
Die Tiefe der vorderen Augenkammer ist also sehr schwankend. In keinem Falle, und zwar
handelt es sich hiebei keineswegs nur um die in der' Tabelle als Muster angegebenen fünf, sondern um
eine weit bedeutendere Anzahl untersuchter Maulwurfsaugen, ging dieselbe jedoch über die sub. I ver-
xeichnete Zahl hinaus. Dass sie jemals 0,2 betragen sollte, erscheint mir kaum glaublich, viel eher möchte
ich der Annahme zuneigen, dass He s s das angegebene Mass von einem Präparat genommen hat, das
eine, in Folge äusserer Einflüsse künstlich aus ihrer normalen Lage gebrachte Cornea (vielleicht auch
Linse) besass. Es kommt daher thatsächlich auch niemals das von He s s angegebene Yerhältniss 1 :5
bei der Yergleichung der Dimensionen von vorderer Augenkammer und Augenachse heraus: im Falle der
relativ bedeutendsten Yorwölbung der Cornea stellt sich dasselbe, wie man sieht, auf 1:7,89, und auch
dies muss schon als Ausnahme betrachtet werden.
Noch wenigerscheint es mir glaublich, dass der Gl a s k ö r p e r die bedeutende Tiefe von 0,8 mm,
wie H e s s angiebt, jemals erreichen sollte. Nach meinen Präparaten, bei welchen selbstverständlich die
unvermeidliche Schrumpfung des Corpus vitreuni, sowie kleine Differenzen der Schnittrichtung in Rechnung
gezogen wurden, betrug die Distanz zwischen dem proximalen Linsenpole und der distalen Netzhautfläche,
in der Augenaxe gemessen, niemals mehr als 0,123, gieng aber oft auf 0,091; 0,07; 0,03; ja gelegentlich
sogar auf 0,025 mm herunter.
Betreffs des Verhältnisses, in welchem die übrigen Augtheile zum Aufbau des Bulbus beitragen,
cfr. das Nähere in den betreffenden Abschnitten.
Das Auge liegt am Schädel ohne jeden Schutz durch knöcherne Skeletttheile. Die O r b i t a l h
öhl e ist ganz flach und könnte ihm daher nur mangelhafte Deckung gewähren, auch wenn das Sehorgan
sich in ihrem tiefsten Theile, direkt an der Schädelwand, befinden würde. Dasselbe sitzt jedoch auf einem
die ganze Orbitalhöhle mehr als ausfüllendem bindegewebigen, zuweilen auch Fettzellen führenden Polster,
so dass es sich z. B. durch einen ganz eben geführten Messerschnitt ohne jede Verletzung knöcherner
Theile vom Kopfe abschälen lässt.
Auffallend ist die u n s y m me t r i s c h e La g e d e r b e i d e n A u g e n , die sich nicht selten con-
statiren lässt. In 5 2 von mir darauf untersuchten Fällen waren nur e i nma l b e i d e Augen vom vorderen
Schädelende gleichweit entfernt. S e c h s u n d d r e i s s i gma l war das linke Auge vom oralen Oberkieferende
weiter entfernt, als das rechte, und nur zwöl fma l war das Gegentheil der Fall. Die Differenz war
meist nicht sehr bedeutend, betrug indessen in zwei Fällen doch 1,2 mm. Im Durchschnitt (gewonnen
durch Yergleichung der 52 Fälle) war das linke Auge von der Trennungslinie der mittleren Schneidezähne
des Oberkiefers 11,695, das rechte 11,46 mm entfernt, was eine durchschnittliche Differenz von 0,235 mm
ergeben würde.
Ob der geschilderten unsymmetrischen Lagerung der Sehorgane eine Asymmetrie in der Anordnung
anderer Theile des Maulwurfskörpers, also z. B. im Bau des Gehirnes, entspricht, vermag ich vorläufig nicht
zu sagen, muss also auch darauf verzichten, die angegebene Thatsache zu erklären, immerhin glaubte ich,
derselben Erwähnung thun zu sollen.
Z u s a m m e n f a s s u n g .
Die Wachsthumsverhältnisse des Maulwurfsauges soll folgende Tabelle zeigen:
Stadium
Thierlänge
mm
Yerli. von
Thierlänge
Augtiefe
Verh. von
zu
Aughöhe
I I I 1 :33,5 1
IV 10 1:27,8 1:32,8
Y n 1:29 1:29
VI 13 1:41,5 1:37,7
YII 17 1:38,1 1:38,6
V III 19,7 1 :42,8 1:38,1
IX 22,3 1:38,6 1:43
X 27,5 1:49,4 1:43,8
X I 32 | 1:61,2 1:57,9
Erwachsenes
Thier
ffx O
o *
1:176,7 1:175
Für das erwachsene; Thier sind hierbei Durchschnittswerthe angenommen , und zwar, neben der
Körperlänge mit 140 mm, für die Augtiefe 0,792 und für die Aughöhe 0,7998 mm.
Aus der Tabelle geht hervor, dass auch beim Maulwurf das Auge mit fortschreitender Weiterentwicklung
des Embryo in der Ausbildung immer mehr und mehr zurückbleibtp .eine Erscheinung, die
duich die Geburt des Thieres in erhöhtem Grade zum Ausdrucke gelangt.
Ob sich diese relative Abnahme des Sehorganes beim Genus Talpa in derselben Weise vollzieht,
wie bei den meisten übrigen Säugern, oder ob vielleicht der Grad, oder das Tempo anders ist, lässt- sich
hier nicht entscheiden. Die Antwort auf diese Frage muss dem Schlusstheile vorliegender Arbeit Vorbehalten
bleiben.
Die Augenlider.
S t a d i u m I I (6,7 mm).
Eine Andeutung von Auglidern zeigt sich zum ersten Male auf dieser Entwicklungsstufe, und zw
m Form einer das Auge kreisförmig umgebenden Aufwulstung der Körperhaut, welche auch die de
Ectoderm direkt unterliegenden mesodermalen Gewebstheile mitmachen.
Bibliotheca Zoologica. Heft XIV. g