Die Kajan aus Tandjong Karang und Tandjong Kuda waren die
zahlreichsten, ihnen folgten die Ma-Suling und Uma-Pagong, und
schliesslich noch Glieder der Bukat und Punan, der meist nur zeitweise
am Mendalam lebenden Nomadenstämme. Jede Gruppe hatte
einen eigenen Häuptling oder angesehenen Mann zum Anführer; ich
betrachtete aber, wie bereits gesagt, A k a m I g a u aus Tandjong Karang
als Oberhaupt aller, da er als alter weitgereister Mann am meisten
Einfluss besass, während sein viel jüngerer Nebenbuhler T i g a n g A g in g
aus Tandjong Kuda nur durch seine hohe Geburt sich Ansehen
zu verschaffen trachtete. Ihm völlig ergeben war nur O b e t L a t a , der
Anführer der Ma-Suling, ein alter unbedeutender Mann, der T i g a n g
als den Schwiegersohn des Ma-Sulinghäuptlings A k a m L a s a fürchtete.
Die Männer von Uma-Pagong standen, wie auch auf der vorigen
Reise, unter Anführung von J u n g , einem Adoptivsohn des weiblichen
Häuptlings B u l a n . E s war dies eine junge energische Persönlichkeit,
die uns auf der Reise viele Dienste erwies.
Die Gruppe der Punan und Bukat bestand aus 12 Männern sehr
verschiedener Abkunft, auch befanden sich unter ihnen einige Leute
eines anderen Jägerstammes, der Bökötan. L u d a n g , der Punanhäupt-
ling, konnte an der Expedition nicht teilnehmen, Hess sich aber durch
seinen jungen Sohn K w i n g vertreten, dem ein schwächlicher, aber
intelligenter Mann namens T e t u h e zur Seite stand.
Um keine Zeit zu verlieren, hatten wir bereits am Tage zuvor alles
Gepäck so . geordnet, dass die Ladung auf die schnellste Weise von
statten gehen konnte. Nun galt es, Menschen und Güter auf die praktischste
Weise in die 25 Böte zu verteilen, was insofern seine Schwie-
rigkeit hatte, als die Leute sich bereits in Gruppen verteilt und in
den Böten da Platz genommen hatten, wo es ihnen gerade am besten
gefiel; dadurch war das eine Boot überladen, das andere beinahe leer;
ausserdem nahm jedes Boot so wenig als möglich Gepäck mit, so
dass ich das Einladen genau regeln und überwachen musste. Das erforderte
alles viel Hin- und Herreden, Ermahnungen und bisweilen
ernstes Auftreten und dauerte bis 10 Uhr morgens. Die ganze Zeit
über hatte ich die alte U s u n an meinen Fersen. Endlich war alles
geregelt, jeder Mann an seinem Platze und wir nahmen vom Kontrolleur
Abschied, der uns mit seinen zwei kleinen Kanonen noch eine gute
Reise nachdonnerte.
K A T I T E L I I I .
Allgemeines über die Insel Borneo — Die Gebirge von Mittel-Borneo — - Die Wasserscheiden
zwischen dem Mahakam und dem Batang-Rfcdjang, Kajan und Baritö — Geologie des oberen Ma-
hakamgebietes — Salzquellen — Geologischer Charakter des Apu Kajan — Aeussere Gestaltung
Mittel-Borneos — Buschvegetation — Meteorologische Verhältnisse. — Bewohner der Insel B Malaien
und Dajak — Sesshafte Stämme: Bahau und K£nja — Nomadenstämme: Punan, Bukat und
BSkötan Herkunft der Bahau und Könja -^p Legende vom Wasser und Feuer-|lt Auswanderungen
und Vermischungen der, Stämme. — Organisation eines Bahau- bezw. eines Kajan-Stammes — Geschichte
der Mendalam Kajan Glieder eines Stammes: Häuptlinge, Freie und SklavenGegenseitige
Verpflichtungen der Stammesglieder — Abstammung des Häuptlings A k am I g a u .
Die Insel Borneo ist mit ihrer Oberfläche von 734.000 □ km nach
Neu-Guinea die grösste der Welt; sie ist mehr als zweieinhalb Mal
so gross als England, Schottland und Irland zusammen. Betrachtet
man eine in grossem Massstab gehaltene Karte von Borneo, so bemerkt
man, dass vom Zentrum der Insel aus mächtige Ströme nach
allen Richtungen hin den Küsten Zuströmen; sie durchziehen in ihrem
Unterlauf weite Ebenen, die sie mit der Zeit selbst gebildet haben.
Die Entstehung so grösser Flüsse und Ebenen ist nur da möglich,
wo starke Regenfälle herrschen. Die durchschnittliche jährliche Regenmenge
in Borneo ist in der Tat eine sehr bedeutende, sie kann bis
über 5 m betragen, doch machen sich auf dem ausgedehnten Gebiet
grosse lokale Abweichungen bemerkbar. Wegen ihrer aequatorialen
Lage bestreichen die Passatwinde die Insel Borneo lange nicht so
regelmässig wie Ja v a , daher ist der Regenfall dort gleichmässiger auf
das ganze Jahr verteilt.
In scharfem Gegensatz zu den Nachbarinseln hat man auf Borneo
bis jetzt keine tätigen Vulkane gefunden. Zwar entdeckte Prof. M o l e n -
g r a a f f im Jahre 1894 südlich vom oberen Kapuas ein ausgedehntes
vulkanisches Gebiet, das hauptsächlich aus riesigen Tufflagern besteht,
Spuren einer Eruption jüngeren Datums fand er jedoch nicht. Die
südlichen Nebenflüsse des oberen Kapuas haben daher auch Zeit