gestatteten, sich mit einem Gliede des anderen Dorfes zu vermählen.
Eines der Opfer, ein junges Mädchen, das ich gern hatte und das
früher häufig zu mir kam, um sich in meiner Hütte auszuruhen, zeigte
sich zwei Monate lang nicht mehr bei mir und als sie zum ersten
Mal wieder erschien, wagte sie kaum die Augen aufzuschlagen, obgleich
ich mir alle Mühe gab, ihr aus der Verlegenheit zu helfen-, auch
später besuchte sie mich nur noch einige Male.
Da die Frauen bei der Eheschliessung eine Hauptstimme haben,
crehören Verlobungen in kindlichem Alter zu den Seltenheiten.
Obwohl Unverheiratete die grösste Freiheit geniessen und Verheirateten
viele Beschränkungen und Pflichten anferlegt werden, nehmen
die Kajan auffallender Weise gern das Ehejoch auf sich. Daher sind,
junge Männer, wenn sie nicht durch weite Reisen daran verhindert
werden, mit 25 Jahren beinahe alle verheiratet; Mädchen verheiraten
sich meist vor dem zwanzigsten Jahr.
Bei jeder Eheschliessung finden zwischen den beiderseitigen Eltern
über die Mitgift und die Summe, welche der junge Mann-.-seinen
Schwiegereltern bei der Heirat ausbezahlen muss, Unterhandlungen
statt. Leben die Eltern nicht mehr, so werden sie durch Angehörige
oder den Häuptling vertreten.
Der Betrag, den der junge Gatte bezahlen muss, ist meist nicht hoch, mit
einem Schwert oder einem Gong sind die Schwiegereltern gewöhnlich zufrieden
; reiche Häuptlinge dagegen haben bis zu 300 Dollar zu bezahlen.
Polygamie ist am Mendalam nicht Sitte, sie kommt nur bei einigen
Häuptlingen am Mahakam vor, die sie kürzlich von den Malaien übernommen
haben.
Man sieht es gern, dass beide Teile, die eine Heirat mit einander
eingehen, dem gleichen Stande angehören. Häuptlinge verlieren viel
an Ansehen, wenn sie sich mit gewöhnlichen Kajan verheiraten und
ihre Kinder haben wenig Aussicht, ihre Nachfolger zu werden-, dass
sie sich jemals mit Leibeigenen verheirateten, hörte ich nie.
Bei den Kajan sind nicht nur Ehen zwischen nahen Blutsverwandten,
sondern auch Ehen zwischen angeheirateten Verwandten, wie den
gegenseitigen Geschwistern von Eheleuten, verboten. Daher müssen
die wenigen Häuptlinge am Mendalam, die aus Standesrücksichten auf
Heiraten unter Verwandten angewiesen sind, bei der Eheschliessung
eine Busse für die Uebertretung der adat bezahlen.
Heiraten zwischen benachbarten, nicht verwandten Stämmen sind
zwar nicht verboten, kommen aber so selten vor, dass Taman und
Kajan z. B. länger als ein Jahrhundert neben einander leben, ohne
sich zu vermischen. Die meisten fremden Männer einer Niederlassung
gehören verwandten Stämmen, an und halten sich ihrer Heirat wegen
für längere oder kürzere Zeit dort auf.
Für die Heirat, insbesondere für die Zeit von der Hochzeit bis
zu dem folgenden Neujahrsfeste, bestehen so zahlreiche Verbotsbestimmungen,
dass die Kajan, um diese lästige Periode abzukürzen,
vorzugsweise kurz vor diesem Feste heiraten.
Bei. den gewöhnlichen Kajan verläuft eine Hochzeit sehr schlicht;
die Häuptlinge dagegen veranstalten bei der Heirat ihrer Kinder grosse
Feste, die zwei bis drei Tage dauern und an denen sich'alle angesehenen
Dorfbewohner beteiligen.
Die Hochzeit wird ipi Hause der Braut gefeiert, in welches der
Bräutigam durch seine Freunde geleitet wird. Die Wohnung, aus der
aller Hausrat vorher entfernt wurde, ist mit Grün und bunten Tüchern
festlich geschmückt und die Wände sind mit allem, was die Eltern der
Braut dem Geleite des Schwiegersohnes schenken, behängt. Die Freunde
haben denn auch das Recht, alles Schöne, das ihnen durch die Freigebigkeit
des Häuptlings und die Beiträge der Dorfgenossen ange-
boten wird, mit sich heim zu nehmen.
Unter den Geschenken, die Braut und Bräutigam einander geben
und auch unter denen der Familienglieder, spielen Perlen eine wichtige
Rolle. Von dem Bräutigam erhält die Braut zuerst einen taksä
häwä (Gürtel für die Ehefrau), bestehend aus einer Schnur mit vier
alten Perlen; beim Hochzeitsmahl findet sie zwei weitere Perlen im
R e is ; ausserdem erhält sie noch eine besonders schöne Perle, die
„koho gum än" {guman =!■ essen).
Die Verwandten und Bekannten schenken eine Perlenschnur (dje),
die so lang als die Braut sein muss und die, je nach der Wohlhabenheit
der Geber, einen höheren oder geringeren Wert besitzt.
Mann und Frau sind in der Ehe gleichberechtigt; die Leitung des
Hauses gelangt aber auch bei den Kajan in die Hände der stärkeren
Persönlichkeit. Wie bereits gesagt, wird von beiden Teilen vollkommene
Treue verlangt, auch für den Fall, dass der Mann langdauernde
Reisen unternimmt. Ein Treubruch wird schwer bestraft, scheint übrigens
selten vorzukommen. Der Mann hat eine höhere Busse zu bezahlen
als die Frau.