Bulbus oculi.
Sehr auffallend sind die gewaltigen Schwankungen in der 'Form des Augapfels. Er stellt zwar
immer, wenigstens annähernd, ein Rotationsellipsoid dar, dessen lange Axe stets ungefähr in der Horizontalebene
verläuft. Die beiden kurzen Axen sind einander nahezu gleich, und es bildet die zur horizontalen
senkrecht gerichtete derselben stets die Aughöhe. Da die lange Axe aber bald senkrecht zur Längen-
axe des Thieres, bald fast parallel zu dieser verläuft, so repräsentiert einmal sie, und dann wieder die zweite
kurze Axe die Augentiefe.
Die Grössenverhältnisse des Bulbus sind gleichfalls ungemein schwankend, und lässt sich auch hinsichtlich
ihrer so ziemlich jede Gesetzmässigkeit vermissen. Höchstens kann man festhalten, dass das Auge
mit zunehmendem Längenwachsthum des Thieres an Volumen ebenfalls zunimmt. Das Sehorgan hält dabei
aber mit dem Wachsthum des Körpers nicht Schritt, sondern bleibt hinter diesem erheblich zurück. Es
lassen sich jedoch häufige Ausnahmen von letzterer Regel konstatieren. Dieselben sind so zahlreich, dass
ich mich dadurch früher*) habe zu der Ansicht verleiten lassen, das Sehorgan von Proteus nehme mit zunehmendem
Lebensalter des Thieres im Vergleich mit dessen Länge an Umfang u n v e r h ä l t n i s s m ä s s i g
zu. Dem ist aber, wie mich eine grosse Anzahl nachträglich unternommener Messungen gelehrt hat, nicht
so. Man findet zwar zuweilen kleine Thiere mit unverhältnissmässig kleinen, grosse mit unverhältnissmässig
grossen Augen, doch sind dies die Ausnahmen: als im Allgemeinen durchgeführte Regel ist die oben angegebene
zu betrachten.
Deckschicht.
Cutis und Epidermis ziehen sich, im Bau fast unverändert, über das Auge hin. Immerhin lässt
sich auch in Betreff dieser Gewebslagen der Einfluss des Schwankens, der Planstörung erkennen, die allen
Theilen des Sehorgans und was zu demselben direkt in Beziehung steht, ihren Stempel aufdrückt. So ist
vor allem das Rete Malpighii, das sich sonst in der Proteusoberhaut in typischer Ausbildung findet, nur
angedeutet, gleichsam mit einer gewissen Nachlässigkeit angelegt, und auch die Schichtung der mehr distal
gelegenen Epidermistheile lässt die typische Regelmässigkeit in ihrem Arrangement vermissen.
Auch die Zusammendrängung der Leydigschen Schleimzellen in der Epidermis vor dem Auge
stellt etwas dem Proteus Eigentümliches dar. Die Bedeutung dieser Einrichtung ist mir, wie ich gestehen
muss, noch immer nicht recht klar geworden. S ch lam p p * * ) nennt sie eine „accessorische Cornea“. Ich
kann mir nun wohl vorstellen, dass für das in seinem Bau vom Typischen so mannigfach abweichende Auge
des Proteus, da es nun doch einmal in beschränktem Masse immer noch zum Sehen zu dienen hat, hinsichtlich
der brechenden Organe zweckdienliche Veränderungen eingetreten sein mögen. Ich glaube freilich
nicht, dass eine durch Zusammendrängen grösserer Schleimzellen gebildete Platte dem Lichtstrahl l e i c h t e r e s
Durchdringen ermöglicht. Darauf käme es aber auch nicht gerade an. Es handelte sich vielmehr darum,
für das in a n d e r e r Weise gebaute, d. h. unter dem Einfluss a n d e r e r physiologischer Bedingungen
stehende Auge Hilfsorgane zu schaffen, die nun, zweckentsprechend, auch a n d e r s funktionirten, als
gewöhnlich. Es wäre damit dann auoh die Nützlichkeit einer solchen „accessorischen Cornea“, die man
freilich mit demselben Recht oder Unrecht „accessorische Linse“ nennen könnte, glaubhaft gemacht.
Es ist dabei jedoch Folgendes zu bedenken: ¡|n in a l hat der fragliche Complex eine Ausdehnung,
welche die Bulbushöhe stets weit ühertrifft und zwar mit fortschreitendem Wachsthum des Thieres in immer
höherem Grade. Es verhält sich, z. B. bei einem Exemplare von 1j3. cm. Länge d ie . Augenhöhe zum
Durchmesser: jen e r Zellplatte wie 1 : 3,4 und die Platte wird, verglichen mit dem Bulbus, fast glelchmässig
fortschreitend immer grösser, so dass sich für ein Thier von ¡ 82,2 cm Länge die Werthc 1 : 4,7 ergeben.
Ebenso verhält sich die Platte beim Vergleiche mit dem Durchmesser der Pupille, um die grösste
Distanz der Augenbecherränder kurz so zu bezeichnen. Auch imVerhältniss zu dieser zeigt der fragliche
Zellkomplex eine im Verlaufe der Weiterentwicklung ganz bedeutend sich steigernde Grössenzunahme,
während er mit dem Längenwachsthum des Thieres selbst, von einzelnen Schwankungen abgesehen, im Allgemeinen
etwa gleichen Schritfc|ajt, Bei sehr ¡p is s en Thieren bleibt er dann in der Zunahme allmählig
wieder etwas zurück. ,f
Weiterhin liegt der fragliche Zellkomplex keineswegs derart vor dem Auge, dass z. B. sein Mittel-
punkt in die Verlängerung der Augenaxe fiele, oder dock sich in deren Nähe hiebe.. Der grosste Theil der
Platte (zwei Drittel bis drei Viertel derselben), ist vielmehr venfralwärts davon gerückt und es befinden sich
iufolgedesseii .die durch ganz besonders dichte Zusammendrängung der Schleimzellen ausgezeichneten centralen
Partien des Complexes nicht der Pupille gegenüber, sondern sind ebenfalls ventralwärts verseboben. Es
wäre also jedenfalls weitaus der grösste Theil der Einrichtung als brechendes Organ vollständig bedeutungslos,
vor allem der besonders differenzirte Oentraltheil derselben.
Man könnte nun vielleicht denken,, dass die Bedteutung des Complexes :in der Vergangenheit hege,
dass er etwa zu der Zeit, als die Linse noch existirte, eine Hilfseinrichtung für diese dargestellt habe.
Die nähere Untersuchung zeigt aber bald, dass .er zu der Linse in gar keiner Beziehung s te h |? ; Die Zellplatte
findet sich nämlich bei relativ jungen Olmem die ihre Linse, bereits verloren haben; er ist vorhanden
bei grösseren,: die noch im Besitze mehr oder weniger bedeutender/Reste derselben sind, und fehlt ebenso-,
wenig h e i ganz grossen Thieren, die wieder keine Spur von jenem -Organe mehr zeigen. Bei allen diesen
steht er stets zur Thierlänge in konstantem Grössenverbältniss. Die Plätte wächst .also, auoh nach Schwund
der Linse noch in. dem früheren Masse weiter. Die Annahme, dass es sich um ein Hilfsorgan neben der
Linse, oder aber um ein Ersatzorgan nach Verlust dieser letzteren handeln könne, scheint mir demnach,
ausgeschlossen.
Der Zellkomplex hat, wie ich glaube, mit dem Auge selbst direkt gar nichts zu thun, weder m
der Gegenwart noch in der Vergangenheit. Welche Bedeutung ihm aber zukommt — und eine solche
vermag ich ihm in Anbetracht seines regelmässigen Auftretens nicht abzusprechen 11 darüber habe ich auch
nicht einmal eine Vermuthung.
Die Stärkenverhältnisse der Epidermis über dein Auge sind schwankend, ohne dass sich zu
Augentiefe oder Thierlänge irgend ein, auch nür annähernd; wiederkehrendes Verhältniss erkennen Hesse.
Ganz ebenso verhält es sieh mit der Cutis. Überall tritt : ein Schwanken prfeine gewisse Gesetzlosigkeit zu
Tage, die sich auch in Bezug auf das bald spärlicher, bald reichlicher vorhandene,: zwischen Cornea und:
Cutis gelegene, lockere Bindegewebe geltend macht;
Als allen Stadien gemeinsam fällt die erheblibhe Dicke der augendeckenden Partien auf. Es zeigt
sioh zwar bei sehr grossen Thieren eine. Verdünnung.dieser Schichten gegenüber ihrem Verhalten an, anderen