32 Rückkehr nach Putus Sibau.
sich die verschiedenen Häuptlinge nach der Zahl der Dorfgenossen,
die mitgehen konnten. Bald trat die alte Eifersucht zwischen A k a m
I g a u und T i g a n g wieder zu T a g e ; letzterer erzählte triumphierend,
dass er in Tandjong Kuda, seinem Dorf, 50 Mann aufstellen konnte,
Tandjong Karang dagegen nur 30, Pagong nur 10 und die Ma Suling
ebenfalls nur 10 Mann. Da T i g a n g der Schwiegersohn von A ic am
L a s a , dem Ma Suling Häuptling, war, der selbst nicht mitziehen
konnte, so fügte sich der Anführer der Ma Suling mehr T i g a n g als
A k a m I g a u .
Dieser wusste jedoch, dass ich ihn, den erprobten Führer, doch als
Leiter des Ganzen behandeln würde und nahm sich die geringere
Anzahl seiner Männer nicht zu Herzen.
Inzwischen war die Ernte vorüber und das Erntefest mit gewohnter
Freude und Feierlichkeit begangen worden g ich hatte mich wiederum
davon überzeugen können, in -wie hohem Masse die ganze Bevölkerung
von den für Europäer so unbegreiflichen und unsinnigen religiösen
Zeremonien ergriffen wurde. So verging der ganze Monat Juni; da
er sehr trocken, also zum Reisen äusserst geeignet gewesen und ich
ausserdem überzeugt war, dass es noch lange dauern würde, bevor wir uns
in Bewegung setzen konnten, machte mich das Warten sehr ungeduldig.
E s war mir noch ein Trost, dass ich, nachdem ich erst 12 Böte mit
einer grossen Menge Reis nach Putus Sibau hatte bringen lassen,
einige Tage darauf eine zweite Truppe Kajan aus Tandjong Karang
mit 2000 kg Reis und 14 Blechgefässen Salz den Kapuas aufwärts
schicken konnte. Sie sollte versuchen, den Kapuas, Bungan und Bulit
bis zu dem Ort hinaufzufahren, von wo aus der Landweg beginnen
sollte; zwei bewaffnete Schutzsoldaten, von denen der eine, Korporal
S u k a , bereits auf einer Expedition am oberen Mölawie sich ausgezeichnet
hatte, und ein Kajan, der die Punansprache kannte, wurden als ge
nügende Bewachung im unbewohnten Berglande angesehen.
In Putus Sibau war es dem Kontrolleur inzwischen gelungen, die
tüchtigsten der bewaffneten malaiischen Schutzsoldaten dazu zu bringen,
uns zum Mahakam zu begleiten.
Zu unserem Erstaunen war auch ein malaiischer Häuptling, Raden
I n u , sein Bruder, A b a n g G a n d a , und ein Untergebener, P e r s a t , aus
dem Pinaugebiet am Mölawie nach Putus Sibau gekommen; diese
hatten zufälliger Weise gehört, dass der Kontrolleur, den sie von
früher her kannten, eine grosse Reise antreten sollte, und wollten sich
Rückkehr nach Putus Sibau. 33
nun aus alter Anhänglichkeit an derselben beteiligen. Ein Zuwachs
der Gesellschaft erschien uns anfangs zwar nicht sehr erwünscht, weil
die Leute aber so viel Eifer an den Tag legten, beschlossen wir doch, sie
mitzunehmen, und haben es später auf der Reise nicht zu bereuen gehabt.
Mein Aufenthalt am Mendalam war nun nicht mehr unbedingt
notwendig und auch A k a m I g a u drang darauf, man solle sich zur
Reise vorbereiten, damit man nach der Rückkehr der Gesandtschaften
gleich aufbrechen könne; ich nahm daher zum Leidwesen meiner vielen
Freunde und Bekannten von Tandjong Karang Abschied und kehrte
nach Putus Sibau zurück.
Hier waren unterdessen aus Pontianak nachbestellte Güter angekommen,
auch allerhand nützliche Dinge, wie Kisten für Lampen und
andere tägliche Gebrauchsartikel, verfertigt und ein Vorrat Segeltuchs
zugeschnitten, besäumt und mit Seilen versehen worden. Ferner hatte
D e m m e n i auf seine photographische Ausrüstung viel Arbeit verwandt,
ebenso B i e r für eine topographische Aufnahme des Mahakamgebietes
alles vorbereitet.
Um alles hatte sich der Kontrolleur B a r t h bekümmert, und ich sah
zu meiner Befriedigung, dass er auch mit den Eingeborenen sehr gut
umzugehen verstand. Da die allgemeine Verkehrssprache der Bahau,
das Busang, ihm noch unbekannt war, hatte, er sieh alle Mühe gegeben,
sie vor dem Beginn des Zuges zu erlernen.
Ich hatte bereits 1894 dem ältesten Sohne A k a m I g a u s , namens
Ju, das Lesen und Schreiben mit lateinischen Buchstaben beigebracht;
nun hatte er den Kontrolleur gebeten, auch seinen jüngeren Sohn,
A d j a n g , im Lesen und Schreiben des Malaiischen, das er nur notdürftig
sprach, zu unterrichten. A d j a n g ? war studienhalber nicht nur
monatelang beim Kontrolleur in Putus Sibau geblieben,0 0 ' sondern zoog
auch mit uns zum Mahakam. Während unserer Reise durch den Urwald
lernte er abends im Lager seine Lektionen ebenso eifrig wie
in Putus Sibau, und am Mahakam angekommen las und schrieb er
bereits befriedigend.
Da an der Ausrüstung nichts mehr zu tun übrig blieb und das für
die Reise so günstige trockene Wetter anhielt, hätte mich die Ungeduld,
endlich fortzukommen, sehr gequält, wenn die Bewohner der
Niederlassungen ober- und unterhalb von Putus Sibau meine ärztliche
Hilfe nicht ständig in Anspruch genommen und mich gezwungen hätten,
mich um ihre Interessen zu bekümmern.