocerca de F ilippi, über die wir ausser durch ih ren Entdecker, weiter
durch Thiry, Biehringer und Ercolani n ähere Kenntniss besitzen.3) Dass Pagenstecher au f Grund
einer allerdings ganz frappanten Aehnlichkeit das Distoma dwplicatum v. Baer == Rhopolocerca
tardigrada Dies, au f Distomum cygnoides bezog, wurde bereits bei der Besprechung des Dist. folium
erwähnt.. In Bezug au f ih re innere Organisation stimmt die Gercaria macrocerca durchaüs mit
der eben genannten Jugendform überein, wie e in . flüchtiger Blick a u f die F ig u ren 78, Taf. IV
und 129, Taf. V I lehren wird. Die Genitalorgane sind durchaus identisch und weisen bereits
deutlich a u f die spätere Gestaltung hin. A u f die A r t und Weise, wie die Uebertragung der
Gere, macrocerca s tättfindet, kann ich zunächst keinen Aufschluss geben; erwähnen will ich noch,
dass man bei ih r, ehe sie ih re völlige Reife e rre ich t, die Körperbedeckung s eh r deutlich aus
einer zelligen Membran bestehen sieht, welche sich au f die des .Schwanzes fortsetzt. Ebenso
deutlich erkennt man aber u n te r dieser H au t (Fig. 129, Taf. VI) bereits die spätere „Cuticula“,
deren Oberfläche, durch ih re chagrinartige R au h h e it ausgezeichnet, nach Abwerfen der zelligen
Hülle an die Aussenwelt tr i t t .
0 v. Linstow, Zoolog. Jabrb. 1. c. p. 101.
,2) Wa g e n e r , Beitr. z. Entwickelungsgesck. d. Eingeweide w. 1. c. p. 43. Taf. XXIX.
8) d e F i l i p p i , Mémoire pour servir etc. Annales des sc. nat. Zool. IY Sér. To. ü . 1854. p. 266. Taf. 10,
Fig. 15—17.
T h ir y , Beitr. z. Kenntn. d. Cere, macrocerca. Zeitschr. f. wissenscli. Zool. X. 1859. p. 271. Taf. XX u. XXI.
B ie h r in g e r , Beitr. z. Anat. u. Entwickelungsgescli. d: Tremat. Arbt. a. d. zool. Institut Würzburg. VII.
1884. p. 1, Taf. I.
E r c o l a n i , Dell’Adattamento etc. 1. C. p. 48. Taf. I, Fig. 7—14.