kommen eines strafferen Verlaufes derselben in der Sclera, erheblichen Einfluss ausgeübt, der auch nach
erfolgter Sistirung der Augenentwicklung nicht sofort nachgelassen zu haben braucht.
Nachdem für das übrige Auge die Entwicklungshemmung aber eine vollständige geworden war,
begann sich bald ein Zersetzungsprozess geltend zu machen. Die Sclera würde da und dort in ihrem
Zusammenhänge unterbrochen. Die Zellen der Linse, die bis dahin annähernd die Form einer Hohlkugel
mit einschichtiger "Wandung gehabt haben dürfte, verloren ihre Anordnung; einzelne gingen dann wohl
rascher zu Grunde, der Rest bildete einen ziemlich unregelmässigen Haufen, in welchen da und dort
Bindegewebselemente sich eindrängten.
Auch zwischen Linse und Netzhautanlage schob sich von den Massen in der weiteren Umgebung
des Bulbus abstammendes Bindegewebe ein und vermischte sich mit den an dieser Stelle schon vorhandenen
Zügen, auf deren Andrängen die angefangene Becherbildung zurückzu führen ist. Zahlreiche Bindegewebs-
.zellen drangen zwischen die nervösen Elemente der Retinaanlage ein und störten ihren Zusammenhang;
-einzelne davon gelangten dabei wohl bis in die primäre Augenhöhle. Auch in dem Sehnerven finden
sich beim erwachsenen Thiere da und dort Bindegewebszellen. Da von einer Rinnen- und Röhrenbildung
am Augenblasenstiel keine Rede ist, folglich auf diesem "Weg nicht, wie gewöhnlich, Bindegewebe in
den Sehnerven hat gelangen können, so müssen die mesodermalen Elemente ebenfalls als erst später in
den Opticus eingedrungen aufgefasst werden.
Auch das äussere Blatt des Augenbechers wurde vielfach von Bindegewebszellen durchbrochen
und die Anordnung seiner Zellen dadurch beeinflusst. Die andrängenden Gewebstheile schoben dabei die
in ihrem Zusammenhänge gelockerten Zellen förmlich durcheinander, so dass es schliesslich oft den Anschein
gewinnt, als ob das äussere Blatt des Augenbechers stellenweise zwei-, ja dreischichtig angeordnet
wäre. Überhaupt macht sich überall die Thätigkeit des an- und eindringenden Bindegewebes geltend, das
oft förmlich sprengend gewirkt zu haben scheint.
Schon während dieser Vorgänge begannen einzelne Elemente der Retina, des Pigmentepithels und
vor allem des Augenblasenstieles zu zerfallen und zwar bis zur endlichen vollkommenen Aufgabe ihrer
Individualität, so dass das, was beim erwachsenen Thiere von den ectodermalen Theilen des Auges noch
übrig ist, allenthalben Störungen in der Anordnung der Zellen und zahlreiche Lücken aufweist.
Die das Auge von Typhlichthys deckende S c h ü t z k a p s e l ist nicht bloss als Ersatz für den
fehlenden Orbitalring aufzufassen, sondern vielmehr selbst als ein solcher, der hier allerdings, abweichend
von der sonstigen Gepflogenheit, sich knorpelig anlegen würde. Freilich ist es undenkbar, dass derselbe
bei einem funktionirenden Organ die Lage gehabt haben könnte, in welcher er am Typhlichthysauge auf-
tritt, denn in solcher Stellung würde er zwar schützend, aber dabei auch hindernd, eine Lichtperception
so gut, wie ausschliessend, wirken. Auch er steht demnach möglicherweise eben unter dem Einflüsse jenes
allgemein fühlbaren Schwankens, das nach dem Aufgebeü des typischen festen Entwicklungsplanes eingerissen
ist. Vielleicht ist aber auch die Anordnung jener Skeletttheile eine planmässige: der als solcher
überflüssig gewordene Orbitalring würde, unter entsprechender Verschiebung seiner Theile, zu einem Organ
umgeschaffen, welches das im Verfall begriffene Auge von den einer normalen Weiterentwicklung unterliegenden
Geweben der Umgebung abzuschliessen hätte: also eine Art von Isolirungsvorrichtung.
Es scheint mir diese letztere Erklärung des Apparates die grössere Wahrscheinlichkeit für sich
zu haben. Wäre derselbe nur darauf zurückzuführen, dass die Skeletttheile, die als Orbitalring überflüssig
geworden, nun eben an dieser Stelle, wo sie für das Typhlichthysauge nicht mehr störend wirken konnten,
bis zu ihrer Resorption vorläufig untergebracht worden wären, so wäre vor allem ihre starke Entwicklung
nicht zu verstehen. Es zeigen sich an dem Apparate nicht nur keine Spuren von Rückbildung, sondern
es treten vielmehr in Gestalt der die Knorpelplatten verbindenden Gewebszüge neue Einrichtungen auf, die
bei einem dem Untergange geweihten Organ unverständlich wären. Man hat es daher wahrscheinlich dabei
mit dem Resultat einer Neuanpassung zu thun, die sich mit Rücksicht auf die veränderten Verhältnisse
vollzogen hat.
Den bald da, bald dort im Umkreise des Sehorgans sich findenden Pigmentmassen lege ich, wie
schon früher*) ausgeführt wurde, keine morphologische Bedeutung bei, finden sich ja doch Pigmentansammlungen
als Begleiterscheinungen von Zerfallsprozessen immer wieder im thierischen Körper.
Es ist also nach dem Gesagten in Bezug auf das Sehorgan von Typhlichthys schon auf sehr niedriger
Stufe eine Entwicklungshemmung eingetreten, die bald eine totale geworden ist. Unmittelbar darauf hat
dann die Rückbildung des Organs in Form einer Lockerung der Gewebe und eines Zerfalles der Elemente
begonnen, ein Prozess, der beim erwachsenen Thiere schon weit gediehen ist.
Proteus anguineus.
Vorausschicken möchte ich, was übrigens in Theil I schon bemerkt worden, dass mir von Proteus weder
Embryonen, noch jüngere Larven zur Verfügung gewesen sind. Wo ich also im Folgenden von kleineren
oder grösseren, jüngeren oder älteren etc. Thieren spreche, sind immer geschlechtsreite Olme, allerdings
verschiedenen Ausbildungsgrades, was das Auge betrifft, gemeint.
Orbita.
Yon einer Orbita, von Skeletttheilen, die zum Schutze des Auges dienen, fehlt jede Spur. Da das
Sehorgan selbst in der Mehrzahl seiner Theile einen ziemlich hohen Ausbildungsgrad und nur wenige Merkmale
thatsächlioher Rückbildung zeigt, so darf man m. E. auch nicht an Rückbildung einer auf früheren
Stufen etwa vorhanden gewesenen wirklichen Orbitalanlage denken. Es bilden sich ja erfahrungsgemäss
Skeletttheile immer langsamer, gleichsam widerstrebender, zurück, als die mit ihnen in denselben Verhältnissen
befindlichen anderweitigen Gewebe, z. B. als Nerven- und Bindesubstanzen. Das Fehlen der Orbita
ist daher nur dadurch zu erklären, dass der erste Anfang einer abnormen Entwicklung des Sehorgans m
eine Zeit des Embryonallebens fällt, zu welcher die Bildung jener Vorrichtung nooh nicht, oder doch eben
erst, begonnen hatte. Infolge der aussergewöhnlichen Verhältnisse bei Weiterentwicklung des Auges unterblieb
dieselbe dann vollständig. Etwaige erste Anlagen verschwanden rasch wieder.
*) Teil I pag. 64.