Masse — man hätte vor seinem Erscheinen nicht geglaubt,
dass damit so ungesehene, ungeahnte, plastische
Schönheiten möglich sind. Und wieder kamen die, die
vom Borg leben, und füllten ihre geistigen Taschen.
Eine solche Art des Handelns, die man als nicht fair
bezeichnen kann, wirft man nun aueh der modernen
Medaille vor, als hätte sie der alten Medaillenkunst
ihre Schönheit abborgen und sich an ihre Steile setzen
wollen. Und doch liegt hier der Fall ganz anders. Hier
ist ein n e u e s künstlerisches Mittel erfunden wordenem
geringwertigeres als das alte, aber vielleicht in dem
gegebenen Moment das einzige, die originalen Möglichkeiten
des alten wieder erkennen und schätzen zu
lernen.
Das neue französische Gelcl hat da erwünschte Klar-
heit geschaffen. Die besten Meister waren dafür berufen
worden, und doch ist der Misserfolg nicht zu leugnen.
Für die Münze hätte man zurückgreifen müssen auf den
handgeschnittenen Stempel, um ihr den ihr angepassten
Charakter zu geben, eine Medaille hätte man nicht aus
ihr machen dürfen. Andererseits darf man sich nicht
darüber täuschen, dass die Schönheit griechischer Münzen
im kursierenden Geld nicht wieder aufleben kann.
Griechische Münzen haben ein hohes Relief und einen
unregelmässigen, gesprungenen Rand. Beides ist für den
modernen Geldverkehr unmöglich. Man bilde sich nicht
ein, dass es auf die Höhe des Reliefs oder die Form des
Randes nicht gerade ankomme; so etwas ist eben ästethischer
Reiz und untrennbar vom Kunstwerk. Aber
auch unter Berücksichtigung der Umlaufserfordernisse
des Geldes lässt sich eine ästethischen Ansprüchen
gerecht werdende Münze schaffen. Die Medaille hingegen
ist durch keine praktischen Forderungen gebunden;
sie kann die Schönheit griechischer Münzen wieder zu
erobern trachten. Verwirft sie die Reduktionsmaschine
kann sie auch die moderne Art des Prägens verwerfen
und zu einer Methode zurückgreifen, die ihr den
gesprungenen Rand wieder sichert.
Die moderne Herstellungsart der Medaille ist ein
neues plastisches Mittel, wie die Erfindung der Oelfarbe
ein neues malerisches Mittel war. Und wie das Oelbild
und das Fresko getrennte Eigenschaften haben und
man nicht von dem einen fordern soll, was nur das
andere geben kann, so sollte man nicht von der modernen,
mit Hilfe der Maschine hergestellten Medaille,
statt ihren Reizen nachzugehen,die Herbigkeit, Sprödigkeit,
Strenge und unvergleichliche Schönheit griechischer
Münzen fordern.
Man mag die eine Art verwerfen und nur die andere
anerkennen — aber man sollte trennen und nicht vermengen
und die Kunst da willkommen heissen, wo
sie sichtbar wird und ihr nicht entgegenrufen : in diesem
Gewand darfst du nicht erscheinen und durch
dieses Tor darfst du nicht treten.
Düsseldorf.
R u d o l f B o s s e l t .