Alle diese drei Arten von Muskelfasern besitzen Sarcolemm. Bei den glatten Fasern sitzt dasselbe
dem protoplasmatischen Theil fast dicht auf (Fig. 33); bei den partiell vollkommen gestreiften aber
findet sich zwischen Sarcolemm und Protoplasma ein deutlicher Spalt (Fig. 33 a), der jedoch im quergestreiften
Theil von den Krause’schen Membranen durchzogen wird. Die durchweg glatten Fasern besitzen
diesen Spalt nicht.
Sämmtliche Fasern sind mehr cylindrisch resp. langgestreckt spindelförmig, als bandförmig. Die
partiell, aber dann vollkommen quergestreiften Muskelfasern bilden die grosse Mehrzahl; etwas weniger
häufig sind die ganz glatten, noch seltner die in ihrer ganzen Länge vollkommen, und ganz selten (wenn
überhaupt vorkommend) die bloss äusseriich quergestreiften.
Eine Zusammenfassung der Befunde bei den verschiedenen untersuchten Stadien führt zu folgenden
Ergebnissen.
Ausgehend von der niedersten der von mir näher untersuchten Entwicklungsstufen (6,2 cm Thierlänge)
stellt sich die Muskelfaser zunächst als ein sehr dünnes Band dar, das n u r sehr langsam in die
Breite, noch viel langsamer in die Dicke wächst. Die Kerne treten bei meinem niedersten Stadium
bereits verhältnissmässig gross auf, bleiben aber dann lange Zeit au f derselben Stufe stehen, während
die Faser selbst weiter wächst. Infolge dessen scheinen auf den ersten Blick die Muskelkerne
der niedereren Stufen grösser und stärker zu sein, als in weiter fortgeschrittenen Stadien. Eine merkliche
Grössenzunahme nicht n u r der Faser selbst, sondern auch ihres Kerns, beginnt erst bei schon
hoch entwickelten Larven. Ein Sarcolemm besteht von der ersten Stufe an, zunächst allerdings n u r in
Gestalt einer einfachen zarten Linie, die sich aber bald verstärkt. Allmählich zeigt sich eine feine
Doppelcontourirung, aus der sich dann rasch vollends eine schliesslich ziemlich starke Membran herausentwickelt,
die oft durch einen feinen Spalt von dem Protoplasma der Faser abgesetzt ist. Von einer
wirklichen Querstreifung zeigen die Augenmuskelfasern des Ammocoetes auf keiner Entwicklungsstufe
eine Spur ; n u r ihre Kerne spiegeln in dieser Richtung zuweilen auf die oben näher angegebene Weise
Trugbilder vor, zu deren Zustandekommen übrigens auch die Kerne des den Muskel durchsetzenden
Bindegewebes beizutragen scheinen. Dieses Bindegewebe ist auf den niedereren Stufen sehr reichlich
vorhanden und mit grossen Kernen versehen. Es wird im Laufe der Entwicklung etwas spärlicher, besonders
werden die Kerne kleiner und verschwinden schliesslich fast ganz. Gefässe finden sich in
diesem Bindegewebe wohl immer, wenn es mir auch zuweilen nicht gelingen wollte, ih r Vorhandensein
zu constatiren.
Durch die Metamorphose erlangt, wie oben gezeigt, das Auge rasch gegen früher eine 'gewaltige
Grösse und im Zusammenhänge hiermit steht auch eine colossale Verstärkung seiner Muskulatur. Es
ist dabei das geradezu riesige Anwachsen der Muskelbündel weniger auf die Vermehrung der Anzahl der
den Muskel zusammensetzenden Elemente, als vielmehr auf die bedeutende Weiterentwicklung der einzelnen
Fasern selbst zurückzuführen (man vergl. Fig. 32 a— e mit Fig. 33 a—e).
Beim grössten von mir untersuchten Ammocoetes [20 cm Thierlänge) ist das Verhältniss der
Breite einer Muskelfaser zur Augentiefe = 1:341,5; für das geschlechtsreife Thier (16 cm ThierlängeJ;
stellt sich dies Verhältniss au f 1 : 128,1. Die Muskelfaser ist also nicht bloss im selben Maasse gewachsen,
wie der Bulbus, sondern sie h a t vielmehr eine ganz unverhältnissmässige Breite gewonnen. Während
der Augäpfel durch die Metamorphose etwa das'Doppelte (1,96 fache) der Grösse des weitestentwickelten
Ammocoetes-Auges erreicht hat, ist die Muskelfaser gegenüber jenem Stadium auf das Fünffache (5,2 fache)
angewachsen. Es ergibt s ich.hieraus der Rückschluss/dass auch hei dem am höchsten entwickelten
Ammocoetes die Augenmuskeln noch auf einer unverhältnissmässig niedrigen Entwicklungsstufe sich
befinden.
Auch die Zusammensetzung der Muskelbündel zeigt jetzt bedeutende Fortschritte, Während
dieselben in den Larvenstadien reichlich von kernführendem Bindegewebe durchzogen waren, ist dieses
jetzt viel spärlicher geworden und h a t fast keine Kerne mehr. Die Muskelfasern zeigen dabei, wenigstens
zum Theil, eine gewisse Querstreifung. Ih r Sarcolemm tritt immer als starke Membran auf und ist vom
protoplasmatischen In h a lt der Faser durch einen Spalt getrennt.
Wie erklärt sich nu n aber das oben beschriebene verschiedene -Verhalten der Fasern eines und
desselben Augenmuskels von P e trom yzo n in Bezug auf Querstreifung, sowie das vollständige Fehlen
jeder. Spur dieser letzteren in den Augenmuskelfasern von Ammceaetest
Bei dem Versuch einer Beantwortung dieser Fragen möchte ich zunächst, einige Sätze aus
K ö l l ik e r ’s Handbuch der Gewebelehre (Bd. I. 4. Aufl. 1889) vorausschicken. A. a. O. p. 360 ff. sagt
nämlich, dieser Forscher:
„Ebenso wie die D is k s muss ich auch die Fleischtheilchen B ow m a n ’s für Kunst-
erzeugnisse erklären. Meiner Meinung zufolge sind die Fibrillen ursprünglich in ihrer ganzen
Länge aus einer und derselben Substanz gebildet, an welcher jedoch im Zusammenhänge mit
den Zusammenziehungen dichtere (die dunklen Stellen) und minder dichte Stellen sich aus-
bilden. . . . “
„Bei vielen Thieren, deren Muskeln quergestreift sind, kommen unter gewissen Ver-
hältnissen Fasern und Fibrillen vor, die keine Querstreifen, keine Abwechslung von dunklen
und hellen Theilen z e ig en .. . . “
„Selbst an einer und derselben Fibrille ist die Zahl und Grösse der dunkleren Stellen
eine sehr wechselnde.“
Wendet man diese Sätze auf meine Befunde bei den Augenmuskeln von Petromyzon an, so ergibt
sieh etwa Folgendes: Die Muskelfasern sind stets das, was man gewöhnlich unter q u e r g e s t r e i f t versteht,
aber diese Querstreifung tritt nur unter gewissen Contractionsverhältnissen zu Tage. Diese können
aber für die verschiedenen Fasern desselben Augenmuskels verschiedene sein, und so kann denn bei
der einen Faser das Bild einer Querstreifung entstehen, während eine andere nichts davon erkennen
lässt. Weiterhin k ann eine Muskelfaser in ih ren verschiedenen Theilen einem verschiedenen Grade der
Contraction unterworfen, s ein ; infolge dessen kann sie dann z. B. an ihrem einen Ende, oder in der Mitte
quergestreift, sonst aber glatt erscheinen. Wenn es erlaubt ist, noch einen Schritt weiterzugehen und
anzunehmen, dass die Contractiönsverhältnisse in den peripheren Theilen einer Muskelfaser andere sein
können, als in den centralen, so wäre damit dann auch die von W. M ü lle r u. A. behauptete n u r
äusSerliche Querstreifung der Faser erklärt. Die Augenmuskelfasern von Ammocoetes nähern sich in
Bezug a u f, ihre Länge und bei den höheren-Stadien auch hinsichtlich ihrer sonstigen ausseren Form
ungemein den typischen quergestreiften. Sie erscheinen allerdings stets glatt; wenn man aber bedenkt,