im engeren Sinne, wie ich ihn nannte, w ird dabei insoferne in Mitleidenschaft gezogen, als er
der Vorwärtsbewegung des Penisendes, an dem e r seinen Anfang nimmt, folgen muss. E s kann
dies dadurch geschehen, dass zunächst etwaige Biegungen und Krümmungen, dje e r machte, verschwinden,
w e ite r aber dadurch, dass e r selbst in die Länge gezogen wird. Sein Ende muss der
ganze Ausstülpungsprocess dann erreichen, wenn der Ductus zu ganzer Länge g estreckt is t: wo
w ir einen Penis besonders m a rk irt finden, .da re p rä s e n tirt das äussere Ende desselben diesen
P u n k t, wo ein Unterschied zwischen ihm und Ductus im engeren Sinne n ich t angedeutet ist,
w ird er durch die Verhältnisse von selbst bestimmt.
D e r ausgestülpte Penis, wie w ir ihn in unseren mikroskopischen P räp a ra te n des lebenden
Thieres zu sehen bekommen, d ü rfte wohl kaum ein richtiges Bild von dem Organe geben, wie
es im Zustande freiwilliger He rvorstülpung von seiten seines Besitzers aussieht. Meist is t es
d er durch das Deckgläschen ausgeübte Druck, der das H e rv o rtreten verursacht, und wie sich
die Thiere selbst u n te r diesem zusammenziehen, soweit ihnen das u n te r den obwaltenden Verhältnissen
möglich ist, so ha lten sie auch den Penis so c o n trah irt als möglich. Sicher is t er im
freiwillig entwickelten Zustande, w orauf uns schon seine so reiche A u ss ta ttu n g mit-Muskulatur
hinweist, einer ausserordentlichen Beweglichkeit und besonders einer grossen Dehnbarkeit fähig.
U n b e g r e n z t aber is t diese D ehnbarkeit n i c h t , vielmehr werden auch ih r ih re bestimmten
Schranken vorgeschrieben sein. Ich erwähne dies h ie r n u r beiläufig, werde aber sp äte r noch
einmal au f diese Verhältnisse zurückkommen müssen.
Ic h habe h ie r die A r t und Weise, wie der Cirrus unserer W ürme r zu r Entwickelung
nach aussen gebracht w ird , etwas ausführlich geschildert, und „ich th a t dies deshalb, um zu
beweisen, dass das H e rv o rtre ten desselben a n d e r s a l s i n F o l g e e i n e r U m s t ü l p u n g b e i
s e i n em B a u e n i c h t m ö g l i c h i s t . Bekanntlich h a t v. L instow in seiner A rb e it über das
Distomum cylindraceum') ausdrücklich hervorgehoben, dass der „Cirrus bei der Copula h e r v o r g
e d r ä n g t , a b e r n i c h t h a n d s c h u h f i n g e r f ö r m i g a u s - u n d e i n g e s t ü l p t “ werde. Ich
habe den Penis gerade von Dist. cylindraceum nich t nach aussen h e rv o rtre ten d gesehen, aber aus
seinem B a u e habe ich die Ueberzeugung gewonnen, dass ein einfaches Hervor drängen desselben
n i c h t stattfinden k a n n , und dass demnach die Beobachtung v. L instow’s a u f irgend einer
Täuschung beruhen muss. Da der oben geschilderte Aufbau des männlichen Copulationsapparates,
wie es scheint, bei allen bis je tz t bekannten und mit ihm ausgerüsteten Distomen im Princip der
gleiche ist, so g ilt fü r diese auch die Folgerung, dass dieser Cirrus, wenn e r h e rv o rtre ten soll, umg
estülpt werden muss. Andererseits re s u ltirt aber aus seinem blossen Vorhandensein noch nicht
die Nothwendigkeit, dass e r auch immer f u n g i r e n , resp. zwecks U ebertragung von Sperma
nach aussen h e rv o rtreten muss . Namentlich, wenn es sich um eine Selbstbefruchtung, d. h. eine
Samenübertragung in die eigenen, weiblichen Genitalien handelt, erscheint eine Entwickelung des
Penis n i c h t unbedingt nöthig, denn auch ohne sie is t die L e itu n g nach aussen durchaus conti-
nuirlich und derjenigen gleich, die w ir hei Dist. folium u. a. kennen lernten. Hingegen is t durch
die Entwickelung dieser Copulationsorgane die Möglichkeit einer B e g a t t u n g , d. h. der Ueber-
J) v. Linstow, Ar eh. f. mikr. Anat. 36, 1890. p. 181. Ich wies schon oben daranf hin, dass v. Linstow in
diesem Penis anch eine „mächtige Radiärmnskellage“ beschreibt und abbildet. Yon einer solchen ist in Wirklichkeit
keine Spur vorhanden; der Abbildung nach komme ich auf die Vermuthung, dass der Verfasser die radiär nach innen
gerichteten Zäpfchen und Zöttchen der Innenwand für eine solche Radiärmuskellage angesprochen hat.
trag u n g von Samen in die Leitungswege a n d e r e r Individuen gegeben; in Folge der besonderen
Ausbildung der Genitalien kann je tz t ein und dasselbe Thier durch Selbstbefruchtung, Selbstb
egattung und gegenseitige Begattung geschlechtlich th ä tig sein.
In dem bis jetsjt besprochenen F a lle handelte es sich zunächst lediglich um eine E n twickelung
des Copulationsapparates selbst. Bei dieser findet also eine Umkehrung der Lagerungsverhältnisse
s ta tt, indem die bisherige Innenwand zu r Aussenwand, die bisherige Aussenfläche
zu r Innenfläche wird. Namentlich die e rstere zeigte, wie w ir sahen, eine verschiedene Skulptur,
die nunmehr zu r Oberflächenskulptur wird, dadurch aber, dass sie dabei auf eine grössere Oberfläche
sich zu vertheilen ha t, reduc irt, ja in einzelnen Fällen, wo sie von vornherein nicht sehr
s ta rk ausgeprägt war, vollständig abwesend erscheint, so dass der ausgestülpte Cirrus dann „ g la tt“
is t (Dist. globiporum). Sehr formidabel p rä s e n tirt sich dagegen im entwickelten Zustande der
stachelige Penis des Distomum perlatum (Fig. 83, Taf. IV). Am vordem Ende desselben schlagen
sich seine Wandungen nach innen um und gehen continuirlich in die des Ductus ejaculatorius
über, der den Penis in ganzer Länge durchzieht, und mit der Samenblase in Verbindung setzt.
Die A u s t r e i b u n g der Samenmassen erfolgt, wie ich glaube, s te ts durch die T h ä t i g -
k e i t d e r S a m e n b l a s e n w a n d , die ja ih re eigene Muskulatur b esitzt und bei den Distomen
ohne Cirrusbeutel allein die Entleerung zu besorgen vermag. Jedenfalls kann man sich durch
die Beobachtung s eh r leicht davon überzeugen, dass die Hervordrängung, resp. Hervorstülpung
des Cirrus allein noch nich t einen Samenerguss z u r Folge ha t, was wohl der F a ll sein müsste,
wenn der Druck des Cirrusbeutels fü r sich einen solchen zu bewirken vermöchte.
E s is t nun endlich nicht der Cirrus a l l e i n , welcher zum H e rv o rtreten nach aussen
gebracht werden kann, sondern auch der G e n i t a l s i n u s . Am deutlichsten is t dies zu erkennen
da, wo derselbe eine von dem Copulationsorgane verschiedene Bekleidung h a t, also z. B. bei dem
Dist. perlatum. In Fig. 84, Taf. IV is t der vorgefallene Sinus von einem noch sehr jungen
Exemplare dieses Wurmes zu r Darstellung gebracht. Beide Genitalpori liegen, je tz t an der Oberfläche
des Körpers, die männliche als runde Oeffnung au f der Spitze des papillenartig hervortretenden
Atriums, die weibliche, in der F ig u r weniger deutlich, als schmaler Spalt au f der dem
Beschauer zugekehrten Seite an d e r Papillenbasis; ih r Eingang is t durch den Pfeil bezeichnet.
Die den Genitalsinus sonst nach aussen abschliessende Ringmuskulatur umgiebt bandförmig den
Fuss der Papille. Die Umstülpung des Genitalsinus ist, wie ich glaube, das W e rk der gesammten
K ö r p e rm u sk u la tu r; allerdings w ird zu r Erzielung gerade dieses Effectes in der Umgebung des
Geiiitalporus immer gleichzeitig ein locus minoris resistentiae geschaffen werden müssen. In
dieser Hinsicht is t es sicher nich t ohne Bedeutung, dass die Geschlechtsöffnung, was ich allerdings
n u r hei Dist. perlatum deutlich erkennen konnte, von einer Gabelung der ventralen Längsnerven
ringförmig umfasst w ird (cf. Fig. 90, Taf. IV).
W irk en nun endlich Körper- und Cirrusbeutelmuskulatur vereint, dann is t es leicht
ersichtlich, dass Genitalsinus und Penis zu gleicher Zeit z u r Umstülpung gelangen können. Bei
Individuen, die während der Beobachtung u n te r stärkerem Drucke liegen, t r i t t dies g a r nicht
selten ein; natürlich, dass sich zu diesen Beobachtungen am besten Thiere mit seitlichem Genital-
porus eignen, da bei ihnen die hervortretenden Organe freien Raum finden, während sie hei
v e n tra le r Lage der Genitalöffnung durch das Deckgläschen zurückgehalten werden. Liegen
Thiere der letzteren A r t aus irgend einem Zufall auf der Seite, dann kann man auch bei ihnen
eine Entwickelung der Copulationsorgane antreffen.