. Weiblicher Leitungsapparat.
K e im g a n g und LAURER’s c h e r C a n a l mi t R e c e p t a c u l u m s emi n i s . Bei der oben
beschriebenen Cercaria macrocerca und duplicata zeichnete sich der Keimgang bereits durch eine
kleine mediane Verdickung in seinem Verlaufe aus; eine solche fe h lt bei der Mehrzahl der
anderen Cercarien (z. B. Fig. 177, Taf. IX, Bist, endolobum) noch; ih re Entsteh u n g re p rä s en tirt
h ie r bereits den ersten S c h ritt in der A u s b i l d u n g des Apparates. In diesem F a lle se tz t sich'
auch der Keim stock noch fa s t g a r n ich t gegen seinen späteren Ausführungsgang ab , beide
reprä sentiren einen einfachen, kurzen und an seinem Ende kaum merklich angeschwollenen Zellenstran
g , dessen histologische Elemente äusserlich auch keinerlei Verschiedenheiten erkennen lassen.
Sowie aber der Keimstock seinen specifischen Entwickelungsweg an t r i t t , vollzieht sich na tü rlich
auch die äusserliche Scheidung (Fig. 178, Taf. IX) beider. W as die Anlage des Keimganges
betrifft, so e rfolgt zu erst an ih r augenscheinlich eine geringe Vermehrung des zelligen Baumateriales,
die mit.einem Wachsthum und einer medianen Verdickung verbunden is t; sie fü h rt
so zu einem Stadium hin, wo die Anlage der oben geschilderten der Cercaria macrocerca durchaus
entspricht. Von h ie r ab nimmt die Periode der Streckung und der Lumenbildung ih ren Anfang;
die Kerne, die bisher ziemlich dicht aneinander g elagert waren, beginnen auseinanderzurücken
und feinkörnige Protoplasmamassen tre te n zwischen ihnen auf. Dabei lag e rn sie sich immer mehr
der äusseren Wan d des späteren Ganges an, während in der axialen Protoplasmamasse h ie r und
da eine scharfe, verschiedentlich gebogene Linie sich zeigt: die erste Andeutung der Bildung
des Lumens. An einzelnen Stellen verdickt sich die Linie und es tre te n in ihrem Verlaufe dann
kleine, mit einer vollkommen kla ren Flüssigkeit gefüllte Lacunen auf, die längs des Spaltes sich
w e ite r ausdehnen und bald zu einer Aushöhlung des gesammten Keimganges führen. Nach dem
Keimstocke hin bleibt der le tz tere zunächst aber noch geschlossen, ebenso wie im peripheren
Theile des L aurer’sehen Canales n<)ch kein Lumen vorhanden ist.
Schon ziemlich frühzeitig, ganz im. Beginne der Lumenbildung kann man u n te r Umständen
— nich t überall -H a n dem basalen Theile des L aurer’sehen Canales eine kleine Zellen- oder vielmehr
Kernanhäufung bemerken, die bald etwas zunimmt und dann deutlich als einseitige, buckela
rtig e Geschwulst an demselben erscheint (Fig. 178, 187, Taf. IX, R S). Allmählich beginnt das
sich consolidirende Lumen, wenn es in dem Basaltheile a u f tr itt, auch in diese Zellwucherung
hinein vorzudringen. W ir e rhalten dann an dem Canale eine kleine seitliche Aussackung, eine
Tasche, deren Wände von Zellen, den Abkömmlingen der Epithelzellen des Canales, gebildet
werden (Fig. 179, 180, R S , Taf. IX): es is t das Receptaculum seminis, seiner Entsteh u n g n a ch
also ein Differencirungsproduct der W and des L aurer’sehen Canales, und d i e s em, a b e r n i c h t
dem K e im g a n g e z u g e h ö r i g !
Mit dieser Beobachtung, die ich überall da bestätigen konnte, wo ich von Receptacula-
tragenden A rte n die nöthigen Altersstadien zu r Beobachtung e rh ie lt (Bist, endolobum, medians,
clavigerum, perlatum, isoporum, nodulosum), erledigt sich wohl die einzige Angabe, welche über
die Entwickelung unseres Gebildes in der L i tte r a tu r meines Wissens bis je tz t vorliegt, die von
v. L instow. Derselbe b e rich te t über das Receptaculum seminis des Bistomum ovatwn: die Drüse
is t in ih re r ersten Anlage durchsichtig und farblos, und s te llt eine Mutterzelle dar, die in ihrem
In n e ren zahlreiche Tochterzellen von verschiedener Grösse mit Ke rn und Kernkörperchen enth
ä lt, durch deren Auflösung der Hohlraum hergestellt w i r d 1). S chwarze scheint (1. c.) das
richtige Receptaculum seminis überhaupt nicht e rk an n t zu haben, was 'allerdings au f Schnitten
durch die kleinen von ihm untersuchten W u rm a rten auch schwer genug ist.
Ku rz nachdem die ersten Anfänge des Lumens sich gebildet haben, bemerkt man an der
Aussenwand des Keimganges auch die Vorboten der Entwickelung der M uskulatur; es is t der
schon oben geschilderte, doppeltcontourirte Saum, dessen, weitere Entwickelung ganz in der
beschriebenen A r t und Weise geschieht. Zugleich zeigt sich aber auch au f der Innenfläche der
Epithelzellen eine neue Erscheinung. Abgesehen von den buckelartig nach innen, in das Lumen
hinein, vorspringenden Kernen waren dessen Begrenzungsflächen, die inneren Oberflächen der
Epithelzellen, bis je tz t noch völlig g l a t t . Das än d ert sich nunmehr, indem au f ihnen winzige
Spitzchen sich zu zeigen beginnen, die, allmählich an Länge zunehmend, zu deutlichen Haaren
heran wachsen, zunächst aber noch vollkommen s ta r r in das Lumen des Keimganges hineinragen
(Fig. 110, Taf. V, 180, 188f Taf. IX etc.). Es sind die Anlagen der bekannten F l imme r h a a r e ,
und sie finden sich demgemäss hauptsächlich in dem Keimgange und im Anfangstheile des
LAURER’schen Canales und des Receptaculum seminis. Später, wenn die Ausbildung des ganzen
Leitungsapparates nahezu vollendet ist, und die Zeit der Geschlechtsreife bevorsteht, beginnen
sie, nachdem sie zu voller Länge herangewachsen, auch ih re Bewegungen. Dieselben sind, wie
ich mehrfach beobachtet, zuerst mehr z itte rn d e und laufen, in längeren Pausen intermittirend,
wie kurze Erschütterungswellen über die Härchen hin. Allmählich werden die Pausen zwischen
den Bewegungsmomenten kleiner, die Bewegungsperioden häufiger und es h a t mir dabei manchmal,
auch bei erwachsenen Thieren noch, fa s t unabweislich den Eindruck gemacht, als ob die
Perioden d e r Th ä tig k e it zum Theil von einem Willensacte des Thieres abhängig wären. Genaueres
hierüber w a r allerdings bis zu r Z e it noch nicht zu ermitteln. Bei erwachsenen und
geschlechtlich th ä tig e n Thieren is t die Bewegung der Ha are eine sehr energische.
Au f diese Weise nimmt der Keimgang allmählich seine definitive Gestaltung an und u n te rscheidet
sich von dem der ganz grossen Thiere n u r dadurch, dass seine Wände, tro tz der
inzwischen vollendeten Ausbildung der Muskulatur und dem Besitze der Flimmerhaare, noch deutlich
die K e r n e der Epithelzellen in sich erkennen la ss en ; bei einigen A rten bleibt das, wie wir
oben sahen, sogar zeitlebens der Fall, fcei anderen sind sie im A lte r verschwunden, und die
ursprüngliche Epithelwand is t zu einer scheinbaren „Tunica p ro p ria “ geworden. Der L aurer’sehe
Canal schliesst sich diesem Verhalten in jeder Beziehung an, n u r dass seine.Vergrösserung und
auch die Zunahme an W eite kaum nennenswerthe sind; möglicherweise is t namentlich der letztere
U m s tan d die Ursache, dass die Ringmuskulatur, welche bei dem s tä rk e r erweiterten Keimgang
aus ziemlich dünnen, feinen F a s ern besteht, h ie r viel gröber und derber, aber auch unregelmässiger
sich zeigt (Fig. 148, Taf. VH, 159, Taf. VHI). Das Receptaculum seminis entwickelt
sich in den einzelnen Fällen sehr verschieden weit, und demnach scheint sein Bau im definitiven
Zustande auch wechselnd. Ursprünglich ein dem LAURER’schen Canale anhängendes Bläschen mit
zelligen Wandungen bekommt es n a tü rlich au f der Aussenseite bald seine Ringmuskulatur, sowie
1).v. LlNSTOW, Einige nene Distomen etc. Arch. f.’ Näturg. 39. I, 1873. p. 101. Wie v. LINSTOW (cf. oben
pag. 207), so erklärt aueb Mo n t ic e l l i in seiner neuesten Arbeit das Receptaculum für ein Differencirungsproduct des
Keimganges (1. c. p. 106). Die oben mitgetheilten Befunde sind es, welche mich veranlassen, diese Auffassung v. Lin s t o w 's
und Mo n t ic e l l i ’s . für eine irrige zu erklären (Nachtr. Zusatz).
Ribliotheca zoölogica. Heft 16. 34