ist, in Anwendung kommt, ist das Werk degradiert? »
Bei uns, ja. Es gibt eine Anzahl Menschen, denen ihre
geistige Bedeutung das Recht gibt zu fordern, dass man
ihre Meinung beachtet, die das so ansieht.
Die Anschauung ist hervorgerufen worden durch eine
in Deutschland stark hervortretende, letzten Endes mit
der modernen kunstgewerblichen Bewegung zusammenhängende
Neigung, in den am Kunstwerke sichtbar
werdenden Spuren manuell-technischer Behandlung
ästethische Werte zu suchen. Diese Sucht fordert das
Entgegenkommen heraus und dies wieder eine immer
einseitigere Beurteilung nach dem erwähnten Gesichtspunkt,
wobei denn zum Schluss die Nebenerscheinung
zur Hauptsache werden kann.
Was ist nun das Besondere, das durch die Verkleinerungsmaschine
in den Herstellungsprozess der Medaille
hineingebracht wird? Eine Art Fälschung. Eine Vortäuschung
(nur für den Uneingeweihten, versteht sich) der
Künstler sei imstande, das, was der Beschauer in der
Hand hält, so zu machen, wie es aussieht. Ein Betrug,
der unter ein Fälschungsgesetz geistiger Nahrungsmittel
fallen müsste, wenn es das gäbe, es sei denn, das Produkt
trüge sein Brandmai an der Stirn : Mit Hilfe der
Verkleinerungsmaschine hergestellt — ein Surrogat.
Es sei hier eingeschaltet, dass die Medaille nicht die
einzige Kunstgattung ist, bei der eine Verkleinerung des
ursprünglichen Modelles eintritt. Bei Klein-Bronzen ist
das sehr üblich geworden, und wenn es sich auch meist
auf « ansprechende Sujets » beschränkt, so fehlen doch
auch andere Werke nicht. Klingers « Badende » z. B.
ist in einer maschinellen Verkleinerung nachdem grossen
Modell in den Handel gebracht worden. Man wird zu
beurteilen haben, ob diese Arbeit auch in der neuen
Grösse ihre künstlerischen Qualitäten bewahrt. Wenn
ja.ist es gewiss nicht der Umstand, dass das Modell nicht
in derselben Grösse modelliert wurde, der den Genuss
dieser Qualitäten beeinträchtigen oder die Ju ry einer
Ausstellung zur Zurückweisung veranlassen wird.
Immerhin, bleiben wir bei der Medaille. Es is richtig,
dass die' durch Anwendung der Maschine gegen früher
veränderte Herstellungsart nicht ohne Einfluss auf die
Formengebung, auf das Aussehen der Medaille gebliehen
ist, und das legt die Frage nähe : Hat die Medaille dabei
gewonnen oder verloren? und dann die weitere : In
welchem Verhältnis stehen Technik und ästethische
Werte zu einander, inwieweit bringt die Technik (der
Arbeitsprozess, das Werkzeug) unabhängig von den geistig
künstlerischen Qualitäten der Arbeit solche Wbrte
hervor?
Ein einfacher Fall : die Steinbearbeitung ist seit rund
5ooo Jahren, seit den ältesten Skulpturen der Aegypter
bis auf unsere Tage, die gleiche geblieben. Der unerschöpfliche
Wandel der Formengebung, der sich in
diesem Zeitlauf in der Skulptur vollzogen hat, wird
durch einen Wandel in der Technik nicht erklärt, auch
nicht durch eine mehr oder minder grosse Geschicklichkeit
in derselben Technik, die verschiedenen Völkern
oder Perioden desselben Volkes eigen gewesen sein
könnte. Hier ist es möglich die Ursache der Wandlung
zu bezeichnen : die immer wieder sich ändernde Formanschauung.
Was eine Aenderung der Anschauung
herbeiführt, brauche ich hier nicht zu untersuchen.
Wölflins « Renaissance und Barock » ist ein jedem
bekanntes Beispiel für eine solche Wende. Nur dass es
nicht die Technik ist, sondern umgekehrt die Technik
der künstlerischen Anschauung durch alle Phasen willig