
Der grössere oder geringere Grad der Pigmentirung im Proteus-Auge hängt übrigens keineswegs
mit dem Alter des Thieres zusammen. Ich fand häufig das Auge eines kleinen Thieres viel reichlicher
mit Pigment versehen, als das eines viel grösseren. Es ist mir nicht zweifelhaft, dass die Pigmentbildung
mit dem Grade der Beleuchtung, dem das Thier während seines Lebens ausgesetzt war,
zusammenhängt. Wie bei Olmen, die längere Zeit im Lichte gehalten werden, die Körperhaut immer
dunkler wird und zuletzt nahezu schwarz erscheint, so wird wohl auch im Auge unter dem gesteigerten
Einflüsse des Lichts die Pigmentbildung erhöht werden. Untersuchungen habe ich leider in dieser
Richtung noch nicht anstellen können, doch hoffe ich binnen Kurzem in der Lage zu sein, über
diesen P u n k t au f Grund eigener Erfahrung zu berichten.
Die Retina.
An der Netzhaut des ausgebildeten Thieres lassen sich alle typischen Schichten unterscheiden.
Betrachten wir zunächst die Retina eines ziemlich grossen Proteus (25,7 cm) (Fig. 60).
Von Innen nach Aussen gerechnet präsentirt sich zuerst, in einer Stärke von 0,024 min, die
Schicht der O p t i c u s g a n g l i e n z e l l e n , die, ohne durch eine Membrana limitans interna davon getrennt
zu sein, sich unmittelbar an die Bindegewebszüge der Glaskörperanlage anschliesst. Sie besteht aus
einer 2—-3 fachen Lage grösser runder Zellen (Durchmesser 0,014 mm) mit grossen Kernen.
Das innere Blatt der secundären Augenblase ist, wie eine weiter unten gegebene Tabelle zeigen
wird, im Vergleich zur Grösse des ganzen Bulbus ungemein stark, es bleibt daher für den Holilraum
des Augenbechers, welcher von der Glaskörperanlage ausgefüllt wird (Fig. 57), n u r ein sehr kleiner
streifen- oder vielmehr zapfenformiger Raum übrig, der nur in der Gegend der Irisanlage, resp. da, wo
sich früher die Linse befunden hat, eine grössere Ausdehnung besitzt. Infolge dieser Verhältnisse hat
auch die Opticusganglienschicht eine zapfenförmige Gestalt.
Die G a n g lie n z e lle n senden ziemlich starke Fortsätze nach Innen, d. li. nach der Spitze des
Zapfens hin. Da diese Fortsätze sich erst dort, also nach Verlassen der Schicht zu einem gemeinsamen
Bündel, dem Sehnerv, vereinigen, kann man vorher von keiner eigentlichen Opticusfaserschicht
sprechen. Die Fortsätze tre ten nicht etwa von ihren resp. Zellen aus zunächst nach dem Innenrande
der Ganglienschicht, wie dies gewöhnlich der Fall ist, sondern nehmen gleich nach dem Abgang aus
ihrer Zelle zwischen den anderen Ganglienzellen hin den nächsten Weg nach dem erwähnten Sammelplatz
zum Sehnerv (Fig. 60, 63), d. h. nach der Spitze des Zapfens.
In die Tiefe der Retina schicken die Ganglienzellen ebenfalls, neben einzelnen sehr feinen Ausläufern,
einen Hauptfortsatz, der die folgende Schicht, die Granulosa interna, durchzieht und mit
Ganglienzellen, die sich am distalen Rande der inneren Körnerschicht finden, in Verbindung tritt.
Solcher Ganglienzellen (0,044 mm Durchmesser), immer in einfacher Lage angeordnet, sind es erheblich
weniger, als Opticusganglienzellen, es wird also in der Regel eine dieser „ in n e r e n G a n g l i e n z e l l e n “
mehrere von den Hauptfortsätzen der Opticusganglienzellen aufnehmen müssen, was in der Tha t auch
der Fall und deutlich zu erkennen ist.
Jede dieser Ganglienzellen sendet in die Tiefe der „inneren Körnerschicht“ hinein wieder eine
Anzahl sehr ferner Ausläufer, die zwischen den Körnern der Schicht allmählich verschwinden, ohne dass
sich ein Zusammenhang mit weiteren zelligen Elementen nachweisen Hesse.
Die G r a n u lo s a i n t e r n a (Fig. 60 G if hat eine Breite Ton 0,026 mm und besteht ausschHesslich
aus protoplasmatischem Gerinnsel ohne jede Spur zeUiger Elemente. Eine besondere Anordnung ihres
Protoplasmas in horizontale oder radiäre Streifen ist nicht vorhanden; in vielen Fällen kann man freilich
auf den ersten Blick durch die die Schickt quer durchsetzenden nervösen und bindegewebigen Fasern
zur Annahme einer radiärstreifigen Anordnung der Grundsubstanz der Schicht verleitet werden, wie dies
augenscheinlich H e s s passirt ist.
Die in n e r e K ö r n e r s c h i c h t (Fig. 60 JK) h a t eine Stärke von 0,042 mm, wovon 0,015 mm auf
die Schicht der oben erwähnten „inneren Ganglienzellen“ kommen. Ihre Hauptmasse wird gehüdet aus
' 9 Lagen Von Zellen “ it grossen Kernen und meist deutlich erkennbaren Zellgrenzen (Durchmesser
cm- 0,010 mm). Am proximalen Bande finden sich in einfacher, vielfach unterbrochener Schicht, Zellen
von gleicher Grösse, die augenscheinKch gangUonärer Natur sind. Dieselben senden nur in seltenen
Fällen ganz feine kurze Fortsätze nach allen Seiten und ich glaube, dass man es hier mit Zellen zu
thun hat, die im Begriff sind, sich zu wirklichen GangHenzellen, den „äusseren GangBenzellen“ höher
entwickelter Augen, auszuhilden, um vieHeicht später in die nervöse Leitung zwischen Sehnerv und
Sehzelle eingeschaltet zu werden. So, wie sie jetzt sind, haben sie aber erst ganz geringfügige Unterschiede
gegenüber den gewöhnlichen Kornzellen der Schicht, stehen auch keineswegs alle auf derselben
Entwicklungsstufe.
Eine weitere Art von Elementen der inneren Körnerschicht repräsentiren die Stützzellen, die,
ebenso wie die an die innere Körnerschicht sich anschliessende Granulosa externa, in Zusammenhang
mit dem bindegewebigen Stütznetz der Retina besprochen werden sollen.
Es folgt alsdann in einer Stärke von 0,031 mm die ä u s s e r e K ö r n e r s c h i c h t (Fig. 6 0 j4A ),'in
der sich wiederum zweierlei Elemente unterscheiden lassen.
Am distalen Rande der Schicht finden sich grosse Ganglienzellen (0,013 mm Durchmesser), die
stets in einfacher Lage angeordnet und häufig durch grosse Zwischenräume von einander getrennt sind.
Ich habe dieselben bei einer früheren Gelegenheit als Zwischenganglienzellen bezeichnet, und möchte
diesen Namen auch hier beibehalten. Sie senden nach der Tiefe der Retina zu feine Ausläufer, die sich
durch die Granulosa externa verfolgen lassen und in das Gebiet der inneren Körnerschicht eintreten,
wo sie dann bald verschwinden. Mit den ganglienartigen Zellen des proximalen Randes jener Schicht
gehen sie keine Verbindung ein, und ebenso wenig wollte es mir gelingen, ein Anastomosiren mit den
proximalwärts gerichteten Fortsätzen der inneren Ganglienzellen nachzuweisen.
Auch hier also wieder, wenn auch in etwas anderer Art, die von mir des öfteren constatirte,
wirkliche oder scheinbare, Unterbrechung der nervösen Leitung im Gebiete der inneren Körnerschicht.
Die Erscheinung lässt auch im Proteus-Auge die beiden Erklärungen z u : entweder, dass eine direkte
Verbindung der beiden Ganglienschichten nun einmal dennoch existirt, und die Ausläufer nur eben so
fein verästelt sind, dass ein Anastomosiren derselben sich nicht mehr constatiren lässt, oder aber, dass
Bibliotheoa zoologica. Heft X III. <2