Ränder (apin) im Walde gesucht werden, was keine Kleinigkeit war,
da die Länge des Bootes 18 m und die Breite 1,2 m betrug. Diese
Arbeit wurde aber, als sich die Kajan einmal ernsthaft aufrafften, über
Erwarten schnell ausgeführt und in einem Tage waren auch die Bretter
an das Fahrzeug gebunden worden. Zwar wusste ich, dass viele Leute
ihren Reis für die Fahrt zubereitet hatten, aber da seither viele Monate
verstrichen waren, hatten diese Vorbereitungen kaum noch einen Wert.
Selbst die Erklärung eines Mantri, dass ich es hoch anschlagen müsse,
dass K w in g I r a n g doch mit mir ging, obgleich sich ein Bahauhäupt-
ling, wenn er eben sein Haus bezogen hat und dieses auch noch
nicht vollendet ist, nicht auf die Reise begeben dürfte, verbesserte
meine Stimmung nicht sonderlich.
Selbst am 1 0 . März beanspruchte K w in g noch meine Hilfe, weil
er selbst keine genügende Anzahl Menschen zusammen bringen konnte,
um in seiner Vorgalerie eine Diele legen zu lassen. Diese bestand aus
zahlreichen, schweren Brettern des Tenkawangbaumes, der trotz seiner
Nützlichkeit hierfür in grösser Zahl geopfert wurde. Die Bretter waren
ungefähr 1 dm dick und 5— 7 dm breit bei einer Länge von ungefähr
1 0 m. Aus einem grossen Baum wurden zwei Bretter hergestellt und
zwar vereinigten sich stets zwei Familien, ein bearbeitetes Brett zu liefern.
Um diese Bretter an Ort und Stelle, drei Meter hoch über den Erdboden,
zu heben, waren mehr Männer als die sechs oder acht, die ständig
am Hause arbeiteten, erforderlich, aber da alle eifrig auf ihren Feldern
beschäftigt waren, bat mich K w in g I r a n g , noch einmal die Leitung
einer Versammlung übernehmen zu wollen, in der den Familienhäuptern
nochmals eingeschärft werden sollte, dass sie ihrem Häuptling und
mir gegenüber verpflichtet waren, wiederum Hilfe zu leisten.
Am folgenden Tage wurden in der Tat alle bereits vorhandenen
Bretter an ihren Platz gelegt, aber es erwies sich, dass noch so viele
Familien die Lieferung ihrer Planke bis nach der Ernte oder nach dem
Bau ihrer eigenen Wohnung verschoben hatten, dass noch ungefähr
die Hälfte der 13 x 28 m grossen Oberfläche ungedeckt blieb. Hierfür
gebrauchte jedoch K w in g die noch nicht benützten Bretter der Mittelwand,
die man vorläufig aus altem Material hergestellt hatte und die
man erst nach der Rückkehr von der Küste vollenden wollte.
Unter diesen Beschäftigungen trat der 2 8 . März ein, bis S orong
mit vier Mann auf die Vorzeichensuche, ging. Nach der Meinung der
meisten Kajan geschah dies viel zu früh, aber K w in g I r a n g tat alles,
was er konnte, um die Reise zu beschleunigen, ohne die adat und
seine eigenen Interessen allzu sehr zu benachteiligen. Vom 24sten bis zum
2 gsten durfte nämlich nichts Besonderes ausgeführt werden, da der Mond
in dieser Zeit, wo er am vollsten ist, „schlechter Mond” [bulan djä-äk)
genannt wird. Die Kajan bauen in dieser Zeit keine Häuser und Böte
und gehen auch nicht auf die Vorzeichensuche. Dass S orong sich so
früh aufgemacht hatte, half leider nichts, denn am 30. März kam er
mit der traurigen Nachricht zurück, dass O b e t D ewong nun doch,
nach einem Ausflug in den Wald, gestorben war. Durch einen derartigen
Todesfall verlieren die gefundenen Vorzeichen ihren Wert und
es müssen später wieder neue.gesucht werden.
Noch am gleichen Tage kam von den Pnihing aus Long ’Kup die
Nachricht, dass P a r e n , der kleine Sohn, den K w in g dort von seiner
jüngsten Frau hatte, seit einigen Tagen an Fieber litt und dass man
den Vater erwarte. Mit dem Versprechen bald zurückzukehren begab
sich K w in g noch am selben Nachmittag nach Long ’Kup.
Als K w in g in den ersten Tagen nicht zurückkehrte, ging S orong
in zwei Böten wiederum auf die Vorzeichensuche.
Da der Häuptling im Fall des Todes seines Sohnes überhaupt nicht
hätte reisen dürfen, begann ich mich zu beunruhigen und fuhr am
2. April selbst nach Long ’Kup, um zu sehen, wie die Sachen standen
und ob ich helfen konnte. Bei meiner Ankunft war man gerade damit
beschäftigt, K w in g s Gepäck für die Rückreise in die Böte zu laden;
auch war im Zustand des Knaben eine Besserung eingetreten. E s zeigte
sich, dass man ein grosses Beschwörungs- und Genesungsopfer (qnah abei)
gebracht hatte und dass die Kajan von dem herrlichen Klebreis mit
Schweinefleisch, den sie genossen hatten, noch ganz erfüllt waren. Von
dem Rest der schönen Opfergerichte sollte ich nun durchaus auch noch
etwas geniessen. Ich Hess mich nicht lange nötigen und zwar nicht nur,
um meinen Gastherren eine Freude zu bereiten, denn auf meinem Tisch
war in letzter Zeit so selten Fleisch erschienen, dass ich das fette
Schweinefleisch, trotzdem es ohne Salz gekocht war, gierig verzehrte.
Am gieichen Abend waren wir wieder in Long Blu-u zurück, wo
ich zu meinem Verdruss hören musste, dass ein neunjähriges Mädchen,
das die Eltern allein zu Hause gelassen hatten, plötzlich erkrankt und
gestorben war. Wahrscheinlich hätte ich dem Kinde nicht helfen können
und die Kajan trösteten sich mit der Annahme, dass das Kind vielleicht
über irgend ein Tier gelacht und daher von den Donnergeistern