
die Rede. Durch die Oeffnungen der Linsenkapsel sind Bindegewebsmassen eingedrungen, die, mit
reichlichen Kernen, die ganze Linse, centrale wie peripherische Theile durchsetzen. Diese Bindegewebs-
züge sind Theile der die Glaskörperanlage bildenden Bindegewebsmassen. Sie rücken von’ allen Seiten
her in die Linse ein, wobei jedoch zu bemerken, dass die Einwanderung vom proximalen Pol und der
ventralen Circumferenz des Linsencomplexes aus eine viel bedeutendere ist, als vom Rücken, oder vom
distalen Pole her. Es ist dies auch leicht erklärlich, da ja ventral, wo die grossen Bindegewebsmassen
der fötalen Augenspalte, und proximal, wo ebenfalls reichliche Anhäufungen von dem Bindegewebe der
den Augenbecher füllenden Glaskörperänlage zur Verfügung stehen, ein viel reichlicheres Material für
die mesodermale Durchwachsung der Linse zur Verfügung steht, als z. B. am distalen Linsenpol, wo
höchstens von den Geweben der Sclero-Chorioidea, die sich noch nicht als feste Schicht consolidirt hat;
einzelne Bindegewebszüge zu erwarten sind. Das Bindegewebe, das die Linse durchsetzt, stehtrimmer
in deutlichem Zusammenhang mit dem der Glaskörperanlage, der fötalen Augenspalte und der Sclero-
Chorioidea, d. h. der bindegewebigen Augenkapsel.
Das zweite der hier in Betracht kommenden von mir untersuchten Augen (Fig. 52) gehörte einem
etwas älteren Thiere an (Thierlänge 12 cm), man müsste also annehmen, dass die Linse hier noch mehr
zerfallen wäre, als im vorigen Stadium. Das ist jedoch keineswegs der Fall. Schon die Linsenkapsel
ist viel besser erhalten; -sie besitzt zwar auch Risse, doch ist ihr Zusammenhang nirgends ganz verloren
gegangen. Wie bei dem soeben beschriebenen Thiere, so geschieht auch hier die Einwanderung des
Bindegewebes vorwiegend an den ventralen und proximalen Partien der Linse. Die eingedrungenen
Bindegewebsfasern und besonders die Bindegewebskerne sind jedoch weniger zahlreich, ja letztere fehlen
in der dorsalen Hälfte der Linse vollständig. Die Linsenzellen lassen zuweilen noch Stücke von Zollgrenzen
erkennen, doch hat sich eine Zelle niemals ganz intact gehalten, das Zellprotoplasma ist auch
hier über den ganzen Raum aus einander geflossen. Die Kerne sind etwas schärfer umschrieben, einzelne
besitzen noch die regelmässige ovale Form, die meisten sind freilich auch hier in der Auflösung weit
vorgeschritten, doch , ist ein Zusammenfliessen ihrer Masse noch nirgends eingetreten. Die Kerne der
Linsenzellen sind weniger zahlreich, doch meist etwas grösser, als im vorigen Stadium, eine regelmässige
Anordnung lässt sich auch hier nicht mehr erkennen.
Das dritte Stadium (Fig. 50, 51) ist abermals älter (Thierlänge 14 cm), doch ist gerade hier die
L inse'noch weitaus am besten erhalten. Die Linsenkapsel zeigt allerdings in ihren proximalen Theilen
weitgehende Zerreissungen und auch ventral einige Oeffnungen, dorsal und distal ist sie dagegen nahezu
ganz unverletzt geblieben. Das eindringende Bindegewebe durchzieht nicht die ganze Linse; die centralen
Theile sind noch frei davon; die Bindegewebskerne sind viel seltener und finden sich mit wenigen Ausnahmen
ausschliesslich an der proximalen Peripherie. Sämmtliche Linsenzellen lassen noch Zellgrenzen
erkennen, wenn dieselben auch n u r in vereinzelten Fällen unverletzt sind; Meistens hat auch hier
schon ein Austritt des Protoplasma aus den Zellen und eine-Ausbreitung desselben in dem Linsenraum
stattgefunden. Die Kerne sind stets scharf umschrieben, haben meist deutliche Kernmembran und
scheinen von dem Zersetzungsprocess erst wenig oder noch gar nicht berührt zu sein. Die Linsenzellen
sind zahlreicher, als bei dem zuletzt beschriebenen Thiere und auch grösser. Sie zeigen eine, freilich
n u r undeutliche Anordnung, insofern als sie in dem distalen Theile der Linse in einer einfachen Lage
an einander gereiht erscheinen. Etwa in der Gegend des Linsenäquators hört aber diese, schon vorher
nicht streng durchgeführte Ordnung auf, und in dem mittleren und dem proximalen Drittel der Linse
liegen ihre Zellen wieder ohne jede Spur einer Anordnung regellos durch einander.
Aus dem Gesagten geht hervor, dass die Rückbildung der Linse bedeutenden Schwankungen in
Bezug auf den Zeitpunkt, wo sie einsetzt, unterworfen sein muss. Sie beginnt augenscheinlich bei dem
einen Thier früher, bei dem anderen später. Im letzteren Falle hat die Linse Zeit gehabt, sich
noch weiter zu entwickeln, ehe der Zerfall anfing, sie wird also naturgemäss umfangreicher geworden
sein, d, h. aus zahlreicheren und auch wohl grösseren Zellen bestehen, als * eine andere, bei der die
Rückbildung schon auf einer früheren Altersstufe ihren Anfang nahm. Es erklärt sich so der Umstand,
dass das älteste der von mir untersuchten hier in Betracht kommenden Augen die grösste Linse besitzt
und dass diese Linse am wenigsten in der Auflösung fortgeschritten ist, die Linse des jüngsten der
fraglichen Augen dagegen viel kleiner und viel mehr zerfallen erscheint.
Ist somit der Zeitpunkt, an dem die Rückbildung der Linse beginnt, von einer Reihe uncontrollir-
barer Factoren abhängig un d erscheint deshalb individuell schwankend, so steht es mit der Art, wie die
Rückbildung vor sich geht, anders. Dies ist immer die gleiche. Wovon der erste Anstoss dazu ausgeht,
- lässt sich nicht feststellen, den ersten Abschnitt in dem Zerfallprocess des Organs bildet aber
sicher stets die Auflösung der Zwischensubstanz zwischen den Zellen. Ob diese durch Leucocyten bewirkt
wird, oder auf andere Weise vor sich geht, mag dahingestellt bleiben. Die Linsenzellen büssen dann
zunächst ihre regelmässige Anordnung in etwas ein und Hand in Hand damit geht wohl die Durchlöcherung,
Zerreissung und der allmähliche Zerfall der Linsenkapsel. Sobald diese Oeffnungen zeigt,
beginnt das der Linse anliegende Bindegewebe sich an der Zerstörung activ zu betheiligen. Es wandert
ein, schiebt sich zwischen die durch Resorption der Intercellularsubstanz in ihrem Zusammenhang ohnehin
gelockerten Linsenzellen und drängt dieselben aus einander. Bald darauf gehen dann die Zellmembranen
zu Grunde, sei es, dass sie den Angriffen von Leucocyten erliegen, sei es, dass ein chemischer Zersetzungsprocess
dabei eine Rolle spielt. Das Zellprotoplasma strömt aus, und der Kern ist nunmehr den
zersetzenden Einflüssen preisgegeben, die auch ihn nach Zerstörung seiner Membran rasch zur Auflösung
bringen. Inzwischen ist Bindegewebe in immer grösserer Menge eingewandert; besonders seine Kerne
haben sich bedeutend vermehrt.
. Das Proteus-Auge hat also jedenfalls während der embryonalen und Larvenperiode, bis in die
ersten Stadien des ausgebildeten Thieres herein eine Linse besessen, man darf somit nicht mehr, wie
dies D e s fo s s e s und H e s s thun, das Auge des Olmes als Beispiel anführen, wenn es sich darum handelt,
zu beweisen, dass bei der Bildung der secundären Augenblase aus der primären die Linse als ursächliches
Moment nicht in Betracht komme.
K. W. S o h l am p p ’s angekündigte Untersuchungen über das Larvenauge von Proteus müssen
zeigen, welche Stufe der Ausbildung die larvale Linse erreicht*). Ich glaube nicht, dass diese eine sehr
hohe sein k a n n ; dagegen spricht schon der Umstand, dass auch die weitestentwickelte Linse aus sehr
*) Leider hat die inzwischen erschienene Arbeit über diesen Punkt keine Aufklärung bringen können, da zu den
Untersuchungen nur ein einziger Larvenkopf zur Verfügung stand.