eine strenge A u s e i n a n d e r h a l t u n g der einzelnen Theile des gesammten Syst'emes nicht dnrch-
geführt, nnd dass dies dann hauptsächlich in der B e n e n n u n g derselben zum Ausdruck gekommen
ist. Ich glaube sp äte r den Nachweis zu führen, dass d i e s e l b e n Theile gelegentlich
mit v e r s c h i e d e n e n Namen, v e r s c h i e d e n e Theile mit d e n s e l b e n Namen bezeichnet
worden sind.
Im Gegensatz hierzu habe ich nu n gefunden, dass der excretorische A p p a ra t bei den
wenigen von mir untersuchten Distomen, tro tz aller Abweichungen im einzelnen, doch einen Bau
aufweist, der entweder ganz der gleiche is t, oder sich wenigstens bis zu einem gewissen
Grade a u f dieselbe Grundform zurückführen lässt. Diese Grundform aber scheint nun zu gleicher
Zeit nicht n u r fü r unsere Fisch- und Froschdistomen ih re Geltung zu haben, sondern auch fü r
eine nicht geringe Zahl anderer A rten , soweit man das aus den bis je tz t über dieselben vorliegenden
Angaben entnehmen kann.
Ehe ich nun au f die Darstellung der Verhältnisse selbst eingehe, w ird es unbedingt nöthig
sein, die Benennung der einzelnen Theile des Systemes und die Abgrenzung derselben genau zu
präcisiren. Man unterscheidet je tz t an dem Excretionsgefässsystem unserer W ürmer allgemein
\d e r Theile, die sog. E n d b l a s e oder den Sammelraum, die S a m m e l r ö h r e n oder schlechthin
G e f ä s s e , die C a p i l l a r e n und die E n d t r i c h t er. Diese Gliederung is t eine durchaus n a tü rliche,
und sie lä ss t sich auch überall erkennen; in Bezug au f das Verhalten der einzelnen Glieder
zu einander jedoch, und zu den entsprechenden Gliedern anderer Formen, ergeben sich bei einer
vergleichenden B etra ch tu n g m itu n te r Differenzen, die fa s t den C h a rak te r von Widersprüchen
tra g e n können. Diese Differenzen und Widersprüche aber liegen n u r in der abweichenden Abgrenzung
und Benennung der einzelnen Abschnitte und existiren in W ah rh e it nicht, oder höchstens
in ganz untergeordnetem Maasse.
Dass die oben genannte Gliederung des Excretionsappärates eine natü rlich e ist, w ird uns
sp äte r die Verfolgung seiner Entwickelungsgeschichte lehren; sie lä ss t sich aber auch vom anatomischen
und histologischen Standpunkte aus durchführen. In beiden Fä llen aber e rh a lten wir
von dem Gesammtbaue des A pparates ein so einheitliches Bild, dass es demjenigen von Nervena
p p a ra t und Darm nichts nachgiebt. Ic h will, ehe ich näher a u f die Darstellu n g eingehe, zuvor
noch d a ra u f hinweisen, dass das, was ich h ie r anführe, sich in e rs te r Linie n u r au f die von mir
untersuchten Species beziehen k a n n ; ob dasselbe allgemeinere Gültigkeit ha t, und bis zu welchem
Grade, müssen spätere Untersuchungen erweisen.
Da bei der Untersuchung der einzelnen Abschnitte ih r h i s t o l o g i s c h e r B a u eine
bedeutsame Rolle spielt, so wenden w ir uns zunächst dessen Besprechung zu.
Die S a m m e l b l a s e zeichnet sich ganz allgemein aus durch den Besitz e i g e n e r ,
z e i l i g e r Wandungen, die wohl in allen Fä llen durch eine Auflagerung contractiler Elemente
die F äh ig k e it selbstständiger Bewegungen erlangen. Die Wandungen sind, namentlich, wenn die
Blase s ta rk ausgedehnt i s t , ausserordentlich d ü n n , und da ausserdem die Zellen, welche sie
zusammensetzen, m itu n te r sehr wenig zahlreich und deshalb s ta rk flächenhaft v e rb re ite rt sind,
so is t es nicht leicht, sie als solche zu erkennen. Wohl aber gelingt das gewöhnlich mit den
Kernen der Wandzellen, die auch im A lte r nich t verloren gehen, sondern immer als buckela
rtig e Hervorragungen der Innenseite der Blasen wand aufsitzen. Auch sie finden sich aber, entsprechend
der geringen Zahl der in die Bildung der Blasenwand gewöhnlich eingehenden Zellen
n u r in geringer Zahl vor, und es is t deshalb sehr erklärlich, dass man bei der Untersuchung
von Schnitten, wenn nicht gerade zufällig einer, der Kerne zu r Beobachtung kommt, den Eindruck
der S tru cturlosigkeit von diesen Wandungen gewinnen kann. • Hingegen sind sie auf
frischen Präparaten^, wo man grössere Flächen des Organes a u f einmal zu übersehen vermag,
mit Leichtigkeit aufzufinden, vor allem bei noch jüngeren T h ie ren 1).
Eine Eigenthümlichkeit in der A u ss ta ttu n g der inneren Blasen wand, die ich mir zunächst
nicht erklären kann, aber auch nicht mit Stillschweigen übergehen will, fand ich bei meist
jüngeren, aber auch einigen ä lteren Individuen von Distomum perlahim, globiporum und isoporum.
Hier zeigte nämlich das bei jungen Thieren noch völlig • deutliche Epithel der Blase auf seiner
Innenfläche einen unverkennbaren Besatz mit n ich t s eh r dicht stehenden, feinen Härchen
(Fig. 100 u. 111, Taf. V). Dieselben waren am grössten bei Dist. isoporum iind mässen dort
0,007—0,008 mm; ausserdem zeigten sie eine unregelmässige, leise zitternde und sehr oft aussetzende
Bewegung Ich dachte hierbei zunächst an jene stäbchenförmige Gebilde aus dem
Nierenapparate der Hirudineen, die frü h er als Ha are oder K ry s tä lle beschrieben, von Leuckart
jüngst als Bakterien erkannt w u rd en 2). Indessen erwiesen sie sich- doch einmal als unzweifelha
fte F o rtsä tz e der Epithelzellen, sie fanden sich auch niemals frei iih-Innenraume der Sammel-
bla.se, und waren bei den beiden anderen Würmern s te ts bewegungslos, auch bedeutend kürzer,
als bei D. isoporum. Was sie zu bedeuten haben, is t mir noch völlig dunkel.
Ich habe nun weiter gefunden, dass bei allen den%isch- und Froschdistomen die zellige
Blasenwand auf ih re r Aussenfläche einen Belag von Muskelfasern t r ä g t ; allerdings sind dieselben
in re ch t verschiedener Zahl und Dichte ausgebildet. Man kann sich zunächst meist au f den
ersten Blick schon davon überzeugen, dass die Wände selbstständig contráctil sind, d. li. sich
züsammenziehen und sich wieder ausdehnen, ohne dass diese Bewegung nachweisbar von dem
umgebenden Parenchyme ausginge. Von Muskelfasern,, selbst is t in der ersten Zeit nach Anfertigung
des P räp a ra te s an der Blase freilich keine Spur zu bemerken, dieselbe t r i t t e rs t später
hervor. Ich habe in der* Einleitung schon Gelegenheit genommen, d a rau f hinzuweisen, dass man
n ich t unmitte lba r nach der Entnahme des Wurmes von seinem Wohnorte und der Versetzung
desselben u n te r das Deckgläschen das schärfste Bild von seiner Organisation e rh ä lt, sondern dass
dies gewöhnlich e rs t einige Z eit, mitu n te r mehrere Stunden d a rau f e in tritt. Auch das Gefässsystem
Ü Es bedarf wohl kaum der Betonung, dass der Nachweis? dieser Zellen um so leichter ist, je grösser die Wurmformen
sind, um deren Untersuchung es sich handelt. Mit der Grösse der Thiere wächst im Allgemeinen auch die Grösse
der Excretionsblase und die Zahl der sie auskleidenden Epithelzellen, und so sind die letzteren daselbst wobl iiberaü
erkannt worden. Nicht aber bei den kleineren und kleinsten Arten, wo oft nur ein P aar Dutzende von Zellen zur Auskleidung
der Blase genügen und diese sich dann der Auffindung viel leichter entziehen. Es ist fernerhin leicht einzusehen,
dass die jeweilige Form, unter .welcher sich die Blasenepithelzellen präsentiren, in erster Linie abhängt von den besonderen
Füllungs2uständen eben der Blase selbst. Die Dehnbarkeit der letzteren is t eine ganz ausserordentliche, was man besonders
bei längere Zeit unter Druck liegenden Würmern, wie ich schon mehrfach hervorhob, beobachten kann. Natürlich
wirkt die Ausdehnung der Wand auf die Gestalt ihrer Epithelzellen ein: bei züsammengefallener Blase deutliche Zellen
mit Protoplasma und Kern, werden die letzteren mit zunehmender Füllung und Ausdehnung so flach und hautartig, dass
womöglich nur der nicht sich verflachende Kern auf ihre Existenz hinweist, kehren aber beim Entleeren und Zusammenfallen
zu ihrer früheren Form zurück. Ich hebe dies besonders hervor, weil Mo n t ic e l l i (1. c. pag. 5 0 ) die plattenartig
dünne Form als die Folge einer Degeneration auffasst, welcher die ehemals wohlausgebildeten Epithelzellen unterliegen
sollen. Von einer solchen Degeneration, kann keine Rede sein; die Verschiedenheiten der Form, in welcher sich unsere
Elemente präsentiren, ist vielmehr lediglich eine Folge des jeweiligen Füllungszustandes der Blase, d. h. des Dehnungszustandes
ihrer Wand (Nachträglicher Zusatz).
2) Le u c k a r t , Ueber d. Infundibularapparat d. Hirudineen. Ber. d. K. S. Gesellsch. d. Wissensch. 1898.