Wegstellen überwinden, die dem Europäer, auch unbelastet, der
Schwierigkeiten genug bieten. Vor unserer letzten Lagerstätte hatte
der Weg über einen Bergrücken geführt und war nicht besonders
mühsam gewesen, jetzt aber lief er einen steilen Abhang aufwärts, mit
dem sich ein Bergrücken, den wir seiner Höhe wegen nicht überschreiten
konnten, zum Bungantal hin abdachte. Wäre der Abhang
nicht bewachsen gewesen, wodurch der Ausblick auf den brausenden
Strom in der Tiefe verdeckt wurde und man unwillkürlich ein Gefühl
der Sicherheit erhielt, so hätten wir dem Pfade nicht folgen können.
Man musste ständig auf und nieder klettern, unter überhängenden
Felsen hindurch, um abgestürzte Baumstämme herum kriechen und
hatte über dem gähnenden Abgrund nie mehr als ein paar Fuss
Raum zur Verfügung. A u f derartigen Pfaden kommen den Eingeborenen
ihre beweglichen, kräftigen Zehen, mit denen sie sich in dem weichen
Boden festklammern, und ihr geschmeidiger Körper zu Gute. Sie legten
auch nur bei solchen Spalten ihre Last ab, die entschieden zu schmal
waren, um mitsamt der Packung hindurchzuschlüpfen. Nach kurzer
Zeit sahen wir sämmtliche Träger hinter uns und hatten jetzt nur
selbst darauf bedacht zu sein, uns durchzuschlagen. Den ganzen Morgen
über behielt der Weg den gleichen Charakter und erst an der Mündung
des Léja veränderte sich das Bild.
Hier lagen die verlassenen Hütten der Bungan Dajak unterhalb
eines prachtvollen Wasserfalles, über den sie als Brücke einen Baum-
riesen hatten fallen lassen. Die zwei Felsen, die den Fall senkrecht
zu beiden Seiten einschlossen, waren 25 m von einander entfernt und
obwohl der hellgraue, glatte Stamm gewiss 40 m über dem brausenden
Wasser lag, hatte man es für überflüssig gehalten, den Stamm mit
einem Geländer zu versehen.
Die verlassenen Hütten machten die Wildheit und Einsamkeit der
Umgebung doppelt fühlbar, und so eilten wir nach kurzer Rast von
hier fort, den neuen Reisfeldern der Bungan zu, die nach Ju n g nicht
mehr weit entfernt waren und uns eine freie Fläche bieten sollten.
Die Steilheit der Bergwand nahm allmählich ab und der Pfad längs
dem Fluss wurde gangbarer. Wir passierten noch einen der mächtigen
Wasserfälle, von denen wir bereits fünf an diesem MorOg en beOgeOgnet
waren, und dann lag plötzlich an der Mündung des Léja eine fast
ebene Fläche vor uns, auf welcher die Bungan den Wald gefällt und
Reisfelder angelegt hatten.
Die freie Fläche und der warme, heitere Sonnenschein machten nach
den vielen Tagen, die wir in den feuchtkalten Wäldern in der Tiefe
der Talgründe zugebracht hatten, einen wahrhaft erquickenden Eindruck.
Wie verlockend war es, sich am Waldesrande niederzulegen und
sich in den Anblick des lieblichen Bildes zu versenken. Wir hatten
aber einen noch zu weiten Weg zurückzulegen, um uns diesen Genuss
gönnen zu können, und so wartete ich denn mit Ju n g , der allein meinem
schnellen Schritt zu folgen im Stande gewesen war, die Ankunft
von B i e r und den Trägern ab, um uns nach dem besten Pfad über
diese Felder zu erkundigen.
Nach einigem Zögern behauptete einer der Kajan, dass wir längs
des Flussufers am bequemsten weiter kommen würden, und sogleich
machte ich mich auf den Weg. Der Mann hatte sicher nicht gewusst,
was er sagen sollte; denn gerade dieser Teil der Felder war
kaum zu überschreiten. Wie die Bahaustämme im allgemeinen, hatten
auch die Bungan nur einen kleinen Teil des gefällten Holzes verbrennen
können, aber, entweder aus Nachlässigkeit oder wegen zu
grösser Feuchtigkeit, war auch viel kleines Holz, Zweige und niedere
Sträucher, unverbrannt geblieben. Viele der gefallenen Baumriesen
versperrten mit einem Wald halb verkohlter Aeste den Weg, was
bei anderen Stämmen nie vorkommt. Alle Bäume waren längs des
Abhanges mit ihren Kronen zum Ufer hin gefallen, so dass wir über
jene hinweg oder unter ihnen hindurch klettern mussten; die verkohlte
Baumrinde erleichterte uns einigermassen die Arbeit. Lagen zu viel
Bäume über einander oder waren die Stämme zu dick, so mussten
wir uns durch ihr dichtes Gezweige hindurcharbeiten und noch dazu
auf freiem Felde in der heissen Mittagssonne, nachdem wir wochenlang
im kühlen Walde gelebt hatten. Der etwas vollblütige B i e r
kam daher ziemlich erschöpft auf der anderen Seite der Felder an
und sehnte sich nach Ruhe und Erfrischung in einer Kajanhütte.
Leider fanden wir hier nichts anderes als Wasser und einen Baumstamm,
um darauf zu sitzen, bis unsere Träger ankamen und einen
verborgenen Vorrat Bataten hervorholten. Sogleich machten sie sich
daran, die Bataten in einem Topf gar zu kochen, aber vor Hunger
ass jeder von uns eine Knolle roh auf. Die Träger waren nicht minder
ermüdet als wir, sie waren aber von den Hütten der Bungan an über
dem Bergrücken hoch über der Ladang einem viel besseren Wege
gefolgt.