abgesehen davon, dass ihr Einfluss auf die Knochen weniger verderblich
schien, den gleichen Charakter wie am Mahakam, ihre Verbreitung
war aber eine minder allgemeine, auch sah ich keine weiteren
Krankheitserscheinungen bei den Familiengliedern, so dass von einer
Verbreitung durch Vererbung keine Rede sein konnte. Man muss daher
annehmen, dass sich die Syphilis unter den Bahau- und KSnjastämmen
von Person auf Person übertragen lässt, ohne dass sie vorher primäre
oder die gewöhnlichen sekundären Affektionen veranlasst.
Diese eigenartige Erscheinungsform der Syphilis in Mittel-Borneo
stimmt überein mit dem, was über Tety von Madagaskar, Rade-
syge von Norwegen, Spirokolon während der Zeit der griechischen
Freiheitskriege 1820— 182 5, Belegh in Arabien (Palgrave) und die
endemische Syphilis in Litauen und Istrien bekannt ist. Dass es sich
bei den Bahau in der Tat um Syphilis handelte, bewiesen nicht nur
die verschiedensten Erscheinungsformen, sondern auch die Wirkungen
einer therapeutischen Behandlung mit Jodkali- und Quecksilberpräparaten.
Gleichwie man bei obengenannten Endemieen oft nur an eine
Uebertragung durch aussergeschlechtlichen Verkehr denken konnte,
wird man auch für die Syphilis der Bahau und Könja die gleichen
Ursachen anzunehmen gezwungen.
Das Lebensalter, in welchem luetische Anzeichen auftreten, giebt
durchaus keine Anhaltspunkte für die hereditäre oder nicht hereditäre
Natur der Krankheit. Viele von luetischen Müttern geborene Kinder
gaben in den ersten Wochen durch Condylome, Nasen- und Ohrkrankheiten
und Ulcera der Flaut den Beweis, infiziert worden zu sein;
dagegen zeigten sich 20—30 Jahre alte Individuen mit tertiär luetischen
Erscheinungen, die eben auftraten, ohne dass die Anamnese
oder Spuren auf der Haut eine frühere Infektion anzeigten.
Die Syphilis äussert sich bei den Bahau am häufigsten als ^prä-
kuw at" {p ra Schmerz, huwat = Körper), Schmerzen in den Gliedern,
besonders in Armen und Beinen. Diese Erscheinung geht einem lokalen
Ausbruch der Krankheit voraus, bleibt nach einer Behandlung bisweilen
noch bestehen und tritt bei Kindern und Erwachsenen gleich stark
auf. Die Gliederschmerzen sind oft von einem kachektischen Aussehen
des Patienten begleitet. Bisweilen ist nur ein Glied, bisweilen sind alle
Glieder geschwollen, häufig aber auch keines. Meist ist das Kniegelenk
angegriffen, dabei tritt Schwellung der Bänder a u f; Hydrops zeigt sich
nicht häufig.
Führt die Schwellung auch ztä Geschwürbildungen, was selten der
Fall ist, so veranlasst sie langdauernde Fisteln-, doch können durch
Zerfall und Neubildung von Knochen grosse Veränderungen mit Subluxation
stattfinden.
In einem einzigen Falle beobachtete ich bei einem Manne Jahre
andauernde Gliederschmerzen ohne begleitende lokale Abweichungen;
der Patient sah etwas kachektisch aus und war arbeitsunfähig, empfand
aber nach Gebrauch von Jodkali eine baldige Besserung seines Leidens.
Die übrigen Erscheinungen allgemeiner A r t : Schlaf- und Appetitlosigkeit,
Abmagerung und Schwäche müssen als Folgen der lokalen
Leiden aufgefasst werden. Uebrigens fiel es mir auf, wie wenig Einfluss
eine oft jahrelange Anwesenheit einer ausgedehnten Entzündung auf
das Allgemeinbefinden der Patienten übte.
Die Lokalsymptome bestanden hauptsächlich in tubero-ulzerösen Haut-
und Knochenentzündungen, derselben Art wie, bei Europäern, nur veranlassen
sie bei den Bahau wegen der äusserst mangelhaften Behand-
lung, die sie erfahren, bisweilen wahre Verwüstungen. Die Bahau
nennen diese Krankheit vbuk" und die Körperschmerzen a u i."
Vor allem werden die Knochen der Nase und des Palatum durum
bei ihnen angegriffen und zwar mit der gewöhnlichen Folge von Ozaena,
Sattelnase und Kommunikation der Nasen- und Mundhöhle. In höherem
oder geringerem Grade werden auch alle übrigen Knochen der Sitz
osteo-periostaler Entzündungen. Bemerkenswert ist die leichte Verletzbarkeit
des Gebisses, das oft so stark von Caries angegriffen wird,
dass Männer und Frauen bereits in jugendlichem Alter einen Teil
ihrer Zähne verloren haben. Einige sind bereits mit 30 Jahren völlig
zahnlos. HüTCHiNSONsche Zähne konnte ich bei Erwachsenen, da sie
ihre Zähne absägen, nicht konstatieren, wohl aber bei der ersten Dentition
der Kinder.
Unter den zahlreichen in Borneo herrschenden Augenkrankheiten,
bemerkte ich nur höchst selten luetische Keratitis und Iritis, Ob das
sehr häufige Vorkommen von Star einer luetischen Infektion zugeschrieben
werden muss, ^konnte ich, da sich mir keine Gelegenheit zur
Behandlung prägnanter Fälle bot, nicht weiter untersuchen.
Häufig machte sich Syphilis an den Knochen des Thorax bemerkbar,
wo sie hauptsächlich periostale Wucherungen, Gummata, veranlasste,
welche bisweilen in Erweichungen übergingen und unter der Haut
kalte Abszesse bildeten oder auch aufbrachen und dann ausgedehnte