berühmt und liess sich zum Glück nicht lange nötigen, einige Proben
ihrer Kunst zum besten zu geben.
A u f dem Rücken liegend, die Hände unter dem Haupte gekreuzt,
trug sie, teils rezitierend, teils wirklich singend, einige Stücke v o r; in
dieser Umgebung klang es sehr lieblich und, wenn es auch kein
europäischer Gesang war, machte er doch einen viel besseren Eindruck
als der der Javaner oder Malaien. Die Melodieen glichen am
meisten den unsrigen. Leider konnte ich die Worte nicht verstehen;
sie erweckten die Heiterkeit der Zuhörer und, da ich einige Mal
meinen Namen unterscheiden konnte, improvisierte die Sängerin augenscheinlich.
Auch diese Idylle nahm ein Ende ; das Mahl war eingenommen,
die Fische in Körbe gepackt, und so zogen Männer, Frauen
und Kinder beutebeladen in langer Reihe auf dem o ogleichen halsbrecherischen
Wege heimwärts. Auch jetzt wieder beschützten mich die
Urwaldgeister der Kajan und ich kam mit heilen Gliedmassen, aber
mit etwas labilem Gleichgewichte nach Hause.
Was die Fischerei mit der tuba, dem Fischgift, betrifft, so nimmt
auch an ihr die ganze Bevölkerung Anteil. Am oberen Kapuas wird
nur in den kleineren Nebenflüssen mittelst Gift gefischt, am oberen
Mahakam auch im Hauptfluss.
„ tuba” ist ein Sammelname für verschiedene Wurzeln und Baumrindenarten,
deren narkotisch wirkende Milchsäfte zum Betäuben der
Fische benützt werden. Die für die fe<fa-Fischerei erforderlichen Pflanzen
werden teils gebaut, teils aus dem Walde geholt.
Haben die Bewohner eines Kajandorfes beschlossen, einen Fluss
mit tuba abzufischen, so wird alles lebendig; denn um eine für alle
genügende Menge Fische zu fangen, muss auch jede Familie ihren
Teil tuba liefern. Man zieht daher in grossen Scharen zur ladang und
sammelt dort die schwarzen, fingerdicken Wurzeln, die man zu Bündeln
von i Fuss Länge und 2 dm Dicke vereinigt. Binnen weniger Tage,
wenn ungefähr 2Ö0 Bündel zusammengebracht worden sind, kann der
Fischzug in einem Flüsschen beginnen.
So fuhren eines Tages bei Sonnenaufgang viele Männer mit der tuba
in Böten an den Platz voraus, wo der Fang stattfinden sollte. Etwas
später begaben sich auch die Frauen, Mädchen und Knaben zum
Fluss und auch ich nahm in einem der schwankenden Fahrzeuge Platz,
in welchem mich einige Männer flussaufwärts ruderten.
Der Schauplatz der Jagd war ein kleines Flüsschen, in dem unser
Nachen bald hier bald dort über eine Geröllbank geschoben werden
musste.
Das nur 20 m breite Gewässer schlängelte sich, von den Uferbäumen
völlig überdacht, zwischen urwaldbedeckten Hügeln hindurch. Nach
einstündiger Fahrt, als das Boot nicht weiter konnte, führte uns ein
Waldpfad längs dem Ufer weiter hinauf. An einer buGhtartig verbreiterten
Stelle des Flusses stiessen wir zu den Männern, die damit beschäftigt
waren, die tuba durch Klopfen in eine weissliche, faserige
Masse mit scharfem, betäubenden Geruch zu verwandeln. Inzwischen
hatten sich die übrigen Teilnehmer in malerischen Gruppen auf den
Uferfelsen gelagert. Die erfreuliche Aussicht, die Fische auf bequeme
Weise überlisten und verspeisen zu können, schien vor allem die Frauen
und Mädchen fröhlich zu stimmen. Sie hatten alle Schöpfnetze (hikop)
mitgenommen, während die Männer, ausser mit ihren gewöhnlichen
Waffen, auch mit den gleichen Harpunen wie bei der tapa-Fischerei
ausgerüstet waren. Jedem hing ein Rotangkorb über der Schulter;
im übrigen waren sie in ihren Bewegungen nicht durch übermässig
viele Kleider gehindert: die Männer trugen nur ein kleines Lendentuch,
die Frauen nur ein Röckchen.
Nachdem das Klopfen beendet war, begaben sich die Männer mit
den gefüllten Körben reihenweise in den Fluss und spülten, den Bach
durchquerend, die geklopften tuba- Wurzeln im Wasser aus. Das milch-
weiss aus der faserigen Masse strömende Wasser färbte den Fluss in
seiner ganzen Breite, während der betäubende Geruch des tuba-Giftes
sich doppelt stark, in der Umgebung fühlbar machte. In dem breiteren
und zugleich sehr tiefen Teil des Flussbettes strömte das Wasser nur
langsam und das Gift hatte Zeit, sich bis auf den Grund mit der ganzen
Wassermasse zu vermengen.
Die Wirkung zeigte sich schon nach wenigen Minuten bei den kleinen
Fischen, die nach oben kamen, aus dem Wasser zu springen suchten
und gleich darauf ihren weissen Bauch statt ihres oft prächtig metallglänzenden
Rückens sehen Hessen. Dies war für alle ein Zeichen, sich
mit Schöpfnetzen und Harpunen in Bewegung zu setzen; man verteilte
sich im Fluss, die Jugend längs dem Ufer, die Aelteren in der
Mitte. Doch nach kurzer Zeit war von der anfänglichen Ordnung
nichts mehr zu merken. Die allerdings etwas betäubten, aber durchaus
nicht bewegungslosen Fische konnten nur mit viel Gewandtheit gefangen
werden und so musste man sich bald ihnen vorsichtig