beitet, dieser dann durch eine Maschine von fabelhaftem
Kraftaufwand eingedrückt in einen anderen Stahlblock,
um das vertiefte Bild zu bekommen, und aus diesem,
dem eigentlichen Stempel, nun endlich die Ausprägungen,
gebürstet, mit einem Sandstrahlgebläse matt geschlagen
und patiniert : die moderne Medaille. Man
sieht, bei diesem — ich gebrauche das Wort in übertragener
Bedeutung — unreinlichen Prozess kommt unseie
Vorliebe für das Unmittelbare, Durchsichtige, Eindeutige
in der Herstellung eines Kunstwerkes, für das Wiederfinden
der arbeitenden, werkzeuggerüsteten Hand in
ihm, nicht zu ihrem Recht. Nichts von dem prickelnden
Reiz, der unmittelbaren Frische der Form, die die
Medaillen aus handgeschniltenem Stempel auszeiehnen,
ist hier zu finden (i); auch nicht jene treue Reproduktion
der modellierenden Hand, wie sie dem Bronze-Rohguss
eigen ist. Alle technischen Vorgänge sind in eins
zusammengeschmolzen zu einem neuen, oft verblüffenden
Resultat, und das Unangenehme, das ihm anwohnt,
ist gerade das Zweideutige, schwer Enträtselbare der
Herstellung, das die menschlichen Hände, an die für
unsere Vorstellung alle künstlerische Arbeit geknüpft
ist. zu verleugnen oder ihnen bisher nicht gekannte und
vielleicht nicht einmal wünschenswerte Fähigkeiten
zuzusprechen scheint.
Das ist nach meinem Dafürhalten der Grund für die
starke Abneigung, der die moderne, mit Hilfe der Maschine
hergestellte Medaille als Kunstgattung bei vielen
Kunstfreunden und Künstlern, vorzugsweise in Deutschland,
begegnet; eine Abneigung, die berechtigt erscheint,
(1) Ueber der Unterschied in der Formengebung siehe meine Abhandlung
in : « Ring », 2 Heft, Dezember 1908, heraugegeben von de Vereinigung
« Ring ». Düsseldorf.
und neben anderen,hier nicht zu untersuchenden Ursachen
mit dazu beigetragen hat,die Bewegung zu Gunsten
der Medaillenkunst in Deutschland zum Stillstand zu
bringen.
Die oben aufgeworfene Frage: hat die Medaille bei
der Veränderung, die die gegen früher neue Herstellungsart
ihrem Aussehen, ihrem Charakter aufgeprägt
hat, gewonnen oder verloren, würde ich also ohne Zögern
dahin beantworten : als Kunstgattung hat die
Medaillenkunst durch Erfindung und Anwendung der
Reduktionsmaschine verloren.
So hat sich die Wiedergeburt der Medaillenkunst
durch ein Mittel vollzogen, das von vornherein als die
Kunstgattung kompromittierend, schwächend, vernichtend
vielleicht, hätte verworfen werden müssen? Die
Wiedergeburt wäre gar keine Wieder- sondern eine
Neugeburt, und gleichzeitig noch etwasanderes, nämlich
der Tod der eigentlichen Medaillenkunst? Ja. So stellt
es sich dar. Die eigentliche Medaillenkunst ist tot ^ und
es ist auch, mit Ausnahme von einigen deutschen Künstlern,
gar nicht der Versuch gemacht worden, sie am
Leben zu erhalten oder zu neuem Leben zu erwecken;
man hat sie einfach aufgegeben und sich einer anderen
künstlerischen Betätigung zugewandt, der man, einiger
Aelinlichkeit wegen, den Namen der Verstorbenen beigelegt
hat. Aber man war sich hei diesem Wechsel oder
besser Uebergang — denn der hat stattgefunden nicht
bewusst, etwas aufzügeben, was nicht durch ein anderes
zu ersetzen war. Denn die jenigen Künstler, die in
Frankreich den Uebergang vollzogen, waren wirkliche
Medaillenschneider, keine Medailleure wie die meisten
heutigen, die nie einen Stichel in der Hand gehabt
haben, und sie hatten zuerst nur die Empfindung., in