
In diesem en cy s tirten Zustande h a rre n nun die jungen Pa ra s iten der Erlösung, die
ihnen dadurch gebracht wird, dass ih r bisheriger H ilfsw irth von. dem definitiven gefressen wird.
Nach dieser Aufnahme, und nachdem die Cyste von dem Magensafte des nunmehrigen P a ra s iten trä
g e rs gelöst ist, beginnt dann sofort die Weiterausbildung, deren Einzelheiten uns in den
folgenden B lä tte rn noch ausführlicher beschäftigen werden. Yon einzelnen A u to ren , die in
dieser R ichtung Versuche angestellt haben, besonders von S chwarze, w ird die Dauer dieser Ent-'
Wickelung n u r ausserordentlich kurz angegeben (schon 8 Stunden nacl\ der F ü tte ru n g sollen die
durch dieselbe übertragenen Wü rm e r die ersten E ie r gebildet ‘h a b en ; 1. c. p. 2 8 ). Dem gegenüber
constatiren alle anderen Autoren, die zum Theil auch mit Distomen aus Warmblütern
experimentirten, ein ungleich langsameres Wachsthum der jungen P a ra s ite n ; schon das kleine
Distonmm macrostomiim, das als Cercarie seine G-enitalorgane w e i t e r e n tw i c k e l t , als i r g e n d
e i ne , bis je tz t bekannte, andere Cercarie, selbst dieses b rau ch t nach H eckert (1. c. p. 2 6 f.) noch
6—8 Tage A u fen th a lt im definitiven W irth , um seine Genitalien zu r Productionsfähigkeit auszubilden.
Dasselbe besagen auch die Versuchsresultate Von P agenstecher, V an B eneden, L euckart,
T homas, L utz l) u, a. Schon daraus gewinnt es an Wahrscheinlichkeit, dass S chwarze bei seinen
Experimenten, welche eine so auffällig kurze Entwickelungsdauer ergaben, durch s c h o n
f r ü h e r im Darme seiner Versuchsthiere vorhanden gewesene P a ra s ite n getäuscht worden ist.
Eine Controlle der Versuche erh eb t diese Vermuthung zur Gewissheit: F ü tteru n g en , besonders
von Wasser fröschen, die fa s t m i t S i c h e r h e i t schon v o r deraelben W ü tm e r enthalten, lassen
meinen E rfahrungen nach k e i n e Schlüsse zu : es is t p o s i t i v u nmö g l i c h , schon nach einigen
Tagen die künstlich eingeführten P a ra s iten von den schon eingesessenen zu trennen. Ich habe
d a ra u f hin Landfrösche zu demselben Zwecke genommen, und zw ar aus einer Localität, wo sie
notorisch f a s t n i e Trematoden, sondern n u r Nematoden enthielten, ausserdem K rö ten und
Tritonen, die überh au p t n u r selten unsere W ürme r beherbergen. Aus diesen F ü tte ru n g en aber,
nach denen zu j e d e r Zeit n u r g l e i c h a l t r i g e Würmer bei der Eröffnung der Versuchsthiere
angetroffen wurden, ergab sich, dass (im Mai und Ju n i bei Dist. endolobum) n o c h 14 T a g e
n a c h d e r U e b e r t r a g u n g k e i n e E i e r v o r h a n d e n sind. Noch viel län g e r aber dau ert
die Entwickelung während der kühleren Jahreszeit. Frösche, die im S p ä th e rb st eingefangen, im
W in te r im Keller in Käfigen gehalten wurden, wo sie keine Nah ru n g erhielten, • zeigten sammt
und sonders P a ra s ite n a u f sehr jugendlichen Entwickelungsstadien und zw ar die jüngsten im
Herbste. Sp ä te r im W in te r wurden dieselben grösser und grösser, und im Anfänge des März
waren auch die kleinsten Wü rm e r entweder in die Periode der Eibildung eingetreten oder standen
d icht vor derselben. Es is t dadurch der positive Nachweis geliefert, dass die jungen Distomen,
die im Herbste von den Fröschen aufgenommen werden, den g a n z e n W i n t e r zu r Entwickelung
brauchen, um bei beginnendem F rü h jah re geschlechtsreif zu sein. Die Möglichkeit, innerhalb
8 Stunden von d e r Cercarie zum bereits eierhältigen Wurme sich zu entwickeln, h a lte ich direct
fü r ausgeschlossen!
Bei d e r passiven Uebertragung der jungen W ürme r w ird es aber nun ebensogut auch sich
ereignen können, dass nicht der rechte W irth , sondern irgend ein anderes, fremdes Rau b th ier
das Fressen besorgt, und es f r a g t sich, was dann das Schicksal der P a ra s ite n ist. Bekanntlich
*) L u t z , Weiteres zur Lebensgeschichte des Distoma hepaticum. Centralblatt f. Bakteriol. u. Parasitenk.
X in . 1893. p. 320.
h a t E rcolani in neuerer Zeit dieser F rag e seine Aufmerksamkeit zugewandt, und es is t in seinen
diesbezüglichen A rb e ite n 1); viel die. Rede von „ v e r i r r t e n “ F o r m e n , die, zufällig mit der
Nahrung in den Darm eines „falschen“ Trägers gekommen, nun d o rt in mehr oder minder vollkommener
Weise an die ungewöhnlichen Verhältnisse sich „anpassen“ und u n te r Umständen zu
völlig neuen Formen sich ausbilden sollen. Ich will n u r beiläufig d a ra u f aufmerksam machen,
zu welch heillosem Durcheinander von Formen das bald führen müsste, wenn jede Cercarie auch
n u r die F äh ig k e it der Anpassung an 3—4 verschiedene W irth e besässe und die neuen A rte n als
solche sich fortzupflanzen vermöchten! Die im Verhältniss zu anderen, freilebenden Thierformen
bemerkenswerthe Constanz der Charaktere gerade unserer Thiere spricht nun schon nicht gerade
fü r eine solche Annahme; aber es widerspricht dem auch die Beobachtung. Ic h habe u n te r den
vielen Hunderten unreifer Formen in den von mir untersuchten W irth en auch n i c h t e i n e
gefunden, die nich t m i t a l l e r S i c h e r h e i t au f eine der dem betreffenden W irth e normalerweise
ungehörigen Parasitenspecies h ä tte zurückgeführt werden können. Und diese Thätsache
is t so auffällig, dass man fa st versucht ist, den Zufall bei der Uebertragung unserer Thiere
überhaupt auszuschliessen, oder ihm wenigstens n u r eine ganz bescheidene Rolle einzuräumen.
Ich glaube nicht zu weit zu gehen, wenn ich behaupte, dass alle jene jugendlichen Distomen
der Frösche, die E rcolani als „forme nane, agame“, oder „incompletamente sviluppate“ bezeichnet,
autochthone Einwohner des Froschdarmes sind, und dass sie sich sicher als solche würden zu
erkennen gegeben haben, wenn man nach constanteren Unterscheidungsmerkmalen, als Grössen-
v erhältniss der Saugnäpfe und Form der Excretionsblase, gesucht h ä tte . Ganz das Gleiche g ilt
von den erwachsenen Formen: immer dieselben A rten mit ganz constanten Charakteren! Eine
einzige Ausnahme könnte das im Anhänge an die Froschdistomen besprochene und beschriebene
T h ier sein, von dem ich nich t weiss, ob es eine selbstständige Form ist, oder nich t (cf. p. 100);
Obwohl nun sicher die überwiegende Mehrzahl der Pa ra s iten von ihren W irth e n in der
G e sta lt der en cy s tirten Cercarie erworben wird, so is t dieser Weg doch nicht der einzige. Es
geschieht zweifellos im Freien, im natürlichen Laufe der Dinge auch gelegentlich, dass erwachsene
P a ra s ite n dadurch, dass ih r bisheriger T räg e r von einem grösseren S e i n e s g l e i c h e n
verschlungen wird, in den Ve rdauungstractus des le tz teren gelangen und sich d o rt niederlassen.
Eine zweifellose Beobachtung dieser A r t habe ich am Hechte gemacht, von dem es ja bekannt
ist, dass e r dem Kannibalismus huldigt. Exemplare von Triamophorus nodulosus, die mit ihren
Köpfen in dem Darme eines gefressenen Hechtes noch festsassen, hingen mit ih ren Leibern bereits
weit in den Verdauungscanal des Räubers hinein, und befanden sich d o rt augenscheinlich vollkommen
wohl. U n te r ähnlichen, freilich nich t ganz so beweisenden Umständen t r a f ich eines
Tages auch Distomum tereücolle. Ein Exemplar dieser A r t fand sich im Magen eines grossen
Hechtes inmitten des dicken Breies, zu welchem die vordere Körperhälfte eines kürzlich verschlungenen,
kleineren Hechtes bereits v e rd au t war. Da ich nun sonst unseren Wurm niemals
frei im Magen seines W irth e s, sondern ausnahmslos den Wänden desselben fest angesogen getroffen
habe, mochte er gefüllt oder leer sein, so gewinnt es an Wahrscheinlichkeit, dass der Schmaro
tz e r h ie r ehemals dem kleineren Hechte angehört h a tte und gegenwärtig au f einem unfrei-
willigen Umzuge begriffen war. Nächst dem Hechte is t auch besonders der Wasser frösch einer
*) Ercolani, Dell’Adattamento della Specie all’Ambiente etc. Mera, della R. Accad. di Bologna. Serie IV a.
To. II. p. 238 u. To. III. p. 43. 1881 u. 1882.
Bibliotheca zoologica. Heft 16. ■ . 81