Temperatur- und Feuchtigkeitsverhältnisse.
nehmen, und noch keine einzige Grasart, nicht einmal das im übrigen
Indien so häufige und verbreitete alang-alang hat sich im Gebirgslande
von Mittel-Borneo entwickeln können. Erst seit ungefähr dreissig Jahren
ist am oberen Mahakam Gras aufgetreten, zum grossen Verdruss der
Bewohner, die es nun aus ihren Reisfeldern jäten müssen.
Die Buschvegetation findet in der aequatorialen Lage des Landes
eine mächtige Stütze, da der Einfluss der Passatwinde, der in höheren
Breiten den Wechsel von Regen- und Trockenzeit hervorruft, sich
hier nur in geringem Masse geltend macht. Daher erleidet die Vegetation
von Mittel-Borneo niemals die Nachteile einer langdauernden
Dürre, die den Graswuchs öfters begünstigt ; auch schafft die grosse
Ausdehnung der Wälder selbst, ausser der Zufuhr von Wasserdampf
aus dem Meere, einen Ueberschuss an Feuchtigkeit in der Luft, während
in den kühlen Räumen unter dem Blätterdache und im Boden beständig
ein grösser Feuchtigkeitsvorrat angehäuft bleibt.
Durch diese das ganze Jahr anhaltende Feuchtigkeit und den‘ übermässigen
Regen ist die Temperatur dieser Gegenden niemals besonders
hoch und nur da, wo die Bevölkerung zum Bau der Wohnungen
einen kleinen Teil des schützenden Pflanzenkleides zerstört hat, steigt
um die Mittagszeit die Temperatur unter einem kadjang- (Palmblatt-)
Dache auf 30°— 3 i °C , sinkt aber auch nachts selten unter 20° Gt
In unmittelbarer Nähe der Berge, mehr am Mandai und Mahakam
als im Tale des Mendalam, ist der Himmel oft bewölkt, und nachts
bedecken tief hängende Wolken und Nebel den O Wald. In der RetOrel
beginnt die Bewölkung gleich nach Sonnenuntergang und verschwindet
bei Sonnenaufgang; daher gehört ein klarer Sternhimmel in vielen
Gegenden zu den Seltenheiten. Die Gipfel der Berge bleiben oft auch
an heiteren Tagen bis zum Abend mit Wolken bedeckt. Das Gleiche
gilt, mit geringen Ausnahmen, auch für die Küstengebiete, nur bewirken
hier die Seewinde bisweilen kühlere Nächte.
In höheren Regionen verändert sich der Charakter der Vegetation
unter dem Einfluss häufiger und regelmässiger Regen auffallend schnell.
Gegen die Berge aufsteigend, lassen die mit .Wasserdampf stark geschwängerten
Luftströme ihre Wassermassen in Form von Regen
anhaltend niederfallen und ihre Wolken widerstehen der Sonnenwärme-,
dadurch kühlen die höheren Stellen so stark ab, dass man auf einer
Höhe von 1000 m an, abgesehen von wenigen kleinen Bäumen und niedrigem
Gestrüpp, eine dicke, alles überdeckende Moosvegetation antrifft,
Bewohner Borneos.
der man in Ja v a nur auf einer Höhe von 2500—'3000 m begegnet.
Die Bewohner Borneos wurden bisher in Dajak (die ursprünglichen
Inselbewohner), und Malaien (die eingewanderte Bevölkerung) eingeteilt;
jene, sagte man, bewohnen das Binnenland, diese die Küsten.
Im allgemeinen ist diese Einteilung richtig, aber hie und da, z. B. in
SSrawak, bewohnt die heidnische Bevölkerung das Land bis zur Küste,
andrerseits leben Stämme, die sich auch Malaien nennen, bis tief ins
Innere an den grossen Flüssön. Diese zwei Hauptgruppen sind aus-
serdem nirgends scharf geschieden, sondern haben sich stark vermischt,
was zur Folge gehabt hat, dass sich die Bewohner vieler Orte zwar
Malaien und Mohammedaner nennen, in Wirklichkeit aber beinahe oder
ganz rein dajakischer Abstammung sind und sich zu einer Religion
bekennen, die dem heidnischen Dajaktum viel mehr ähnelt als dem
Mohammedanismus. Auch findet man, allerdings weniger häufig, Dajak,
in deren Adern malaiisches Blut fliesst. Diese Vermengung wird durch
die grossen Flüsse, die für Fahrzeuge der Eingeborenen bis tief ins
Innere des Landes zugänglich sind, stark befördert. Die vorzugsweise
seefahrenden Malaien konnten sich längs diesen Strömen leicht verbreiten.
Wie sehr sich die Malaien an einen Verkehr zu Wasser gebunden
fühlen, erkennt man überall daran, dass sie sich hauptsächlich
an den grossen Strömen niederlassen und die Dajak in das Bergland
an die Nebenflüsse zurückdrängen.
Auch die allgemeine Bezeichnung der eingeborenen Bevölkerung
Mittel-Borneos als Dajak ist nicht ganz zutreffend, da diese aus verschiedenen,
ethnologisch scharf von einander geschiedenen Gruppen
zu bestehen scheinen. Nach meinen im Jahre 1894 an 13 5 Dajak
im Gebiete des oberen Kapuas ausgeführten anthropologischen Messungen
scheinen sich diese Gruppen auch körperlich sehr verschieden
zu verhalten. D r . K o h l b r ü g g e , der die Freundlichkeit hatte, meine
Messungen zu bearbeiten, kam, ohne von den ethnologischen Verschiedenheiten
der Stämme etwas zu wissen, auf Grund der Ergebnisse
der Schädelmessungen ünd anderer Körpermerkmale zu der Vermutung,
dass Mittel-Borneo von zwei Völkergruppen bewohnt wird,
von denen die eine brachyzephal, die andere dolichozephal is t ; diese
kann zu den Indonesiern gerechnet werden1). Zu den Brachyzephalen
1) Antliropometrische Untersuchungen von Dr. J. H. F. K o h lb r ü g g e . Mittheilungen aus dem Niedert.
Rjeichsmuseum f. Etlm.