Man kann demnach nur sagen: das Auge wird von der Körperhaut überzogen, die dabei eine
n icht unbedeutende Verdickung erfährt. Doch lässt sich auch nicht feststellen, auf Rechnung welcher
Schicht der Körperhaut, der Epidermis oder der Cutis, diese Verstärkung zu setzen ist. Einmal verdickt
sich über dem Auge n u r die Cutis, während die Epidermis sogar abnimmt, ein anderes Mal tritt gerade
der umgekehrte Fall ein. Dann wieder betheiligen sich an der Zunahme beide Schichten, aber in ungleichem
Maasse und zwar fä llt auch hier wieder einmal die Cutis, ein anderes Mal die Epidermis mehr
ins Gewicht. Im Uebrigen zeigt die Deckschicht in ihrem feineren Aufbau absolut keine Veränderung
gegenüber der sonstigen Körperhaut. Hier, wie dort finden sich die grossen Drüsenräume der Amphibienhaut,
die, hauptsächlich in der Cutis gelegen, durch einen engen in der Epidermis sich wieder zu einem
kleinen Hohlraum erweiternden Gang das Secret der einzelnen Drüsenzellen nach Aussen treten lassen;
die auf die Epidermis beschränkten einzelligen Drüsen (Leydig’sche Zellen), senden, in der Deckschicht,
wie sonst in der Körperhaut, ihre feinen Ausführungsgänge ebenfalls durch die über ihnen liegenden
Epidermisschichten und durchsetzen mit denselben zuletzt die Cuticula. Letztere zeigt, in der Deckschicht,
wie anderwärts, die bekannte feine Strichelung.
An ihrer proximalen Grenze ist die augendeckende E p id e rm is aus einer ziemlich regelmässigen
Lage ungefähr gleich grösser Zellen gebildet, die man als eine Art Rete Malpighii auffassen kann, doch sind
dieselben niemals cylindrisch, meist rundlich, oder cuhisch, zuweilen distalwärts in eine kurze Spitze ausgezogen.
Eine e ig e n t l i c h e Malpighi’sche Schicht gibt es also nicht. Ebenso wenig zeigen die der Cuticula
zunächst gelegenen Zelllagen der Epidermis die für ein Stratum corneum charakteristische Abplattung.
Ih re Elemente sind zwar etwas kleiner, als die der übrigen Epidermis, aber meist rundlich oder cubisch,
ja zuweilen stellen sie sogar die Form eines Ellipsoids dar, dessen lange Axe senkrecht zur Cuticula
gerichtet ist.
S c h lam p p weist darauf hin, dass in der augendeckenden Epidermis die einzelligen Schleimdrüsen
(Leydig’sche Zellen), die sich anderwärts n u r vereinzelt finden, enge gedrängt, stehen und vor
dem Auge eine runde Pla tte bilden. E r glaubt, dass dieselben „optisch zu wirken geeignet“ , seien und
„den Durchtritt des Lichtes günstig beeinflussen“. Auch mir ist dieser Drüsencomplex aufgefallen. Die
einzelligen Drüsen kommen zwar auch sonst in der Epidermis von Proteus recht häufig vor, keineswegs
n u r „hier und dort eingestreut“, wie S c h lam p p behauptet, nirgends stehen sie aber allerdings so enge
gedrängt, wie gerade über dem Auge. Bei einem Thier von 14 cm Länge ergab sich für die Ausdehnung
des fraglichen Complexes ein Durchmesser von 1,81 mm, während die lange Axe des Bulbusellipsoids,
hier die Augenhöhe darstellend, 0,414 mm, die Pupille eine grösste Weite von 0,041 mm aufwies. Im
Verhältniss zur Grösse des Auges ist die Platte, zu welcher sich jene Zellen angeordnet finden, also sehr
ausgedehnt. Was die von S c h lam p p gegebene D e u tu n g 'd e r Einrichtung betrifft, so h a t dieselbe allerdings
einige Wahrscheinlichkeit für sich und möchte ich dieselbe mangels anderer Erklärung vorläufig
auch meinerseits acceptiren, wenn mir die vorgeschlagene Bezeichnung als „accessorische Hornhaut der
Epidermis“ auch etwas unglücklich gewählt erscheint. Ich will -jedoch nicht unterlassen, auf die auffallende
Erscheinung hinzuweisen, dass die Schleimzellen in der Platte keineswegs gleichmässig dicht
gelagert sind, sondern dass ein etwa 0,3 mm Durchmesser besitzender Fleck existirt, wo die Zellen noch
viel enger an einander gedrängt erscheinen, als ausserhalb desselben. Dieser Fleck liegt aber nicht
direkt vor dem Auge, sondern ventralwärts verschoben, sodass der Lichtstrahl, der hier die H au t durchdringt,
das Auge unter keinen Umständen mehr treffen kann.
Die C u tis der Deckschicht (Fig. 48, 49) besitzt in ihrem distalen Drittel eine etwas lockerere,
welligere, in ihrem proximalen eine sehr feste, straffe Anordnung; die sie bildenden Faserzüge sind besonders
gegen die. Grenze hin ungemein fein und führen n u r wenige ganz kleine und schmale Kerne.
Zahlreicher und grösser sind diese in dem mittleren und distalen Drittel der Schicht. Die Cutis zeigt
häufige Gefässe und, nahe dem äusseren Rande des distalen Drittels, auch über dem Auge reichliche
Pigmenteinlagerungen.
Die Augenmuskulatur.
Das Auge von Proteus anguineus (Fig. 56) h a t die typischen sechs Augenmuskeln. Ein Musculus
retractor bulbi fehlt und ebenso, entsprechend der Abwesenheit einer Nickhaut der Musculus quadratus
und der Musculus pyramidalis. Es ist unrichtig, die vorhandene Augenmuskulatur als verkümmert zu
bezeichnen, oder gar, wie H e s s , ih r Vorhandensein überhaupt zu bestreiten. Die Muskelbündel sind
freilich nur schwach, die einzelne Muskelfaser jedoch zeigt sogar eine sehr bedeutende Stärke. Sie
maass bei einem Thiere von 25,7 cm Körperlänge z. B. im Durchschnitt 0,00526 mm, und bei einem
Exemplar von 22,2 cm Thierlänge 0,00719 mm.
Man ersieht schon aus diesen Zahlen, dass sich ein festes Verhältniss der Augenmuskelfaserstärke
zur Thierlänge nicht aufstellen lässt und man kommt zu demselben negativen Resultate, wenn
man die Breite der Muskelfaser mit der Bulbustiefe, d. h. der Länge der Augenaxe, vergleicht. Bei dem
erstgenannten Thiere (25,7 cm) stellt sich dieses Verhältniss auf 1 : 91,8, beim letzteren (22,2 cm) auf
1 : 60. Bedenkt man, dass die Stärke der Muskelfaser zur Länge der Augenaxe bei einem ausgewachsenen
Triton cristatus (von ca. 7 cm Länge) sich verhält wie 1 : 180, so ist klar, dass die Muskelfaser des
Proteus-Auges hinter der des normalen Amphibienauges keineswegs in der Entwicklung zurückgeblieben,
sondern im Gegentheil, wie schon die freilich ungemein schwankenden angegebenen Zahlen erkennen
lassen, wenigstens in Bezug au f Stärke über das gewöhnliche Maass hinausgegangen ist.
Im Gegensatz zu ihrer unverhältnissmässigen Stärke zeigt die Muskelfaser in ihrem feineren Bau
dagegen ein vollständig embryonales Verhalten. Eine Querstreifung ist zwar in der Regel vorhanden,
doch ist sie fast immer ungemein zart und daher schwer zu erkennen. Vereinzelt finden sich auch ganz
glatte Fasern, oder es ist wenigstens der den K em bergende Theil der Faser ungestreift. In einzelnen
Fällen erleidet die kernführende Partie eine bedeutende Anschwellung, so z. B. (bei einem 22,2 cm
langen Thiere) von 0,00624 auf 0,01183 mm. Der Kern ist dann nahezu kugelig und füllt die ganze
Breite der Faser a u s ; die angeschwollene Partie derselben, in welcher der Kern liegt, ist stets ungestreift.
Meist is t der Kern aber länglich, immer liegt er in der Axe der Faser und h a t eine bedeutende Dicke.
So beträgt z. B. in einer 0,00631 mm breiten Faser seine Stärke 0,00518, seine Länge 0,02368 mm.
Die schmalen wandständigen Kerne der typischen Muskelfasern sind in der Augenmuskulatur des Proteus
niemals anzutreffen.