K A P I T E L X.
Von Putus Sibau nach Siut — Besuch bei den Taman Dajak — Verlust eines Hundes durch ein
Krokodil — Nachtlager auf der Geröllbank Liu Tangkilu R j Kampf gegen die Strömung
Aufenthalt wegen des. telandjang — Umschlagen eines malaiischen Handelsbootes — Ausflug auf
einen Berg —- Eigentümliche Lianen -r- Fortsetzung der Fahrt bis zur Gung-Mündung —- Aufenthalt
wegen schlechter Vorzeichen — ; Passieren der „Gurung Dölapan” — Nachtlager an der Bun-
gan Mündung — B i e r und O b e t L a t a fallen in den Fluss — Begegnung mit unserer ersten Gesandtschaft
— Ankunft an der Bulit-Mündung — Aufschlagen der Lagers — Nächtlicher Ueberfall
durch Hochwasser — A k am I g a ü s Reiseplan ■— Begegnung mit Bungan Dajak — Aufbrüch zum
pangkalan Howong — Kalkberge am Bulit.
Hat man die Mendalambewohner nach langdauernden Unterhandlungen
endlich' dazu gebracht, sich an einer Expedition zu beteiligen,
so fassen sie ihre Verpflichtungen dafür wirklich ernst auf. Auch jetzt
wieder hatten sie, sorgsamer'Weise, die Bootsränder durch zwei Reihen
übereinander gelegter Planken erhöht und die Ritzen mit geklopftem
Baumbast verstopft; diesen auch noch, nach malaiischer Art, mit Harz zu
durchtränken {dumpuF) halten die Kajan aber für überflüssig; daher dringt
»stets etwas Wasser ins Boot und muss von Zeit zu Zeit ausgeschöpft
werden. Um uns 4 Europäer, den Jäger D o r i s und unser Hab und
Gut vor Sonne , und Regen zü schützen, hatten sie mitten im Boot
ein Palmblattdach von 1 m Höhe errichtet, das wenige Tage später,
als wir unter dem dichten Ufergebüsch nicht hindurch fahren konnten,
leider wieder fortgenommen werden musste.
Die Böte waren, je nach ihrer Länge, mit 4—6 Mann besetzt;
unser grösstes Boot hatte eine Länge von 14 m und eine Breite von
80 cm, die übrigen waren, um besser zwischen den Geröllbänken lenken
zu können, kleiner. Vorn und hinten im Boot sass ein Steuermann,
die anderen nahmen als Ruderer Platz. Malaien und Bahau benützen
im Oberlauf der Flüsse stets 1.60— 1.70 m lange Ruder {6esg)_, welche bis
auf V3 der Länge aus einem breiten Brett von hartem Holz bestehen.
Alle hatten ihre eigenen, neuen Ruder mitgebrächt und waren auch
sonst mit allem versehen, was sie auf einer Reise über Wasser und
durch Urwald nötig haben konnten. Vor allem hatten sie für ihre
Waffenrüstung, bestehend in Schwert, Blasrohr, Schild, Kriegsjacke
und Kriegsmütze gesorgt; als Unterlage zum Schlafen und als Dachbedeckung
hatten sie einen genügenden Vorrat Palmblattmatten (s-amit)
mitgenommen. Die Reisegarderobe war bei allen sehr schlicht und
bestand nur aus 2 oder 3 einfachen Lendentüchern und einem besonders
schönen Lendentuch .und Jäckchen, die für die Ankunft bei ihren
Freunden am Mahakam bestimmt waren. Zu meiner grossen Zufriedenheit
hatten sie genügend viel Gerätschaften, wie Beile, Hobel und
Meissei mit sich genommen, um die Böte ausbessern, nötigenfalls im
Wald gänzlich neue hersteilen zu können. Alle diese Dinge waren in
einem aus gespaltenem Rotang geflochtenen Tragsacke {brint) verpackt
und von jedem Manne in die Mitte des Bootes zu seinem übrigen
Gepäck gelegt worden. Hierdurch war aber der kleine Raum in. der
Mitte so angefüllt, dass für unsere eigenen Güter und 'Personen nicht
viel Platz übrig blieb und die 25 Böte kaum alles bergen konnten.
Der Platzmangel hatte noch eine andere Ursache: wie gewöhnlich
hatten die Ruderer auch diesmal vor der Abreise einen grossen Vorschuss
von ihrem Lohn ('/, Dollar pro' Tag) empfangen und ihn teilweise
dazu verwendet, ihren zurückbleibenden Familien allerhand notwendige
Dinge zu kaufen; grösstenteils hatten sie aber für das Geld
Tauschartikel eingehandelt, um sich für diese am Mahakam Schwerter,
Matten und alte Perlen, die dort besser als am Kapuas zu erhalten
waren, anzuschaffen. In Anbetracht, dass ich das schwere Silbergeld dann
nicht mitzuführen bfauchte, um es erst am Mahakam auszubezählen,
hatte ich den Leuten gern den Vorschuss bewilligt; malaiische und
chinesische Händler in Putus Sibau erzählten mir jedoch bald, dass
der Lohn in der viel umfangreicheren Form von Kattun, Glasperlen
und selbst Salz mitgeführt werden sollte. Wohl wissend, dass hieran
nichts zu ändern war, weil mein Geleite hierüber seine eigene Auffassung
besass, dass es ferner durch Handeln am Mahakam noch
einen besonderen Vorteil aus unserer Reise ziehen konnte, widersetzte
ich mich nicht gegen das Einladen der bisweilen verräterisch dickbäuchigen
Tragsäcke. Ich wusste aus Erfahrung, wie sehr das eigene
Interesse am Gelingen der Expedition meine Kajan allen Schwierigkeiten
gegenüber stählte.
■ Ich war froh, endlich unterwegs zu sein; denn das trockene Wetter
hatte mit einer für Borneo seltenen Standhaftigkeit bereits 3 Monate