Das Auge von Myxine glutinosa.
A u t o r e n :
1) Joh. Müller. Vergleichende Anatomie der Myxinoiden, der Cyclostomen mit durchbohrtem Gaumen,
in: Abhandl. d. Berl. Akad. 1834. p. 83 ff.
2) ------ . Vergleichende Neurologie der Myxinoiden. ibid. 1838. I. p. 83 ff.
3) G. H a rris . Notes of Marine Zoology of Moray Firth. in: The Zoologist. 1851. Bd. IX. p. 2996 ff.
4) R. L e u c k a rt. Organologie des Auges, in: Graefe u. Saemisch, Handb. d. Ophthalmol. Bd. II, 1.
5) Willi. Müller; Ueber die Stammesentwicklung des Sehorgans der Wirbelthiere. III. Das Sehorgan
von Myxine. in : Festschrift für C. Ludwig. 1874. p. VIIff.
6) K rau se . Die Nervenendigungen in der Retina, in: Arch. f. microsc. Anat. Bd. XII. 1876. p. 742 ff.
7) W ied ersh e im . Lehrbuch der vergleichenden Anatomie der Wirbelthiere. Jena 1886.
J o h a n n e s M ü l l e r 1) hielt Myxine zuerst für augenlos, überzeugte sich aber später2) von dem
Vorhandensein eines Sehorgans. E r fand einen sehr dünnen, vom Gehirn abgehenden Sehnerv,, der in
einem blasenartigen Körperchen endet, „welches auf der Gaumenleiste entsprechend dem vorderen Ende
der Gehirnkapsel liegt, aber von Muskeln bedeckt ist“. Die deckenden Muskeln sind die Anfangstheile
des Anziehers der Nase und der Tentakeln. Das Auge liegt über der Gaumenleiste und dem ersten
Trigeminiisast, da, wo dieser aus der Schädelhöhle austritt, etwa an der Grenze zwischen Nasen- und
Gehirnkapsel. Der Bulbus wird von „Zellgewebe“ ohne Fettpolster umhüllt. E r h a t eine etwas längliche
Form, seine Längenaxe verläuft parallel zu der des Thieres. Die äusserste Hülle des Bulbus ist
fest; eine Grenze zwischen Sclera und Cornea existirt nicht. Keine Spur einer Iris. * Auch Pigment
fehlt absolut. Eine Art Glaskörper scheint vorhanden zu sein in Form einer trüben, scheinbar körnigen
Masse mit faseriger Bildung. J o h . M ü lle r schreibt dem Auge von Myxine eine, freilich sehr beschränkte
Lichtempfindlichkeit zu.
G. H a r r i s 3) bestätigt das Vorhandensein eines Sehorgans bei Myxine glutinosa; er beschränkt
sich aber auf die Angabe, dass dasselbe, weil von der H a u t bedeckt, schwer erkennbar sei.
W ilh . M ü l l e r 5). Das Auge liegt im Bindegewebe eingebettet neben dem hinteren Ende der
Riechkapsel und ist durch Muskeln und die Körperhaut bedeckt. Es wird von einer Kapsel eingeschlossen;
die 0,01 bis 0,016 mm stark, aus fibrillärem Bindegewebe besteht. Diese Kapsel sendet „einen
annähernd pilzförmig gestalteten Fortsatz von 0,02 mm Höhe von der Mitte des lateralen Umfangs in das
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Innere des Auges. Dieser Fortsatz besteht aus einem dünnen Stiel und einem umfangreichen, im Auge
selbst liegenden Abschnitt von annähernd kugeliger Form, welchem die eigentliche Retina, wie dem
Bindesubstanzstock einer Papille das Epithel, aufsitzt“. In der Kapsel sind reichliche Gefässe, von
denen aus eine kurze Schlinge sich auch in jenen Fortsatz hinein erstreckt. Der Vorsprung wird durch
eine zarte Membran begrenzt. Pigmentirung findet sich in dem ganzen Organ, abgesehen von ganz vereinzelten
gelblichen Körnern, keine vor. Die Augenblase selbst besteht aus der einschichtigen Pigmentlamelle
und der mehrschichtigen Retina, die an der Eintrittstelle des Fortsatzes in einander übergehen.
Dies geschieht in der Art, dass das bisher einschichtige Pigmentepithel zunächst zwei-, dann drei- und
mehrschichtig wird. Die tiefer liegenden Zellen zeigen dabei Neigung, sich in Fasern auszuziehen, die
sämmtlich der Oberfläche jenes Vorsprunges zustreben, um sich daran zu befestigen. Die Netzhaut besteht,
von Aussen nach Innen betrachtet, zunächst aus einer Sehzellschicht, die die Sehelemente und
äusseren Körner umfasst. Sie enthält neben den eigentlichen Sehzelleu noch andere, kleinere Elemente,
die sogenannten Fulcrumzellen, die in theils gerade nach In n en verlaufende, theils sich verästelnde Fortsätze
übergehen; diese stehen zuweilen mit den Ausläufern der Pigmentepithelzellen im Zusammenhang.
Es folgt nun, bei dem Fehlen einer Granulosa externa, sogleich die innere Körnerschicht, die durch
eine Lage von Parallelfasern wieder in zwei Schichten getrennt wird. Die äussere davon besteht aus
grossen runden, die innere aus kleinen elliptischen Zellen, die ebenfalls Neigung besitzen, sich in radiäre
oder horizontale Fasern auszuziehen. Es folgt die Granulosa (interna) und dann die Ganglienschicht.
Die Elemente dieser letzteren zeigen meist zwei, seltener drei Fortsätze. Der eine derselben strebt nach
der Tiefe der Retina, ist jedoch sehr schwach und verliert sich sehr bald, der andere ist stets nach dem
Opticus zu gerichtet; er ist stärker und meistens weit zu verfolgen, zuweilen lässt sich sein Zusammenhang
mit den Opticusfasern constatiren. Die innerste Schicht ist die der Opticusfasern. Die starren
Faserzellen, die sich in der Retina häufig finden, entsprechen den Radiärfasern. Sie sind her vorgegangen
„aus der Anpassung eines Theils der indifferenten, die Anlage ursprünglich herstellenden Epithelialgebilde
des Neuroderm“, also ectodermalen Ursprungs. „Bleibende Bestandtheile, welche aus dem Mesoderm
abzuleiten wären, besitzt die Retina von Myxine überhaupt nicht.“ Eine Linse fehlt. Die Glaskörperanlage
repräsentirt jener Fortsatz der Augenkapsel. Das Pigmentepithel besitzt Ausläufer gegen
die Retina hin. Iris und innere Augenmuskulatur fehlen, desgleichen die äussere. Eine Differenzirung
von Sclera und Cornea h a t noch nicht stattgefunden.
K r a u s e 6) erklärt die von W ilh . M ü lle r als solche beschriebenen Fulcrumzellen der äusseren
Körnerschicht für Sehelemente und zwar für Stäbchenzellen.
W i e d e r s h e im 7). Der elliptische Augapfel von Myxine ist rings von einer starren Kapsel
umhüllt, in der sich eine kapilläre Gefässausbreitung findet. Linse, Iris und eine deutliche Sclera
fehlen. Das Auge ist durch eine Muskellage von der äusseren H au t getrennt, „sodass s e l b s t v e r s
t ä n d l i c h auch von keiner Cornea die Rede sein k ann“.
Bibliotkeca zoologica. Heft XIII.