freuen und davon in künstlerischem Sinne zu profitieren
suchen. Die grossen Monumentalaufgaben, die
Deutschland in den letzten 3o Jahren mit ungestümer
Energie hervorgebracht, sie bedeuten eine sturm- und
drangvolle Lehrzeit deren befreiende Wirkung sich nun
wohltätig in aller Kunst und kunstgewerblichen Betätigung
fühlbar macht.
Die Rückkehr zur handwerklichen Logik in der
Bearbeitung der Materiale, die dem modernen Empfinden
entsprungene, Organismus anstrebende Decoration,
diese ehrlich aufwärtsführenden Wege zur Erkenntnis
der Kunst in ihrem reinen Selbstzweck, sie spiegeln sich
auch mit Leides- und Freudeszeichen in unserer Kleinkunst,
der Medaille. Wenn ich die Namen der Männer
die sich ernst damit beschäftigten, und ihre Arbeiten
selbst hier nicht aufzähle, so lue ich das erstens aus
Ueberzeugung des zwecklosen Beginnens, in so knapper
Form gerecht werden zu können, zweitens in der
Voraussicht, dass in nicht allzuferner Zeit, die Arbeiten
zelbst, in ihrer Entwickelungsfolge, das Bild besser
zur Anschauung bringen werden, als es meiner Feder
zu schildern möglich wäre.
Die Arbeiten der ersten Hälfte des vergangenen
Jahrhunderts haben uns tief einschneidend gelehrt, dass
es einen allgemein gültigen Ausdruck für die Schönheit
nicht giebt und dass der Menschen beste Absicht, einen
solchen von vornherein in die Culturbestrebungen
seiner Zeit hineinzutragen, sich als unmöglich erwies.
Wir sind heute mit ganzer Kraft dort eingetreten, wo es
wirklich ein glückliches Beginnen giebt.
Die Hochhaltung des vom Grunde aus alles Bestimmenden,
im Handwerk der Kunst, es wird uns von vornherein
davon abhalten, in einen unkünstlerischen Naturalismus
zurückzufallen. Wir wollen zwischen Natur
und Stilisierung den Modus ausgeschaltet wissen, die
Beiden als zwei getrennte Elemente der Kunst anzusehen,
die erst nach richtigem, verstandesmässigem
Abwiegen zum Kunstwerk zusammengeschweisst werden
sollen.
Die Medaille mit ihren complicirten technischen
Werdegang, kann nur dann in künstlerischer Harmonie
geboren werden, wenn uns das tüchtigste Können, mit
den einfachsten Mitteln, unbewusst das hervorzubringen
ermöglicht, was uns als plastisches Ideal vorschwebt,
ehe wir zum Werkzeug greifen.
Wenn die französische Medaillenkunst der letzten
Periode in so kurzer Zeit ihrer Betätigung, den Boden
unter ihren Füssen ganz und gar verloren, so können
wir daraus die begründete Tatsache erkennen, dass das
wirklich künstlerisch plastische Ideal, zu wenig ernst
fundamentirt, es ermöglichte, die technischen Mittel an
die Oberhand gelangen zu lassen.
Die blendenden Erfolge haben nun auch bewirkt,
dass die Rückkehr zum gesunden Ideal, in Deutchland
eher am Baume der Erkenntnis reifte, als anders wo.
Wir wollen erhoffen, dass es einer jungen, kraftvollen
Generation gelingen möge, die ideellen Bestrebungen
auch auf diesem Gebiete auszubauen und wenn die
deutsche Medaille auch heute und morgen die Freunde
nicht hat, die sie verdient, der Glaube an das Gute,
Hohe, Ernste wird die Resultate zeitigen, denen man
auf die Dauer die Anerkennung nicht wird versagen
können.
Frankfurt a/M., December 1909.
J o s e p h K o w a r z ik .