entfernt sind was natürlich in erster Linie mit embryonalem Verhalten sich erklärt — wurde bereits
mehrfach hingewiesen. Die Hemmung erfolgte eben jedenfalls, ehe ein Ausgleich durch Nachrücken der
später angelegten Sehzellen auf die Stufe der ältesten erfolgen konnte, und zwar zu einer Zeit, wo auch
diese noch nicht den fürs Säugerauge typischen Grad der Vollendung erlangt hatten. Die Verschiedenheit
der Zahlenverhältnisse zwischen höchstentwickelten und niedriger stehenden Sehzellen erklärt sich mit der
verschiedenen Entwicklungsstufe, auf welcher für die einzelnen Netzhäute Hemmung und Sistirung erfolgte.
Über die eingeschobenen Ganglienzellen, sowie die Zwischenganglienzellen ist an dieser Stelle nichts
hinzuzufügen. Ihre wechselnde Form und verschiedenartige Anordnung erklärt sich ebenfalls aus dem verschiedenen
Grade der Ausbildung, welchen die Schicht bei Eintritt der Hemmung etc. erreicht hatte, wobei
aber ebenfalls wieder die Bildungsperiode in Betracht kommt, in welcher sich die Elemente gerade be-
funden haben.
Als ein allen Netzhäuten gemeinsames embryonales Merkmal mag noch angeführt sein der Umstand,
dass sämmtliche Elemente der Manlwurfsretina im Vergleich zu normalen Sehorganen weniger zahlreich
vorhanden, daher viel weniger gedrängt angeordnet sind, also auch, die äussere Körnerschicht ein viel
lockereres Gefüge zeigt.
Individuell sehr schwankend sind auch die Grössenverhältnisse der G r a n u l o s a in t e r n a . In der
Mehrzahl der Fälle verhält sich zwar ihre Dicke zu derjenigen der Gesammtretina im Augenhintergrunde
etwa wie I : 5,6, doch tritt die Schicht gelegentlich auch erheblich stärker auf, sodass obige Vergleichung
die Zahlen 1 : 3,5, ja 1 : 2,7 ergeben kann. Es verbietet sich indessen, aus den Stärkenverhältnissen der
Granulosa mterna bei den einzelnen Exemplaren weitere Schlüsse ziehen zu wollen, da sich jene nur in
den seltensten Fällen mit Genauigkeit feststellen lassen. Besitzt ja doch die Schicht meist gar keine scharfe
distale Grenze. Es ist vielmehr bei der sehr unregelmässigen Anordnung der Opticusganglienschicht und
der Ähnlichkeit ihrer Elemente mit den in der Granulosa interna ihr zunächst gelegenen Reserveopticus-
ganglienzellen meist geradezu unmöglich, zu erkennen, wo die Granulosa aufhört und die Opticusganulien-
schicht anfängt.
Die schwankende Form, Grösse, Menge und Anordnung der Reserveopticusganglienzelleni das
reichlichere oder spärlichere Auftreten der Vergrösserungszellen, ev. deren vollständiges Fehlen etc. erklärt
sich hier wieder, genau in derselben Weise, wie die individuellen Verschiedenheiten in den anderen Retinaschichten,
mit der Ungleichheit des Zeitpunktes von Hemmung und Sistirung und der Verschiedenheit der
Bildungsperiode zur Zeit des Eintrittes jener Ereignisse.
Dasselbe gilt für das individuelle Schwanken der O p t i c u s g a n g l i e n s e h i c h t in Bezug auf ihre
relative Stärke. Dabei kommt aber, wie für die Granulosa interna, wieder der Umstand in Betracht, dass
sich, aus den für diese Schicht bereits bezeiclineten Gründen, ein genaues Maass hier meist nicht aufstellen
lässt. Es macht dabei ja einen grossen Unterschied aus, ob die Opticusgangliensehicht zur Zeit, wo die
Entwicklung eingestellt wurde, in einer Periode der Ruhe oder der regeren Weiterbildung sich befand, ob
sie also ganz aus wohlentwickelten Ganglienzellen bestand, oder ob die zu ihrer Vergrösserung herangezogenen
Reserveelemente noch von der Vollendung etwas entfernt, daher auch noch nicht sämmtlich in die
Schicht selbst eingerückt, sondern ganz oder zum Theil in der Granulosa interna liegen geblieben waren.
Im letzteren Falle hatten also die neugebildeten Ganglienzellen die ihnen als solchen zukommende Stelle
noch nicht einnehmen können. Es wäre dies in der darauffolgenden Periode relativer Ruhe nachgeholt
worden, eme Periode, deren Eintritt aber durch die Sistirung verhindert worden ist.
Ebenso erklärt sich das individuelle Schwanken in der Zahl uild Grösse der Opticusganglienzellen.
Die O p t i c u s f a s e r s c h i c h t richtet sich in ihrem Ausbildungsgrade vollständig nach demjenigen
der Opticusgangliensehicht. Maasse lassen sich nicht angeben, da die Schicht weder von der letztgenannten,
noch von der sich distal anschliessenden Tunica vasculosa Retinae getrennt werden kann.
Betrachtet man nun die Stärke der i n n e r e n R e t i n a s c h i c h t e n (Granulosa interna, Opticusganglienschicht,
Opticusfaserschicht und Tunica vasculosa) zusammengenommen, da dies, wie gesagt, im Einzelnen
nicht möglich ist, so zeigt sich zunächst, dass dieselben im Augenhintergrund ihre grösste Mächtigkeit
haben und gegen den distalen Augenpol hin allmählich, jedoch auch in den extremsten Fällen nicht sehr bedeutend,
abnehmen. Die Verdünnung ist bei den auf etwas niedrigerer Stufe stehen gebliebenen Augen eine
etwas weitergehende, als bei den höher entwickelten, was damit zu erklären ist, dass die Tunica vasculosa bei
jenen noch nicht in derselben Stärke sich bis auf die der Irisgrenze genäherten Partieen der Retina ausgebreitet
hat, wie bei diesen.
Das Verhältniss, in welchem die inneren Retinaschichten zum Aufbau der Netzhaut beitragen, ist
in der überwiegenden Mehrzahl der Maulwurfsaugen für den Hintergrund etwa dasselbe, wie für die Partieen
nahe der Iris, d. h ., wie am proximalen Rande der Theil I I näher beschriebenen „Übergangszone.“ Es
kommen jedoch auch Fälle v o r, in welchen der Antheil der inneren Schichten in jenen distalen Partieen
nicht unerheblich geringer ist, als im Augenhintergrunde. Es sind dann ebenfalls wieder stets die am geringsten
entwickelten Augen diejenigen, welche ein solches Verhalten zeigen, das sich durch die in den
Partieen nahe der Übergangszone geringere Entwicklung der Tunica vasculosa genügend erklärt.
Das r e t i n a l e S t ü t z s y s t em ist im Augenhintergrund entschieden geringer entwickelt, als bei
normalen Sehorganen, und auch, als in den dem distalen Pole mehr genäherten Partieen derselben Maulwurfsretina.
Die Fasern ziehen sich zwar, hier, wie dort, in derselben Weise und vollständig gestreckt
quer, durch die Netzhaut, sind aber weniger zahlreich, das Gerüste ist also kein so enges, wie normal. Da,
wie gezeigt wurde, das Stützsystem sich von den Augenbecherrändern her entwickelt und in der Retina
erst allmählich proximalwärts fortschreitet, so erklärt sich seine geringe Entwicklung im Augenhintergrunde
bei Talpa damit, dass die Hemmung vollständig geworden ist, ehe die Vollendung des Systems überall
gleichmässig erreicht war. Das letzte Stadium in der Ausbildung der Müller’schen Fasern, die innere
Differenzirung der sog. „dreieckigen Füsschen,“ fehlt im Maulwurfsauge überhaupt, höchstens findet sich
gelegentlich, und zwar, wie zu erwarten, nur in den vom Hintergrund entfernteren Fasern, in denselben
peripherisch eine leichte Verdichtung des Protoplasma, da eben die Hemmung vor der endgiltigen Ausarbeitung
dieser Theile eingetreten und abgeschlossen worden ist.
Die Stützzellen sind auffallend spärlich vertreten, kommen überhaupt nur im Gebiete der äusseren
Körnerschicht vor und auch da lange nicht in der Anzahl, wie in normalen Augen. Es gilt dies für die
gesammte Retina, wenn auch für die Partieen des Augenhintergrundes in (erhöhtem Maasse. Beim Embryo,
abgesehen von den ältesten Stadien, ist diese Erscheinung, wenn überhaupt zu constatiren, doch jedenfalls
lange nicht so auffallend. Vielleicht erklärt sich dies daraus, dass nach Eintritt, aber vor Abschluss der
Hemmung auch hier wieder mit allen noch verfügbaren Mitteln' ein möglichst hoher Grad der Netzhautausbildung
erstrebt wurde. Es beruht nun die Grössenzunahme der Retina zum Theil auf der Vermehrung
ihrer Grundsubstanz, diese aber wird vorwiegend durch Umbildung von zelligen Elementen bewirkt, und
zwar betheiligen sich im normalen Auge hieran sowohl nervöse, als bindegewebige. Da nun im Maulwurfsauge
nach Auftreten des Materialmangels die nervösen Zellen vorwiegend für andere Zwecke in Anspruch
Bibliotheca zoologica. Heft XIV.