Stammgruppen unter malaiischem Einfluss verändert haben und noch
verändern, ersah ich daraus, dass sich die Könja in Gegenwart von
ums Premden in dieser Hinsicht bald wie die Bahau betrugen. So
begaben sich die Mädchen und Frauen der IvCnja nur nachts, wenn
wir schliefen, nackt aus ihrer Wohnung zum Flusse.
. Als D em m e n i einmal spät abends seine Platten entwickelte, bemerkte
er sechs unbekleidete junge Mädchen, die zum Flusse gingen;
kaum hatten sie aber den roten Schein der photographischen Laterne
bemerkt, als sie erschreckt und lachend ins Haus zurückeilten. Auch
die Könjamänner schämten sich vor uns Europäern, ihre Kleidung in
den Wasserfällen1 gänzlich abzulegen. Ihr Betragen war nur eine Folge
davon, dass unser Geleite von Malaien und Bahau den Könja erzählt
hatte, wir Weissen nehmen an dem nackten Erscheinen der Eingeborenen
Anstoss, was übrigens gar nicht mit unserer europäischen Auffassung
übereinstimmte. Man sieht hieraus, welch eine grosse Rolle
angelerntes Schamgefühl bei der Entwicklung der Kleidung spielt.
Da Stämme, die stets völlig nackt gehen, in Borneo nicht mehr
Vorkommen, ist es jetzt schwer festzustellen, ob der Gebrauch einer
Körperbedeckung überhaupt fremdem Einfluss zugeschrieben werden
muss.
Augenblicklich dient die Kleidung der Dajak nachweisbar folgenden
Zwecken: als Schutz gegen Sonnenwärme bei s ämmt l i c h e n
Stämmen, als Schutz gegen Kälte nur bei den im rauhen Gebirgsklima
lebenden Könjastämmen, als Schutz gegen Einbrennen und Dunkelwerden
der Haut, als Schmuck und als Schreckmittel gegen Feinde.
Um sich gegen die Sonnenwärme zu schützen, bedecken sich Männer
und Frauen bei der Feldarbeit und bei ihren Reisen auf offenen, der
Sonne ausgesetzten Flüssen auch den Oberkörper.
Die Frauen, bei denen eine helle Hautfarbe für besonders schön
gilt, suchen mehr als die Männer durch Kleidung ein Einbrennen und
Dunkelwerden zu verhindern' ihre flachen konischen Sonnenhüte {häutig)
sind daher viel grösser als die der Männer. (Siehe Taf. Hüte der Bahau).
Eigentliche Kleidungsstücke werden als Schmuck nur selten, bei
festlichen Gelegenheiten, getragen.' Die Kajan am Mendalam z. B. legen
ihre schönsten Kostüme nur einmal im Jahr, zum Neujahrsfest, an •
dann tragen die Männer schöne Jacken und die Frauen schlingen sich
Schale um die Schultern; Lendentücher und Röckchen bestehen dann
auch aus den schönsten Stoffen.
Rechnet man zur Kleidung, wozu man nach der Auffassung der
Dajak berechtigt ist, auch Tätowierungen, Umbildungen von Zähnen
und Ohren, Hals und Armbänder u. s. w., so findet die Kleidung als
Schmuck allerdings eine viel ausgedehntere Verwendung.
Wenn die Bahau ihre Festkleider auch nur selten anlegen, verwenden
sie doch auf ihre tägliche Toilette sehr viel Sorgfalt. Besonders
ist dies bei unverheirateten jungen Männern und Mädchen und
bei Jungverheirateten der Fall. Sind Männer und Frauen erst einige
Jahre verheiratet, so tritt die praktische Seite der Kleidung mehr in
den Vordergrund. Eine besondere Tracht füt, Verheiratete und Unverheiratete
giebt es nicht.
Die Bahau bekleiden ihre Kinder, sobald sie gehen können. Die
Kleinen zeigen aber für die Notwendigkeit und Schönheit von Kleidungsstücken
meist gar kein Verständnis und einzelne leisten daher
beim ersten Anlegen des Lendentuchs oder Röckchens heftigen, oft
Jahre dauernden Widerstand. Die Eltern schreiben diesen Widerstand,
wie alles Aussergewöhnliche, dem Einfluss böser Geister zu ;
daher baten mich die Mütter öfters, ihr eigensinniges Kind zu „belesen,”
d. h. durch Lesen in einem Buche den bösen Geist aus ihm
zu vertreiben.
Durch den ständigen Verkehr mit den Malaien, die auswärtige Stoffe,
hauptsächlich billigen europäischen Kattun, bei ihnen einführen, ist die
ursprüngliche Kleidung der Bahau am Mendalam viel stärker beeinflusst
worden als die der Stämme am oberen Mahakam und Bulungan.
In früheren Zeiten verfertigten, wie es die Könja und Bahau am
Mahakam jetzt noch tun, auch die Mendalam Kajan die Stoffe für
ihre Kleidungsstücke selbst; sie webten sie aus Baumwolle oder Lianenfasern
oder stellten sie aus geklopftem Baumbast her. Die- gewebten
Stoffe wurden bei Festlichkeiten oder von den Reicheren getragen,
während der §aumbast für die gewöhnliche Arbeitskleidung diente.
Auf die Herstellung' dieser Kleidungsstücke verwandten besonders
die Frauen viel Sorgfalt und Kunstfertigkeit. Sie webten sowohl
prächtige Stoffe als auch einfachere, die dann, wie auch der Baumbast,
durch schöne farbige Stickereien verziert wurden. Die Stickereien
wurden in hübschen, farbigen Mustern, hauptsächlich im Kettenstich,
ausgeführt und legen noch heute von dem Geschmack und Fleiss der
damaligen Frauen ein gutes Zeugnis ab. Den Männern fiel die Bearbeitung
der verschiedenen Arten von Baumbast zu, auch schnitten sie