wo in den Portraits die Menschen uns so entgegensehen,
wie sie der Friseur vor das Auge des Stempelschneiders
und Miniaturmalers stellte. Die Technik des direkten
Vertieftschneidens der Stempel passt sicli dem Zeitcharakter
an und der Rundstichel scheint wie dafür ge-
schaffen, diese rundlichen weiblichen Formen mit den
darüber gestreuten Locken und Schnörkeln lebendig
wiederzugeben. Die Rückseiten der Münzen und Medaillen
mit ihrem spielenden Ornament, sind dadurch,
dass sie nichts Besonderes vordemonstrieren wollten,
den antiken Vorbildern oft unbewusst näher gerückt,
als es nachher, mit Absicht, je wieder gelang.
Wenn wir sie uns dagegen näher besehen, diese guil-
lotinirten Porlraitköpfe der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts,
die der Künstler nun nicht mehr so wiedergeben
durfte, wie er sie sah, sondern die so dargestellt
werden mussten, wie sie selbst gerne im Leben ausgesehen
hätten, so fällt uns doch die oft ausgezeichnete
plastische Beherrschung der Detailform auf.
Wir müssen die Sicherheit anerkennen, mit der man
an seine Aufgabe berantrat und ebenso die Ruhe, mit
der man seine Sache zu Ende führte.
Trotz aller Anerkennung aber legen wir am Schlüsse
dieses broncene Antlitz voll kalter Höflichkeit in seine
Lade zurück und in dem wir nach der nächsten Arbeit
greifen, haben wir das Vorhergesehene bereits vergessen.
Bei diesen Betrachtungen lösen sich eine Summe von
Gedanken aus. über die Einflüsse der führenden Künste
auf die kleine Reliefkunst der Medaille und Münze.
Wir sehen, wie jene, in verschiedenen Kunstperioden
diese, mit viel oder wenig Glück bemutternd an ihren
nährenden Busen gezogen hat. W ir können den feinen
Unterton heraushören, in dem die Malerei, mit ihren
sirenenhaften Reizen, dieses eigenwillige Kind aus der
strengen Familie « Plastik » immer zu sich ruft und wir
empfinden zu Zeiten die Absicht der strengen Erziehung
im elterlichen Hause, mit seinen sittlich der Familie
würdigen, aber für das Auge des Freundes wenig erfreulichen
Resultaten.
Wir fühlen vor diesen Schöpfungen deutlicher wie
je, dass diese Kleine Reliefkunst der Medaille und
Münze eine eigene Seele hat und dass ihre Kunstübung,
mehr als man in manchen sogenannten Zeiten der Wiedergeburt
berücksichtigt hat, auf einer eigenen plastischen
Grundanschauung aufgebaut werden muss.
Die Kunst der Medaille und Münze, die nun, wie die
Thatsachen gelehrt haben, am Anfang des 20 Jah rh u n derts
von der bemutternden Malerei gerade so ins trostlose
Nichts geführt wird, wie am Anfang des 19. Jahrhunderts
durch die architektonisch strengen Gesetze des
herrschenden Monumentalgedankens, sie wird nun doch
endlich in Zukunft in der Wahl ihrer Mutterbrüste vorsichtiger
werden müssen.
Wenn ich mit diesen Bemerkungen dem Gange meiner
Betrachtungen vorgegriffen, so war es deshalb geschehen,
um auf den praktischen Wert einer ernsten Kunstge-
schichtlicben Arbeit hinzuweisen, die uns die Grenzen
dieser in solchen Contrasten sich äussernden Produktion
eines Jahrhunderts in grossen Rückblicken vor das
nach Entwickelungsmöglichkeiten ausschauende Auge
stellt.
Wenn ich der Schätze gedenke, die ich im Laufe der
Jahre in den Schränken der deutschen Museen und
ebenso in den Laden der Lokalsammler aus der Zeit von
1780 bis 1860 erschaut und über die wir heute, vom
künstlerischen Standpunkt, soviel wie keinen Ueher