Der Weg, den die bruwa zum A p u Kgsio zurückzulegen hat, ist
äusserst mühe- und gefahrvoll; daher giebt man dem Verstorbenen
alles mit, was seiner Seele auf der Reise und auch später beim Aufenthalt
im Jenseits von Nutzen sein könnte. Hierzu gehören: eine
vollständige und prächtige Kleiderausrüstung nach altem Muster;
schöne Schmucksachen; Waffen; Gerätschaften aller Art; Gonge, die
neben dem Grabe aufgestellt oder bei Häuptlingen in die Prachtgräber
(salong) gelegt werden; ferner eine winzige Leiter, um der Seele zu
ermöglichen, Felsen zu erklimmen und Abgründe zu überschreiten
und ein Vorrat von Nahrungsmitteln. Um die bruwa gegen Anfälle
böser Geister unterwegs zu schützen, giebt man ihr in einem Trag korbe
(briu t) seltsam geformte Steine und Tierzähne mit, zur Anlockung
der guten Geister dagegen ein Bambusgefäss mit Zuckerrohrsaft.
Die bruwa begiebt sich nicht sogleich nach dem Tode des Menschen
auf die Wanderung, sondern hält sich, solange die Angehörigen die
Trauer noch nicht abgelegt haben, in der Nähe des Leichnams auf.
Die Seelen der Kapuas Dajak wählen für diese Zeit den Berg Batu
Tilung am Mandai als Aufenthaltsort. Beim Ablegen der Trauer ist
es daher Aufgabe der Priesterin, durch Abhalten einer mgla dafür zu
sorgen, dass die Seele sicher nach A p u Kesio befördert (anter) wird.
Die bruwa beginnt ihre Reise unterhalb der Erde und Flüsse und
hat ausser den gewöhnlichen Terrainschwierigkeiten auch noch Brücken
aus heftig wippenden Baumstämmen und Wege von der Schärfe der
Schwerter zu überwinden. Kommt sie über diese. Hindernisse nicht
hinweg, so geht sie zu Grunde; stürzt sie z. B. von der Brücke in
den Fluss, so fressen sie die Fische und sie ist vernichtet. Die Unsterblichkeit
der bruwa ist somit eine begrenzte.
Die Seelen der matei saju, eines schönen Todes Gestorbenen, und
der matei djä-äk, eines schlechten Todes Gestorbenen, wandern zuerst
auf gemeinschaftlichem Pfade, dann aber findet Dreiteilung des Weges
statt: rechts führt ein Weg zum A p u Kgsio, links führen zwei Wege,
von denen der eine durch Schwerter, der andere durch Gonge bezeichnet
ist, zu anderen Anfenthaltsorten, die für die eines gewaltsamen
Todes Gestorbenen bestimmt sind. Die Verunglückten, Erschlagenen,
Selbstmörder u. s. w. schlagen den Weg der Schwerter, die
Frauen und Kinder, die während oder kurz nach der Geburt gestorben
sind, dagegen den der Gonge ein.
Was die zweite Seele der Bahau, die ton luwa, betrifft, so ist sie
zeitlebens mit seinem Körper fest verbunden. Erst wenn der Leib gestorben
ist, verlässt auch diese Seele die stoffliche Hülle. Die ton
luwa bleibt jedoch auf dem Begräbnissplatz, wo sie solange herumirrt,
bis sie endlich zu einem bösen Geiste wird. Gehen die Bahau daher
an einem Begräbnisplatz vorüber, So werfen sie den ton luwa,. um sie
zu beruhigen, Stückchen Esswaren, Tabak u. dergl. zu, aüch weisen
sie nicht nach ihnen und sprechen nicht von ihnen.
Die ton lutpa haben die Fähigkeit, während ihres Aufenthaltes auf
der Totenstätte in Tiergestalt, als Hirsche und graue Affen, zu err
scheinen. Desshalb essen die Bahau diese Tiere nur dann, wenn der
Hunger sie dazu zwingt. Da die Malaien keine Schweine essen, glauben
die Bahau, dass deren Seelen nach dem Tode bisweilen'in Schweine
übergehen.
Als Beweise für den gelegentlichen Aufenthalt der ton luwa in
Tieren führten mir die Mendalam Kajan die folgenden Erzählungen an :
Ein Mann zog aus um zu silgm, d. h. mit einem Blasrohr zu jagen.
Obgleich er den ganzen Tag umherlief, hatte er doch keinen Erfolg,
und so schlief er endlich müde und verstimmt auf einem Begräbnisplatze
ein. Da erschien ihm ein wunderschönes Mädchen, mit der er
den Rest der Nacht verbrachte. Beim Erwachen in der Frühe bemerkte
der Mann, dass ein Hirsch, der neben ihm lag, eiligst aufstand
und entfloh. Hieraus ersah er, dass die Seele des Mädchens sich tagsüber
in einem Hirsch aufhielt.
Ein anderer Jäger stiess an einer S te lle ’des Waldes, wo er lange
Zeit nicht gewesen war, auf ein Haus, das von grossen, dunklen
Menschen bewohnt wurde; etwas weiter stand ein zweites Haus, in
dem schöne Frauen lebten, und in einem dritten Hause fand er Menschen
noch anderer Art. Mit allen diesen Leuten plauderte der Jäger,
ass mit ihnen, kaute Betel und schlief endlich an der . Seite einer der
Frauen ein. Als er in der Nacht vor Kälte erwachte und sich zur
Erwärmung ein Feuer anzündete, bemerkte er, dass sich ein Waffenhalter
an der Wand in einen Baumast und die Hausbewohner in eraue
Affen verwandelten. Darauf ergriff er eiligst die Flucht. Im Vorüberlaufen
sah er noch, dass sich die Menschen in den beiden anderen
Häusern in Hirsche verwandelten.
Wenden wir uns jetzt den Seelen der Tiere, Pflanzen und leblosen
Wesen zu.
Die Bahau bezeichnen diejenigen Tiere, die nur eine einzige Seele