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 starke  atmosphärische  Veränderung  eingetreten.  Die  bis  dahin  klare,  
 blaue  Luft,  in  der  sich  nur  oberhalb  des  fernen  Gebirges  eine  weisse  
 Wolkenschicht  abhob,  wurde  täglich  grauer  und  bewölkter,  so  dass  
 die  Regenperiode  jeden  Augenblick  ein treten  konnte. 
 So  blickte  ich  denn  bei  unserer  Abreise  voll  guter  Hoffnung  und  
 Selbstbefriedigung  auf  die  mit  vieler  Mühe  zu  Stande  gebrachte  Flotte  
 zurück.  In  langer  Reihe  fuhren  die  Böte  dicht  am  Ufer  entlang,  um  
 so  wenig  als  möglich  durch  die  Strömung  aufgehalten  zu  werden;  aus  
 dem  gleichen  Grunde  suchten  wir  auch  stets  die  Innenseite der Buchten  
 auf  und  mussten  daher  während  einer  Tagreise  den  Fluss  öfters durchqueren. 
 Der  erste  Tag   bot  keine  Schwierigkeiten,  weil  das  Wasser  besonders  
 niedrig  w a r ;  wir  konnten  sogar  Siut  erreichen,  was  uns  1 894  
 und  1896  nicht  geglückt  war. 
 Oberhalb  Putus  Sibau  ist  der  Kapuas  nur  für  Fahrzeuge  der Dajak,  
 härok  oder  bimg  genannt,  und  leichte  malaiische  Handelsböte  schiffbar. 
   Zwar  ist  stets  genügend  Wasser  im  Fluss  vorhanden,  aber  sein  
 in  der  Mitte  oder  an  den  Ufern  befindliches  Geschiebe  verengt  ihn  
 bisweilen  so  stark,  dass  er  bereits  bei  niedrigem  Wasserstande Stromschnellen  
 bildet  und  bei  Hochwasser  selbst  für  Fahrzeuge  der  Eingeborenen  
 schwer  passierbar  ist.  Vor  dem  verlassenen  Nanga  Era  trifft  
 man  jedoch  noch  keine  Felsen  im  Fluss  oder  bergige  Ufer;  diese  bestehen  
 hier  noch  aus  den  alluvialen  Ablagerungen  des  Flusses  selbst,  
 in  die  er  sich  stets  von  neuem  sein  Bett  ogräbt. 
 Wegen  des  tiefen  Wasserstandes,  den  wir  jetzt  hatten,  fuhren  wir  
 4S -5  m  unterhalb  des  Uferniveaus.  Zu  beiden  Seiten  erhoben  sich  
 steile,  vom  Flusse  'ständig  unterspülte  Wände.  Der  Anschnitt  zeigte  
 eine  Humusschicht  von  wechselnder  Mächtigkeit  und  darunter  eine  
 3 m  dicke  Schicht  von  gelbbraunem  Sande,  vermengt  mit  pflanzlichen  
 Ueberresten,  bestehend  aus  grossen  Mengen  angehäufter  Blätter  und  
 Zweige  oder  aus  übereinander  geworfenen  Baumstämmen.  Unter  der  
 Sandschicht  kam  altes  Flussgeschiebe  zum  Vorschein,  welches  ebenfalls, 
   aber  in  geringerem  Masse,  Pflanzenreste  enthielt;  diese  sahen  
 bisweilen  der  Braunkohle  ähnlich.  Die  oberste  Humuslage  war  nur  
 einige  Dezimeter  dick,  was  sich  wohl  daraus  erklären  liess,  dass  die  
 Ufer  des  Kapuas  in  dieser  Gegend  längst  des  Urwaldes beraubt waren  
 und  bereits  öfters  als  trockene  Reisfelder  gedient  hatten.  Daher  findet 
 man  einen  dichten  Waldbestand  auch  nur  da,  wo  ihn  die Taman Dajak  
 als  Begräbnisstätte  benützen.  Auch  an  Orten,  die  durch  die  Ueber-  
 lieferung  geheiligt  sind,  wird  der  Wald  geschont. 
 Die  Begräbnisplätze  der  Taman  machen  auf  den  Vorüberfahrenden  
 eher  einen  heiteren  als  einen  finsteren  Eindruck:  die  auf  Pfählen  stehenden, 
   mit  schönen,  bunten  Zeichnungen  verzierten  Grabmäler  mit  
 ihren  zahlreichen  Wimpeln  aus  rotem  und  weissem  Kattun  beleben  
 den  dunkelgrünen  Waldesrand.  In  der  Nähe  betrachtet  wirken  die  
 älteren,  verfallenen  Grabmäler  mit  dem  wegen  der  Raubsucht  der  
 Malaien  halb  vernichteten  Hausrat:  irdenen  Töpfen,  Gongen,  Rudern,  
 Kleidungsstücken  u.  s.  w.,  welche  den  Toten  ins  Jenseits  mitgegeben  
 werden,  allerdings  unheimlich  düster. 
 Die  Häuser  der  Taman  werden  nicht,  wie  die vieler anderer Stämme,  
 alle  paar  Jahre  von  ihren  Bewohnern  verlassen;  sie  sind  daher  auch  
 von  zahlreichen  alten  Fruchtbäumen:  Kokospalmen,  Duku,  Durian,  
 Rambutan  und  Blimbing  umgeben,  die  als  dunkelgrüne  Wäldchen  
 aus  Reisfeldern  und  Gestrüpp  hervorragen.  In  einiger  Entfernung vom  
 Hause  bepflanzen  die  Taman  ganze  Felder  mit  Bananen;  die  anderen  
 Fruchtbäume  würden  dort  zu  viel  von  Äffen,  Eichhörnchen und Vögeln  
 zu  leiden  haben. 
 Da  unser  Zug  zum  Mahakam  bereits  monatelang am oberen Kapuas  
 besprochen  worden  war,  strömte  bei  unserer  Ankunft  die  ganze  Bevölkerung  
 von  Siut  herbei  und  forderte  uns  auf,  in  ihren  Häusern  
 zu  übernachten. 
 Der  Kontrolleur  B a r t h   und  ich  zogen  es  vor,  unser  Nachtquartier  
 im  neueren  Hause  am  rechten  Ufer  aufzuschlagen,  während  D e m m e n i   
 und  B i e r   in  ihren  Böten  übernachten  wollten.  Sie  Hessen  diese  mit  
 dem  Vorderteil  auf  eine  Geröllbank  ziehen  und  zwar mit dem Resultat,  
 dass,  als  das  Wasser  nachts  noch  weiter  fiel,  der  hintere  Teil  des  
 Bootes  unter  Wasser  geriet  und  B i e r ,  bei  Tagesanbruch,  halb  im  
 Wasser  liegend  erwachte.  Das  Kajangeleite  schlief  in  den  Häusern  
 der  Taman,  hatte  aber  in  jedem  Boot  einen  Wächter  zurückgelassen. 
 Die  Taman  waren  erfreut  Uber  unsere  Ankunft  und  sahen  es,  wie  
 immer,  als  Ehre  an,  uns  für  eine  Nacht  als  ihre  Gäste  aufnehmen  zu  
 können.  Wie  auf  der  vorigen  Reise,  wurde  ich  auch  jetzt  von  Leuten,  
 die  um  Arzneien  baten,  überlaufen;  hie  und  da  kam  auch  jemand,  
 in  der  Hoffnung  auf  besseren  Erfolg,  mit  etwas  Reis  oder' Früchten  
 a.n.  Zu  meiner  Freude  bemerkte  ich  auch  einen  meiner  früheren