F o rtsä tz e der Darmzellen zu erblicken, von denen mannicbfacb in der L itte r a tu r die Rede ist.
W a r scbon ih re sehr regelmässige Gestaltung und Anordnung einer solchen Annahme n ich t sehr
günstig, so habe ich mich auch bei allen anderen Formen bis je tz t nich t von der wirklichen
F äh ig k e it einer amoeboiden Bewegung bei den Darmepithelien überzeugen können; möglich aber
dass n u r meine geringere Aufmerksamkeit. au f die Verhältnisse des Darmes daran schuld ist.
Endlich finden w ir bei einer Anzahl anderer W u rm a rten (bes. Dist. tereticölle, folium) au f der
Innenseite dem Darmepithele nicht einzelne h a a ra rtig e Fo rtsä tz e aufsitzen, sondern dasselbe is t
nach innen geradezu in sehr lange, dichtgedrängt stehende und sehr feine F ä d e n z e r f a s j j r t
(Fig. 70, Taf. IV). Dieselben finden sich in der gleichen Weise auch bei Amphistonium siibclavakmi
entwickelt, und wurden bei Amph, conicum schon von Blumberg, bemerkt, aber fü r Flimmerhaare
angesehen'). Neuerdings wurden sie auch aufgefunden bei den Apoblema&rten von J uel. a) Im
Leben e rh ä lt man bei ganz frischen Würmern zunächst den Eindruck, als ob die Darminhaltsmassen
s tets durch einen mehr oder m in ie r breiten, leeren Zwischenraum von dem Rande des,
Epithels g e tre n n t seien; bei Betra ch tu n g mit s ta rk en Vergrösserungen findet man diesen Raum
e rfü llt mit einer ganz klaren, ausserordentlich fein-, aber verworren streifigen Masse, die e rs t
nach Verlauf einiger Zeit deutlich die einzelnen F a s ern erkennen lässt. Ob diese F o rtsä tz e den
von Sommer bei Distomum hepaticum, beschriebenen pseüdopodienartigen F o rtsä tz en der Darmzellen
entsprechen, oder der feinen Spitze, in welche die Epitlielzellen anderer Arten (Dist. pulmonale u. a.)
sich ausziehen, kann ich hier nich t entscheiden8).
Was endlich die Nahrung unserer Thiere anlangt, so d ü rfte von Interesse sein, dass der
bei weitem grösste Theil von ihnen augenscheinlieh n u r den Darm i n h a l t ih re r W irth e oder die
an dem Orte ihres Sitzes sonst vorhandenen Abfälle oder Secrete verzehrt. ~ In vielen Fällen
w a r daneben allerdings wenigstens die Möglichkeit vorhanden, dass ausser den abgestorbenen
und freiwillig von dem W irth e abgestossenen Elementen auch lebendige, von den P a ra s ite n selbst
aus ihrem Verbände herausgerissene aufgenommen worden waren. N u r zwei Formen, die beiden
Lungendistomen des Frosches, geniessen B lu t als regelmässige Nahrung; zu. Zeiten tr if f t man
B lu t auch in dem Darme des Dist. tereticölle, bei diesem aber u n te r Umständen, die- d a ra u f hindeuten,
dass dasselbe n u r als E rs a tz fü r die zufällig nich t vorhandene, regelmässige Speise eing
e tre ten ist. F ü r die Herleitung der parasitischen Lebensweise bei unseren Thieren dü rften
diese Verhältnisse übrigens nich t ganz ohne Bedeutung sein.
0. Nervensystem.
Aus den bei Beschreibung der einzelnen Wurmformen gegebenen Darstellungen des Nervena
pparates wird man, denke ich, die Ueberzeugung gewonnen haben, dass derselbe einen ungleich
complicirteren Bau aufvyeist, als man das bisher angenommen ha t. E s h a t sich aber weiter
‘) B lum b e rg , Ueber den Bau d. Amphist. conicum. Dissert. Dorpat 1871.
?) J uel, Beiträge etc. 1. c. p. 24.
3) H o n t i c e l l i (loco supra cit. p. 37) schreibt diesen Spitzen, speciell bei dem von ihm untersuchten./)/«/.
calyptrocotyle „movimenti attivissimi di allnngamento c contrazione“ , ja sogar „movimenti Serpentini contemporanei a
qnelli di allnngamento e contrazione“ zu. Ich habe bei den von mir untersuchten Arten so etwas nie gesehen, obgleich
ich einzelne Stellen des Darmes mit jenen fadenartigen Fortsätzen länger als eine Stunde aufmerksam controllirte. Selbst
das Auf- und Abströmen des Darminhaltes übte wenig Einfluss auf jene Gebilde aus (Zusatz während der Correcturl.
gezeigt, dass die Nervensysteme der verschiedenen A rten in bemerkenswerther Weise u n te r sich
übereinstimmen und sich dabei durchaus anschliessen an jenen Bau, den vor mehreren J ah ren
Gaffron bei dem durchsichtigen D is tom m isöstomum des Fluskrebses auffand. Da nun die hier
von mir untersuchten Distomen durchaus willkürlich gewählt sind — es sind eben die im Binnen-
lande häufigsten, die man jederzeit lebend und frisch sich beschaffen kann®-, da auch noch andere,
h ie r nicht mitberücksichtigte Formen denselben Bau des Nervensystemes aufweisen, so trag e
ich kein Bedenken, diesen als den fü r unsere Thiere charakteristischen zu erklären. Dass es
bisher nich t h a t gelingen wollen, das Organsystem in seiner ganzen Ausdehnung zu erkennen,
liegt lediglich an der gewählten Untersuchungsmethode, und ich zweifle nicht, dass bei der Anwendung
einer zweckentsprechenderen derselbe Bau, wie hier, bei der grösseren Mehrzahl, ja
zweifellos bei allen Distomen alsbald sich w ird auffinden lassen. Man h a t sich in neuerer Zeit vielfach
d a ra u f beschränkt, conservirte und gefärbte Thiere auf Schnitten zu untersuchen, auch da,
wo das lebendige, frische Object jederzeit zum Studium ebenfalls zu r Verfügung gestanden hätte.
Ich habe schon oben betont, dass ich den W e rth und die Verdienste der Schnittmethode durchaus
n ich t herabsetzen w ill; aber ich ha lte es fü r eine Unterlassungssünde, über ih r die anderen U n te rsuchungsmethoden,
wo solche möglich und anwendbar sind, zu vernachlässigen und h intanzusetzen.
F ü r die Untersuchung des Nervensystems un serer Würmer kenne ich keine ändere, die
das zu leisten im Stande wäre, was die Untersuchung des lebenden Thieres leistet. A u f Schnitten
durch noch so sorgfältig conservirte Exemplare lassen sich namentlich bei den kleineren und
ganz kleinen Formen kaum noch die beiden Hauptganglien und ih re Cömmissur unterscheiden;
in ganz besonders günstigen Fä llen erk en n t man noch einige Bruchstücke der davon ausgehenden
Nerven, — aber mehr zu sehen, is t m ir h ie r nicht geglückt. Ebenso liefern die in neuerer Zeit
m it so glänzendem Erfolge angewandten Imprägnationen der Nerven mit Metallen bei unseren
Distomen keine nennenswerthen R e s u lta te—■ offenbar, dass ih r Nervensystem noch nich t die
Höhe der Ausbildung besitzt, um jene bis je tz t hauptsächlich von höheren T h ie r e n . bekannten
Reactionen hervorzurufen. Ich will allerdings gestehen, dass ich nach den ersten misslungenen
Versuchen weitere Bemühungen in dieser Richtung aufgegeben habe; vielleicht aber, dass nach
den Erfahrungen, die v. Graff'2) mit diesen Methoden an Turbellarien gemacht h a t, doch bei
Anfertigung einer sehr grossen Zahl von P räp a ra te n günstigere R esu lta te sich h ä tte n erzielen
lassen; b e s s e r e Resulta te freilich, als die Untersuchung der lebenden Thiere, dürfte keine noch
so kunstvolle und sorgfältige Behandlungsweise ergeben. Was speciell das Nervensystem anbetrifft,
so kann man, wenn man n u r einmal die Einstellung au f die äusserst blassen Nerven gele
rn t h a t'u n d dieselben zu erkennen v e rsteht, bei einiger Geduld den g e s am m t e n B a u des
A pparates an e i n em u n d d e m s e l b e n Thiere verfolgen. Ich will hervorheben, dass das sichere
Erkennen der Nervenstränge, namentlich an s tä rk e r muskulösen Wurmformen, n ic h t immer ganz
einfach ist, und dass besonders Muskelfasern leicht zu Verwechselungen Anlass geben können.
Wenn man jedoch d a rau f achtet, dass die Nerven s te ts u n t e r h a l b des Hautmuskelschlauches
hinziehen und dass sie, abgesehen von den immer von ihnen sich abzweigenden Seitenästen, auch
n i em a l s den ziemlich g e s t r e c k t e n Verlauf der Muskelfasern einhalten, dann is t es nicht
schwer, sich vor Täuschungen zu bewahren. Jedenfalls habe ich diese Vorsicht beim Studium
*) Gaffron, Zool. Beiträge v. Aj Schneider. Jahrg. 1884.
2) v. Ge AFF, Die Organisation der Turbellaria acoela. Leipzig 1891. p. 2.