6o Rechtsprechung.
ein. Da jedes Verfahren, das der Reisbäu erfordert, mit einer religiösen
Feier begonnen werden muss, giebt der Häuptling das Zeichen für
den Anfang jeder neuen Periode.
Obgleich der Häuptling nicht zur eigentlichen Priesterschaft gehört,
muss er doch die Verbotsbestimmungen, gleich wie die Priester, strenger
als alle übriog en befolgoen.
Ferner fallen dem Häuptling grösstenteils die Kosten der öffentlichen
Festmahlzeiten und der Sold für die Priester -zur L a s t; auch hat er
für die Entrichtung der Bussen, die dem Stamm durch Feinde oder
die Regierung auferlegt werden, zu sorgen.
Alle innerhalb des Stammes ausgebrochenen Zwistigkeiten werden
bei den Kajan durch den eigenen Häuptling geschlichtet, sehr im
Gegensatz zu den benachbarten Stämmen der Taman-, Sibau- und
Kantu Dajak, die keine andere Autorität als die. des holländischen
Beamten anerkennen und ihn daher ständig mit kleinlichen Angelegenheiten
belästigen. Die Mendalam Kajan wenden sich nur dann an den
Kontrolleur, wenn Häuptlinge untereinander in Streit geraten und eine
entscheidende Macht somit fehlt.
Erhält der Stamm Besuch von fremden Gästen, so nimmt der Häuptling
die Gastherrnpflichten auf sich, auch wenn der Besuch einen Monat
läng bleibt; sind die Gäste jedoch zu zahlreich, so werden sie unter
die verschiedenen Familien verteilt, die in der Hilfe, die ihnen die
Fremden bei ihrer Arbeit leisten, einigermassen Entschädigung finden.
Ein Besuch kann sich nämlich, durch plötzliches Eintreten einer Verbotszeit
bei Erntefesten oder beim Tode angesehener Personen, sehr
in die Länog e ziehen,> da Fremde in dieser Zeit das Haus nicht Verlassen
dürfen.
Hat sich ein Glied eines Stammes etwas zu Schulden kommen lassen,
so wird sein Vergehen dem Häuptling vorgetragen und diesem liegt
die Rechtsprechung ob;, er-fällt sein Urteil jedoch nicht nach persönlicher
Ueberzeugung oder Willkür, sondern nach den überlieferten, dem
Stamme eigenen Gesetzen, die als Gewohnheitsrechte (adat) bezeichnet
werden. Da die adat sehr verwickelt ist, ruft der Häuptling vor jeder
Rechtsprechung die tüchtigsten, angesehensten und ältesten Männer
der Freien, m an tri genannt, zusammen und berät mit ihnen die Angelegenheit.
In gleicher Weise wie die Priester für die Erfüllung der religiösen
adat zu sorgen haben, müssen die m an tri auf die Befolgung der welt-
Taf. 11.
Demmenì phot.
A E L T E R E F R A U D E R M A H A K A M KAJAN
mit Reisstampfer und S chwing e.
Lichtdruck Emrik & Binger, Haarlem«