
2. Männliche Organe,
a) Hoden.
Als die normale Zahl der Hoden dürfte bei den Distomen wohl allgemein die Zweizahl
angesehen werden, die dnrch Spaltung einer ursprünglich e i n h e i t l i c h e n Anlage zu Stande kommt.
Diese Sonderung geschieht schon au f einem sehr frühen Stadium in der Entwickelung der Cercarie;
dadurch, dass sie von der Hodenanlage aus auch a u f den nach vorn, nach der späteren Genitalöffnung
hinziehenden Zellenstrang übergreift, e n tsteh t fü r jeden der beiden Hoden ein selbstständiges
Vas deferens. Eine solche Längsspaltung der Samenleiteranlage t r i t t aber mitu n te r
ajich da ein, wo es zu einer Trennung der Hoden n i c h t kommt, und es dürfte diese Thatsacke
jedenfalls d a ra u f hindeuten, dass w ir es in der Zweitheilung der männlichen Keimdrüse mit
einem ursprünglicheren Verhalten zu th u n h a b e n 1). .
Einfach gebliebene Hoden kennen w ir u n t e r den Distomen z .B . von Distomum monorehis,
pachysomum und Benedenii S tossich, fe rn e r von dem nahe verwandten Amphistomum siibclavatum,
welches m itu n te r einen, m itu n te r zwei Hoden aufweist; endlich besitzt meinen Beobachtungen
nach auch Distomum perlatum v. N ordm. s te ts n u r einen einzigen Hoden. D e r ebengenannte Wurm
sowohl, wie auch das AmpMstomitm, haben nun in der T h a t s tets z w e i g e t r e n n t e Vasa deferentia,
und ich ha lte diesen Bau auch in den anderen Fä llen von einfachem Hoden immer fü r den zunächst
zu erwartenden. Sollte sich irgendwo wirklich n u r ein einziges Vas deferens ausgebildet
zeigen, so h ä tte n w ir es mit einem noch weiter modificirten Verhalten zu thun, indem h ie r auch
die Spaltung der Samenleiter unterblieben ist. Zunächst könnten aber alle die Fälle, in denen
bis je tz t ein einfacher Samenleiter beschrieben w u rd e , zu e rn eu te r sorgfä ltige r Nachprüfung
empfohlen w e rd en 2).
Auch da, wo mehr als zwei Hoden vorhanden sind, dürften sich dieselben wahrscheinlich
auf die Zweizahl zurückführen lassen. Thatsächlich nachweisen kann ich dies fü r das Distomum
cygnoides. Dieser Wurm b esitzt im ausgebildeten Zustande meist 9 Hoden, nicht 12, wie P agenstecher
an g ieb t3); bei der zugehörigen Cercarie jedoch und desgleichen noch bei neuerlich an den
definitiven Sitz übertragenen jungen Würmern, sind deren n u r zwei vorhanden, die in Lage und
Form ganz dem sonst üblichen Verhalten entsprechen (Fig. 24, Taf. I). E r s t im Laufe der
weiteren Entwickelung s p a l t e t sich jeder von ihnen in eine Anzahl hintereinander liegender
Partieen, die u n te r einander durch Längscanäle, einfache Fortsetzungen der Umhüllungshaut, in
Verbindung bleiben (Fig. 23, Taf. I). Daher b ehält Distomum cygnoides tro tz seiner grösseren
Hodenzahl s te ts n u r zwei Vasa deferentia. Dasselbe g ilt nach S tossich 4) auch von Distomum
polyorehis aus Corvina nigra, wo 24 Hoden in zwei Längsreihen vorhanden sind. So wie hier,
J) Die Aeusserung Monticelli’s (1. c. p. 82), der auch die Zweizahl der Hoden als das normale erkennt, einen
eventuell einfachen Hoden aber als durch eine „fusione delle due masse testicolari“ entstanden erklärt, .ist demnach nicht,
ganz richtig (Nachtr. Zusatz).
2) Dass, wie M o n ti c e ll i (1. c. p. 84) angiebt, „nei casi di unico testicolo il deferente, s ’i n t e n d e , 6 rap-
presentato dal vaso efferente del testicolo“, stimmt für Distomum perlalum und Amphistomum subclavatum jedenfalls
n i c h t (Nachtr. Zusatz).
8) Pagenstecher, Trematodenlarven u. Trematoden. p. 44.
4) Stossich, Programma del ginnasio commnnale di Trieste 25. 1887/88.
dürften endlich auch die in zahlreichere einzelne Dräschen zerspaltenen Hoden des Distomum
liichiardii L opez, deren Vasa efferentia jederseits alle büschelförmig zu einem gemeinsamen Vas
deferens sich vereinigen, durchaus dem oben als Kegel angegebenen Verhalten entsprechen; die
Cercarie des Wurmes wird n u r zwei Hoden aufweisen, die e rs t später sich in die einzelnen
P a rtie e n spalten. Nicht auf die Zweizahl zurückführen lassen sich unserer gegenwärtigen Kenntniss
nach die Hoden der Bilharzia; doch is t diese Form ja auch noch in mehr als einer anderen Hinsicht
ausserordentlich ab e rran t gebaut.
Was die L a g e der männlichen Keimdrüsen Im Körper anbelangt, so is t fü r dieselbe bei
den ausgebildeten Thieren kaum irgend eine allgemeine Regel anzugeben; sie liegen ganz vorn zu
den Seiten von Mundsaugnapf und P h a ry n x bei Di st. confusum, in der Höhe des Bauchsaugnapfes
bei D. medidns, hinten im Leibe bei D. clavigerum, ovocaudatum u. a . ; -in allen diesen Fällen u n gefähr
auf gleicher Höhe, s y m m e t r i s c h zu den Seiten der Mittellinie. In anderen dagegen
wird diese Symmetrie g e stö rt dadurch, dass der eine Hoden m e h r v o r n , als der andere gefunden
wird (Dist. folium, variegatum). Es kann endlich auch ih re seitliche Position verloren
gehen und einer mehr oder minder re in m e d i a n e n weichen; alsdann liegen beide scheinbar
gerade hintereinander (Dist. tereticolle, endohbunl, isoporum, leptostomum u. a.). So ungesetzmässig
die Lage der Hoden demnach im allgemeinen zu sein scheint, so gleichmässig und übereinstimmend
z eigt sie sich, wenn wir a n s ta tt der erwachsenen die Jugendformen und Cercarien unserer
Würmer in’s Auge fassen. Soweit ich diese untersuchen konnte, liegen bei ihnen die Hoden
im m e r s e i t l i c h der Mittellinie und s c h r ä g h i n t e r e i n a n d e r so, dass gewöhnlich der auf
der Seite des Keimstockes gelegene der h intere von beiden is t (vergl. hierzu die Fig. 17, 22,
Taf. I, 79, Taf. IV, 100, 112, Taf. V, 129, Taf. VI, 187, Taf. IX ); die Verschiebung in die
späte re Stellung findet e rs t während der Entwickelung zu r Geschlechtsreife s ta tt. Die vorgenannte
Lagerung treffen w ir auch, da, wo im entwickelten Zustande der Keimstock zwischen die männlichen
Drüsen eingeschoben is t {Dist. globiporum, Fig. 100, Taf. V)£- und es dürfte demnach in
dieser Lagerung wohl ein ursprünglicher Zustand gesehen werden.
In h i s t o l o g i s c h e r Beziehung sind die Hoden, soweit meine Beobachtungen reichen,
in allen Fällen umgeben von einer a u s Z e l l e n bestehenden Eigenmembran, die bei völlig reifen
und turgescenten Drüsen allerdings immer so dünn wird, dass sie höchstens als „structurlose“
Membran, als Tunica propria, erkennbar ist. Die Kerne, die au f jungen Stadien noch unschwer
nachweisbar sind (Fig. 129 M, Taf. VI), werden hei der immer fortschreitenden Dehnung der
H a u t schliesslich sehr flach; sie rücken äusserdem, da eine Vermehrung während des Wachsthums
bei ihnen n i c h t mehr e in tritt, immer weiter auseinander, so dass ih r Auffinden in der letzten
Z e it zu den Glücksumständen gehört. D ah er berichten wohl auch die re la tiv zahlreicheren Angaben
der .Autoren n u r von der Existenz einer „ strukturlosen“ Eigenmembran der Hoden. Bestimmt
gesehen worden sind die Zellen der Umhüllungshaut an jungen Distomum endolobum von S chwarze *),
sowie an Distomum macrostomum von H eckert 2) ; auch Z iegler b e schreibt3) von Gasterostomum in
der Umgebung der Hoden eine eigene Membran mit kleinen flachen Zellen. Doch bin ich in
,). S chwarze, 1. c. p. 33.
2) Heckert, 1. c. p. 36.
8) Z i e g le r , Bucepli. u. Gasterost. p. 25.