dass ihm eine andere Bedeutung zukommt. Die jüngsten Distomen, die ich im Hechtmagen fand,
massen ziemlich 3 mm, waren aber noch so durchsichtig, dass sie n u r durch Abschaben des
Magenepithels und mikroskopische Untersuchung desselben e rk a n n t werden konnten (Fig. 3, Taf. I).
In Bezug au f ih re Organisation ergaben sie sich bereits als typische Distomum tereticolle. Im
H in te rk ö rp e r erk en n t man drei kleine helle Körperchen, die Geschlechtsdrüsen, von dem vordersten
aus einen hellen S tr e if n ach vorn, die Anlage des Uterus und vor dem Bauchsaugnapfe einen Zellenhaufen
als Anlage der Leitungsendteile; die feinere Structur- a lle r dieser Anlagen werden wir
im entwickelungsgeschichtlichen Theile noch näher besprechen. Aeltere Individuen zeigen die
Geschlechtsdrüsen vergrössert, den U te ru s nicht mehr gestreckt, sondern in leichten S förmigen
Windungen nach vorn laufend. Bei einer Grösse von 8—10 mm s ieht man in den Leitungswegen
die ersten fertigen E ie r a u ftre ten , die zunächst allerdings ganz allgemein abnorm und fehlerh
a ft sind ; e rs t nach einiger Zeit zeigen sie ein normales, gesundes Aussehen ; es macht den Eindruck,
als habe das T h ier e rs t nach mancherlei vergeblichen Versuchen gelernt, seine E ie r in
d er richtigen und vorschriftsmässigen Weise herzustellen.
2. D i s t o m u m folium v. O L F.
L i t t e r a t u r :
Distoma folium v. O lf e r s , De vegetativis e t animatis corpor. etc. Berol. 1816. p. 45, Fig. 15.
„ „ R u d o lp h i, Entoz. Synops. p. 96 u. 371.
„ „ Du ja rd in , Hist. na t. des Helm. p. 404.
Distomum „ D ie s in g , S y s t. Helm. I . p. 3 4 3 .
Distoma „ Zschokk e, Recherches etc. p. 50 u. pl. 10, Fig. 11.
Distomum „ Braun , Ueber Dist. folium v. Olf. Centralbl. f. Bakteriol. u. P a ra siten k .
XI. 1892, p. 461 u.
Verhandl. d. deutsch, zool. Gesellsch. 1892, p. 44.
Einen kurzen Abriss der Geschichte des Distomum folium giebt B rau n in den beiden
z uletzt genannten Aufsätzen, die im übrigen wesentlich zu dem Zwecke geschrieben sind, einige
irrig e Angaben Zschokk e’s über den Bau des Wurmes zu berichtigen. Die betreffende Beschreibung
Z schokk e’s w a r die e rs te , in welcher der inneren Organisation des Thieres einige
Aufmerksamkeit zugewendet w urde: allerdings schien diese Organisation, da der Wurm u. A.
einen doppelt gespaltenen Darm, zwe i Keimstöcke und einen in noch mehrfach anderer Hinsicht
abweichenden Gen ita lap p a ra t besitzen sollte, von der der übrigen, genauer bekannten Distomen
wesentlich verschieden zu sein. Durch die Nachuntersuchungen von B r a u n h a t sich nun herausgestellt,
dass die genannten Abnormitäten im Baue a u f einer irrthümlichen Deutung von Seiten
des erstgenannten A u to rs beruhen, und dass Distomum folium in Bezug au f seine Organisation
durchaus den übrigen Distomen sich anschliesst; a u f einige von B rau n nich t besonders e rwähnte,
kleinere Ungenauigkeiten der Z schokk e’sehen Beschreibung werden w ir im Verlaufe
dieser D a rstellung noch g e fü h rt werden.
B rau n h ä lt den Wurm fü r selten, da e r in der T h a t bis je tz t n u r von wenigen Autoren
(v. O lf e r s , W a g en e r , Zschokk e, Braun ) gefunden wurde, un d zw ar vorzugsweise in der Harnblase
des Hechtes, wo ihn auch sein Entdecker, v. O lf e r s , an tra f. Dagegen giebt schon Zschokke an,
ihn „assez souvent“ getroffen zu haben, allerdings nicht im Hechte, sondern in den Harnblasen
von Thymalkis vulgaris, Trutta variabilis, Salmo umbla und besonders Gottus gobio. Auch meinen
Erfahrungen nach is t Distomum folimn g a r nich t selten, denn ich fand es in dem H a rn le ite r von
Aeerina cernm, dem Kaulbarsch, in der Umgebung von Leipzig in 70—80°/o der untersuchten
F ä lle , allerdings bis je tz t kaum jemals in mehr als d re i Exemplaren. Es will mich deshalb be-
dünken, dass der Hecht, obwohl der Wurm in ihm zu erst gefunden w u rd e , doch nicht den
eigentlichen, sozusagen gesetzmässigen T räg e r d a rs te llt, sondern dass vielmehr Gotkis gobio und
Aeerina cernua als solche anzusehen sind. E s is t ja bekannt genug, dass eine ganze Anzahl von
Würmern auch in anderen als ihren hauptsächlichen T räg e rn die Bedingungen fü r eine gedeihliche
Entwickelung finden (so u. a. Distomum hepaticum und lanceolatum im Menschen), obgleich sie diesen
infolge ih re r beiderseitigen Lebensweise n u r selten zugeführt werden.
Distomum folium e rre ich t an dem von mir angegebenen Orte eine Länge von höchstens
2 mm und is t hauptsächlich ausgezeichnet durch seine Körpergestalt, die löffel- oder spatelförmig
ist. D e r Vorderkörper, der mit Vorliebe ausgestreckt getragen w ird , e rre ich t reichlich die
Hälfte der Körperlänge, aber n u r eine B re ite von V^lfjVs mm. In der Höhe des Bauchsaugnapfes
g eh t der „Hals“ ziemlich schnell in den dreimal so breiten, flachen Hinterkörper über.
Die Seitenränder desselben werden in der in der F ig u r 19, Taf. I gezeichneten Weise etwas
eingezogen getragen und ausserdem, was in der F ig u r n ich t gezeichnet ist, fa lten a rtig gekräuselt.
Die S a u g n ä p f e sind ungefähr gleich gross, bei mitte la lten Thieren 0,16 mm im Durchmesser,
der Bauchsaugnapf aber, wenn e r angesogen wird, stets ein klein wenig grösser.
Die H a u t tr ä g t keipe Stacheln; sie i s t homogen, durchsichtig und umzieht den ganzen
Körper in ungefähr gleichmässiger Dicke von 0,004—0,006 mm; ih re Oberfläche is t nich t selten
in feine Querrunzeln gelegt.
Der V e r d a u u n g s a p p a r a t is t zunächst ausgezeichnet durch den Mangel eines muskulösen
P h a ry n x ; an dessen Stelle zeigt der Oesophagus d ic h t h in te r dem Mundsaügnapfe meist
eine kleine Erweiterung, die aber ganz allmählich zurückgeht und auch nicht durch stärk ere
Muskulatur vor dem übrigen Oesophagus sich auszeichnet. Ob diese kleine Erweiterung Zschokke
zu der Annahme eines „muskulösen P h a ry n x “ (1. c. p. 51) g e fü h rt h a t, scheint mir zweifelhaft,
jedenfalls aber is t von einem solchen Organe bei unserem Wurme keine S pur vorhanden. Die
ganze Speiseröhre is t ziemlich dünn, wie bei allen anderen Fischdistomen, die w ir noch kennen
lernen werden, 0,01 mm weit und 0,2 mm lang. Es is t also kein Grund vorhanden, dieselbe
d irek t „kurz“ zu nennen, wie es Zschokke th u t; allerdings w ird der Oesophagus, wenn der
Wurm den Vorderkörper einzieht, in eine Sförmige Schlinge zusammengelegt, und es scheint dann
die Gabelungsstelle in die Darmschenkel dicht dem Mundsaugnapfe zu folgen, und das um so
mehr, als der Oesophagus, dünn und durchsichtig, wie e r ist, auch fa s t niemals durch eine besondere
Füllung sich bemerkbar m a ch t; es dürfte sich hierdurch die obige, unzutreffende Angabe
Zschokk e’s ohne weiteres erklären. Die beiden Darmschenkel reichen bis in das Hinterende
des Körpers und zeigen eine ziemlich wechselnde W eite und zahlreiche Einfaltungen der Wand.
Eine E ig en tüm lic h k e it des Epithels, die w ir sp äte r genauer kennen lernen werden, b rin g t es
mit sich, dass der In h a lt des Darmes niemals bis an die Wand desselben heranreicht, sondern
s te ts durch einen anscheinend leeren Spaltraum davon g e tren n t bleibt; wir werden derselben
E ig e n tüm lich k e it bald noch mehrfach begegnen. D e r infolge p eristaltischer Bewegungen lebhaft
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