hierbei an das zu erinnern, was im Abschnitt über die Bedeckung des Auges in Bezug auf eine möglicherweise
anzunehmende Ausnahmestellung des Ammocoetes von 20 cm Thierlänge gesagt worden ist. Vergleicht
man die Maasse, die sich für den Opticus des erwachsenen Petromyzon ergeben, mit denjenigen
des sub 3) behandelten ungefähr ebenso langen Ammocoetes, so findet sich von einer aussergewöhnlichen
Verstärkung des Sehnerven keine Spur. Es ergibt sich vielmehr, dass der Opticus durch die Metamorphose
das 2,8 fache seiner Stärke auf jener Entwicklungsstufe erreicht hat, die Augen tiefe aber
ebenfalls au f das 2,75 fache angewachsen ist. Beide haben also ungefähr gleichen Schritt gehalten.
Die Opticusfasern sind beim geschlechtsreifen Thier weit enger gelagert, als früher. Dasselbe
gilt von den Zellen des Axenstranges, die auch viel schlanker und zahlreicher geworden sind. Sie
senden zwar auch jetzt noch von beiden Polen Portsätze ab, doch zieht sich stets n u r der nach der
näher gelegenen Wandung des Opticusraumes gerichtete durch die betreffenden Faserlagen hindurch,
während der nach entgegengesetzter Seite abgehende Fortsatz zwar noch die den Hohlraum füllenden
Zellmassen durchzieht, dann aber sich verliert, ohne in die Schicht der Opticusfasern einzudringen. Die
in der Axe des Axenstranges etwas weniger dicht stehenden Zellen senden nach beiden Seiten ihre
Fortsätze n u r durch die Opticushöhle, ohne weder mit dem einen, noch dem anderen in die Wand einzudringen.
Soweit die Fortsätze die Opticusfaserschichten durchsetzt haben, treten sie mit nunmehr ziemlich
deutlich entwickelten Füsschen an die Pialscheide.
Diese steht in unmittelbarem Zusammenhänge mit der Zwischenmembran.
In der Wandung des Opticus, niemals jedoch zwischen den Zellen der Opticushöhle, lässt sich
der Verlauf eines Gefasses nachweisen.
Die Kreuzung der Opticusfasern findet bei Petromyzon im Bereich einer dem Niveau der Opticusfaserschicht
der Retina viel mehr genäherten Zone statt, als bei den verschiedenen Ammocoetes. Infolge
dessen ist es in der Retina jetzt an der Sammelstelle der Nervenfasern zum Opticus zur Bildung einer
unverkennbaren, wenn auch sehr flachen Opticuspapille gekommen. Sämmtliche Larvenstadien besitzen
an Stelle einer solchen sogar eine Einsenkung.
Die Duralscheide des Sehnervs besteht n u r noch aus wenigen starken Faserzügen, die reichliches
Pigment besitzen und in deutlichem Zusammenhang mit der Sclera stehen.
Auf allen Entwicklungsstufen zeigt also der Sehnerv nach Austritt aus dem Bulbus eine Anordnung
seiner Fasern zu einem Hohlcylinder, der durch einen Strang senkrecht zur Längsaxe gestellter
spindelförmiger Zellen ausgefüllt ist. Diese Zellen, die sich im Laufe der Entwicklung immer enger an
einander lagern, senden von ihren Polen fadenförmige Fortsätze aus, die gegen die Peripherie hinziehen
und sich in ihrer grossen Mehrzahl mit dreieckigen Füsschen an die Pialscheide ansetzen. Sie sind
ihrem ganzen Habitus nach bindegewebiger Natur und ich glaube, dass sie von dem Bindegewebe h e rstammen,
das, wie u. A. L i e b e r k ü h n gezeigt hat, hauptsächlich durch die fötale Augenspalte in den
Augenbecher und, da jene sich au f den Augenblasenstiel fortsetzt, auch in die au f diesem gebildete
Rinne hinein seinen Weg genommen hat. Dadurch, dass dann secundär wieder eine Verwachsung der
Ränder dieser Rinne eintrat, wurde jenes Bindegewebe in den Augenblasénstiel eingeschlossen und entwickelte
sich in der Folge in angegebener Weise!
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W. M ü l l e r ’s Ansicht, dass die fraglichen Zellen ihren Ursprung der früheren Epithelauskleidung
des Augenblasenstieles verdanken, kann ich nicht theilen, da ja die von ihnen erfüllte Höhle keineswegs
derjenigen des ursprünglichen Augenblasenstiels entspricht, sondern, wie bemerkt, infolge der von der
secundären Augenblase sich fortsetzenden ventralen Einstülpung auch des Augenblasenstiels entstanden
ist, ein Vorgang, durch welchen der primäre Hohlraum des Stiels verdrängt wurde und mit ihr das sie
auskleidende Epithel. Des Näheren wird auf diese Frage in dem Kapitel über Myxine (s. u.) eingegangen
werden.
Auf allen untersuchten Stadien von Ammocoetes ebenso, wie beim geschlechtsreifen Thiere erleidet
der Sehnerv während seines Durchtritts durch die Sclero-Chorioidea eine Einschnürung, durch die er
vorübergehend etwa ein Drittel seiner vorherigen Stärke einbüsst. Während der Opticus aber bei allen
Exemplaren von Ammocoetes nach Austritt aus dem Auge sofort wieder seine bisherige Dicke zurückgewinnt,
erreicht der Sehnerv des erwachsenen Petromyzon nach seinem Durchtritt durch die Sclera fast
das Dreifache seiner intraretinalen Mächtigkeit.
Die Zunahme des extrabulbalen Opticus hält im Allgemeinen gleichen Schritt mit dem Wachsthum
des Auges. Es stellt sich das Verhältniss von Opticusdicke zu Augentiefe bei allen von mir
untersuchten Stadien von Ammocoetes etwa auf 1:? 12; eine Ausnahme macht hiervon, wie schon bemerkt,
nur wieder der Ammocoetes von 20 cm Thierlänge, bei dem sich hier das Verhältniss 1 : 13,5 ergibt.
Die Metamorphose bringt eine gegenüber dem Bulbuswachsthum ein wenig gesteigerte Stärkenzunahme
des Opticus und stellt das obige Verhältniss jetzt auf 1 : 11,5.