II. Histologischer und vergleichender Theil.
A. KörperMeckimg.
Dass ich die Bedeckung, speciell der Distomen, nicht fü r ein metamorphosirtes Epithel
halte, sondern fü r ein Absonderungsproduct des gesammten Körpers, habe ich schon in einer
früheren, kleineren Mittheilung auseinandergesetzt'), in welcher auch au f die hauptsächlichste, einschlägige
L i tte r a tu r verwiesen ist. Ic h habe daselbst fü r sie noch den Namen Cuticula gebrau
c h t; da w ir indess mit diesem Namen die Vorstellung einer ganz bestimmten Entstehung
verbinden, einer Entstehung, die bei unserer Trematodenhaut tro tz a lle r d a ra u f v erwandten Mühe
bis je tz t noch nicht sich h a t nachweisen lassen, so d ü rfte es opportuner erscheinen, diesen
Namen bis au f weiteres durch einen indifferenteren zu ersetzen. Von den verschiedenen in Vorschlag
gebrachten e ntspricht die von Z ieg l e r 2) angewandte Bezeichnung H a u t s c h i c h t dieser
Bedingung und scheint sich auch allgemeineren BeifaHes zu erfreuen; s o 'w ill ich sie h ie r ebenfalls
benutzen.
Ic h weiss nun seh r wohl, dass der Auffassung nach, wie ich sie h ie r v e rtre te , die N a tu r
der Kö rp e rh au t unserer Thiere eine ungewöhnliche ist, und dass sie in der übrigen Thierwelt,
ausgenommen vieHeicht die Cestoden, kaum irgendwo wieder angetroffen wird. Es is t indessen,
wie ich nochmals hervorheben möchte, n u r das Verhalten dieser H a u t selbst, wie es sich am
lebenden Thiere und im conservirten P rä p a ra te zeigt, welches mich zu dieser Auffassung drängt.
Ich würde dieselbe sofort aufgeben, wenn durch neue Beobachtungen, durch Thatsachen von a llgemeinerer
Verbreitung, eine E ntstehung oder ein Bau der H a u t nachgewiesen werden könnte,
der unseren sonst herrschenden Anschauungen mehr entspräche. Ic h wiH auch nicht einmal auf
meiner Deutung des Beobachteten be steh en ; sobald fü r dasselbe von irgend einer Seite eine
bessere aufgefunden und begründet w ird , mag die meine ru h ig der Vergessenheit tiberant-
w o rte t werden. Zunächst w ird es meine- Aufgabe sein, die Gründe, die mich zu der bisherigen
Auffassung g e fü h rt haben, ausführlicher darzustellen.
Bei gesunden und eben ihrem n atürlichen Wohnsitz entnommenen Würmern, die man in
ih re r natürlichen Umgebung u n te r leichtem Drucke untersucht, zeigt die H au t bei den einzelnen
W u rm a rten zwar ein re c h t verschiedenes Aussehen, doch re p rä s e n tirt sie überall eine gleichartige,
hyaline, oder s eh r feinkörnige Masse, welche in annähernd gleicher S tä rk e den gesammten Körper
überzieht. Sie liegt seiner Oberfläche augenscheinlich überall vollkommen dicht an und besitzt
eine solche E la s tic itä t und D ehnbarkeit, dass sie allen Bewegungen und Form Veränderungen
') Ber. d. Kgl. Sachs. Cfesellscli. d. Wissensch. Math.-phys. Kl. 9. Januar 1893.
2) Zie g l e r , Bucephalm und Gasterostomum. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. 39. p. 15. S.-A.
US
derselben zu folgen vermag. Bei s ta rk e r Dehnung w ird ih re Dicke in entsprechendem Maasse
v e rrin g e rt, während au f der anderen Seite bei einer Zusammenziehung des Körpers dieselbe sich
ve rg rö sse rt; au f dieses le tz tere Verhalten weist auch J uel bei den Apoblema&rten h in .1) N u r
wenn die Contraction über ein gewisses Maass hinausgeht, beginnt eine leichte Faltenbildung
einzutreten, die schliesslich bis zu einer stark en Querrunzelung sich steigern kann. Im Allgemeinen
bleiben dabei äussere und innere Grenzfläche der H au t einander parallel und n u r in dem le tz tangeführten
Fa lle zeigt die innere als die augenscheinlich weichere eine v e rs tä rk te Faltung. Es
entstehen auf diese Weise, im optischen Schnitte gesehen, mehr oder minder starke, papillenartige
Vorsprünge der H au t in die Körpermasse hinein, wohingegen die Aussenfläche viel weniger gef
a lte t erscheint. Es is t weiterhin leicht einzusehen, dass die ebengeschilderten Veränderungen
am besten zu erkennen sein werden und auch am ehesten au ftre ten bei Formen mit dicker Haut,
die weniger sich zu schmiegen und zu biegen vermag, wie eine dünne; ich habe sie besonders
beobachtet bei Distomum tereticolle. Ich habe mich aber h ie r zu gleicher Zeit auch zu überzeugen
vermocht, dass diese nach innen vorspringenden scheinbaren Papillen n i c h t f i x e Bildungen,
sondern lediglich Folgen des Contractionszustandes sind. Ganz ähnliche S tru ctu ren beschreibt
nun P o irier2) bei den von ihm untersuchten Riesenformen des Distomum clavatum und seiner Verwandten,
äls:„saillies coniques“ ; e r f a s s t sie aber augenscheinlich als constante Gebilde auf und
lä ss t sie Muskelfasern zur Insertion dienen. Ic h bin zunächst kaum darüber im Zweifel, dass
diese saillies coniques zum ^grössten Theil ebenfalls auf Contractionserscheinungen zurückzuführen
sind; von einer In s e rtio n von Muskelfasern an sie habe ich mich bei unseren kleineren Wurmformen
aber nirgends überzeugen können, obgleich man auch bei diesen meist von den „Papillen“
aus F a s e rn in das In n e re der Körpers herein sich begeben sieht. Es is t mir in An b e tra ch t des
ganzen Verhaltens der H au t nicht möglich, ih r eine me c h a n i s c h e Function zuzuerkennen, die sie
doch wohl haben müsste, wenn Muskeln an ih r ih re Insertion fänden. Wie bei allen übrigen
Würmern haben w ir auch bei unseren Distomen einen krä ftig en Hautmuskelschlauch, der allein
die mechanische Leistung der Bewegung vollzieht, wohingegen die H au t n u r passiv den dabei eintre
tenden Verschiebungen folgt. Auch am frischen P räp a ra t, das s tets mehr oder minder ged
rü ck t un d deshalb ausgedehnt ist, bemerkt man vom einem solchen Zusammenhänge nichts, obwohl
vielleicht gerade h ie r ein Muskelzug von Seiten sich ansetzender F a sern in seinem Effect
auf die H au t sehr g u t zu beobachten sein müsste.
In diese weiche Masse der H au t erscheinen nun bei einer sehr grossen Menge von
Distomenarten Hartgebilde in Form von Stacheln oder Schuppen eingelagert, die, in regelmässige
Querreihen alte rn iren d gestellt, den Körper ganz oder theilweise bedecken. W ir haben schon
frü h e r gesehen, dass sie im Vorderkörper meist am dichtesten stehen und daselbst auch ih re
grösste Ausdehnung erreichen, während sie nach hinten zu, was Grösse und Dichtigkeit anbelangt,
s eh r regelmässig abnehmen. An den Oeffnungen, welche in das Innere des Leibes hineinführen,
hören sie in den meisten Fällen auf, so dass die H a u t daselbst stachellos wird. Einige bemerkens-
w erthe Ausnahmen von dieser Kegel kommen jedoch vor, und zwar besonders, was die Höhlung
des Bauchsaugnapfes anbelangt. Bei Distomum pc-ftoMim sowohl, wie bei D. confusum, theilweise
auch bei D. vciriegatum, sieht man das Stachelkleid jüngerer Individuen unverändert durch dieselbe
J) J u e l , Beiträge zur Anatomie der Trematodengattung Apoblema. Dissertat. Upsala. Stockh. 1889. p. 9.
2) Poirier, Contrib. ä lin s t, d. Trematodes 1. c. p. 16. pl. 27, 28 etc,
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Bibliotheca zooiogica. Heft 16.