Verbindung zwischen Auge und Gehirn zu Stande zu bringen, ehe die Hemmung vollständig wurde. Alle
Entwicklungsenergie richtete sich daher auf Fertigstellung von Opticusganglienzellen, die wenigstens soweit
gebracht werden sollten, dass sie einen Hauptfortsatz, die Opticusfasern, entwickelten. Darauf, dass diese
Elemente auch die typische Form annahmen, wurde, als unwesentlich, nichts verwendet. So wurden sie
dann vielfach noch in elliptischer Form von dem vollständigen Aufhören der Entwicklung überrascht.
Die G r a n u l o s a i n t e r n a stellt sich bei Siphonops nur halb so stark dar, wie bei Triton. Da
das Wachsthum dieser Schicht typisch zum grossen Theil auf Zerfall von Zellen — daneben auch auf
Umbildung von solchen zu einem Fasergewirr — beruht, so folgt daraus, dass die Granulosa interna bei
Siphonops einerseits nicht so lange Zeit zu ihrer Vergrösserung gehabt hat, wie die von Triton, andrerseits,
dass ihr dazu weniger Material zur Verfügung gewesen ist. Vor der Hemmung mag auch die Granulosa
interna von Siphonops in dieser Beziehung sich etwa ebenso verhalten haben, wie diejenige anderer Amphibien;
während der Weiterentwicklung nach der Hemmung dürfte sich dies aber geändert haben.
J etz t wurde das vorhandene Material, worunter man sich hier in erster Linie die Körner-, die Reserveoder
Ersatzzellon zu denken hätte, zunächst zu den nothwendigsten Veranstaltungen, also z. B. zu Ausbildung
von Ganglienzellen, verwendet, und es blieben zur Umbildung in Grundsubstanz daher weniger
Elemente übrig.
Auch die in n e r e K ö r n e r s c h i c h t tritt bei Siphonops verhältnissmässig etwas dünner auf, als
bei Triton, doch ist der Unterschied nur unbedeutend. Das Siphonopsauge besitzt in dieser Schicht die
zwei typischen Ganglienzellenlagen, welche sie distal und proximal begrenzen. Sie sind indessen beide
nicht sehr regelmässig angeordnet; die Anzahl ihrer Elemente ist eine viel geringere, als im Verhältniss bei
Triton. Die Anzahl der nervösen Körner ist aber im Vergleiche mit derjenigen der Ganglienzellen eine grosse.
Es sind nun die letzteren für die Hauptaufgabe der inneren Retinaschichten, nemlich die Leitung
des Lichtreizes, ohne Zweifel am Wichtigsten. Es muss daher angenommen werden, dass nach der En twicklungshemmung
die Hauptkraft sich auf Bildung und Ausbildung dieser Zellen concentrirt haben wird.
Wenn nun trotzdem verhältnissmässig viele Körner-, d. h. Reservezellen, nicht umgewandelt werden konnten,
so dürfte der Grund für diese Erscheinung wohl in der Entwicklungsphase zu suchen sein, in welcher sich
die Schicht beim Eintritt der Hemmung befand. Es geht ja typisch die Entwicklung der Retinaschichten
schwerlich immer gleichmässig vor sich, sondern es treten dazwischen Perioden ein, in welchen sich die
Weiterbildung des einen Theils in einem Zustande rélativer Ruhe befindet, während ein anderer gleichzeitig
sich umso intensiver fortentwickelt.*) Hat nun bei Siphonops die Hemmung die innere Körnerschicht
zu einer Zeit betroffen, wo die Reservezellen in lebhafter Vermehrung, nicht aber Weiterdifferenzirung,
begriffen waren, so erklärte sich damit leicht die Anwesenheit jener Menge von Körnerzellen.
Die G r a n u lo s a e x t e r n a besitzt bei Siphonops vergleichsweise nur wenig mehr, als die Hälfte
ihrer Stärke im Tritonauge, ein Verhalten, das sich in derselben Weise erklärt, wie das der Granulosa interna.
Die ä u s s e r e K ö r n e r s c h i c h t dagegen, gemessen von ihrer distalen Grenze bis zur Stelle des
Margo limitans externus, weist für Siphonops im Verhältniss fast die doppelte Mächtigkeit derselben Schicht
in der Tritonretina auf. Der Grund davon liegt auch hier in der grossen Menge der zur Bildung von
Sehzellen resp. Ganglienzellen nicht verwendeten Körnerzeilen, eine Erscheinung, für welche die bei Betrachtung
der inneren Körnerschicht gegebene Erklärung in gleicher Weise zutreffen dürfte.
Die Ganglienzellen des distalen Randes der Schicht sind in geschlossener Lage angeordnet und
verhältnissmässig sehr zahlreich. Es zeigt sich jedoch auch hinsichtlich ihrer der Einfluss des Strebens,
trotz der Störung vor Aufhören jeder Entwicklung noch zu einem möglichst hohen Ausbildungsgrade zu
gelangen. Dasselbe kommt hier zum Ausdruck in Form zahlreicher, augenscheinlich bereits in die Leitung
eingeschalteter Ganglienzellen, dio durch ihre elliptische Gestalt sich deutlich, als noch nicht lange umgebildete
Reserveelemente documenti ren, ganz wie dies in der Opticusganglienschicht zu finden war.
Die grosse Verschiedenheit’ im Bau, d. h. im Entwicklungsgrade der S t ä b c h e n und Z a p f e n
mag zum Theil auch auf dieses Bestreben zurückzuführen sein, zum Theil kommt sie aber wohl einfach
daher, dass die Sehelemente sich eben in aufeinanderfolgenden Serien zu entwickeln pflegen. Bei Eintritt
der völligen Hemmung wurden, dann die jüngeren Serien naturgemäss auch auf einer niedrigeren Entwicklungsstufe
betroffen, als die älteren.
Auffallend ist, dass am proximalen Rande der Retina sich* nicht nur keine Membrana limitans,
sondern nicht einmal ein, auch mur annähernd regelmässig verlaufender Margo limitans ausgebildet hat. Ein
solcher pflegt sich sonst ja zu ziemlich früher Zeit, jedenfalls auf einer Stufe anzulegen, welche die Siphonops-
retina längst überschritten hat. Ich muss diese Erscheinung für etwas dem Thiere Eigenthümliches halten,
kann aber über ihre Ursache auch nicht einmal eine Vermuthung angeben. Das gleich zu besprechende
Verhalten der Müllerschen Fasern kann dabei nicht in Betracht kommen, da diese, wie ich mich in anderen
Augen immer wieder aufs Bestimmteste habe überzeugen können, zu der proximalen Begrenzung der Retina
in absolut keiner Beziehung stehen.
Die Thatsache, dass die M ü l l e r s c h e n F a s e r n in der Retina nur bis etwa zur distalen Grenze
der äusseren '.Körnerschicht vorgedrungen sind, lässt sich als eine Wirkung der Entwicklungshemmung erklären
; ebenso, dass sie nur geringfügige Verästelung zeigen, sowie, dass sie sich häufig noch als einfache
Polverlängerungen der Stützzellen darstellen, diese ihnen also e i n - statt nur an gelagert erscheinen. Die
Stützfasern besitzen nun aber an der Stelle ihres Zusammenhanges mit der Membrana limitans interna fast
vollständig entwickelte „Füsschen“ , denen nur die innere Differenzirung abgeht. Typisch bezeichnet sonst
das Auftreten dieser Kegel den Endpunkt der gesammten Faserbildung. Dieselbe hat immer die ganze
Retina durchzogen und an gewissen Stellen reichliche Verzweigungen abgegeben; sämmtliche Stützzellen
haben sich, soweit sie überhaupt in Beziehung zu den Fasern bleiben, diesen a n gelagert: Alles dies, e h e
die erste Spur von jenen sog. Füsschen auftritt. Diese müssen sich also wohl bei Siphonops lange nach
dem ersten Eintreten der Hemmung noch angelegt haben und zwar in den letzten Stadien der Entwicklung,
nachdem diè Weiterbildung der Fasern sonst schon so gut wie ganz aufgehört hatte. Welche Verhältnisse
aber den Anstoss-hiezu gegeben haben könnten, ist mir unerfindlich.
Opticus.
Das Auffallendste am Opticus von Siphonops ist die geringe Entwicklung seiner S c h e id e n . Dieselben
sind nicht über das Stadium einer wenig straff geschichteten Bindegewebshülle hinausgediehen, die,
in der Stärke ganz unregelmässig, oft sehr gewellten Faserverlauf zeigt. Gegen das Bindegewebe der
Umgebung ist diese Scheidenänlage nur stellenweise scharf, meist undeutlich, ja oft gar nicht abgesetzt.
Und trotzdem besitzt doch das Auge eine sehr hoch entwickelte Sclera.
Bibliotheca zoologica. Heft XIV.