K A P I T E L XI I .
Auf der Wasserscheide zwischen Kapuas und Mahakam — Opfer der Kajan — Längs des Ho-
wong zu den Pnihing — A mu n L ir u n g — Nahrungsmangel und Schwierigkeiten mit dem Transport
des Gepäckes — K w in g I r a n g —- Löhnung der Träger — Besuch bei den Bukat — Reise zu
B e l a r ü — Einkauf von Böten am Tjöhan — Fahrt zu K w in g I r a n g am Blu-u.
Im Laufe des Tages kamen genügend viele Träger an, um unser
notwendigstes Gepäck über die Wasserscheide zu befördern. Sie brachten
auch gute Nachrichten von B a r t h und Demmeni, die uns langsam
folgten. Ich merkte bald, dass die Träger diesmal selbst Eile hatten
mit dem Transport; die Bataten der Bungan und der eigene kqrtap
ernährten sie nur kümmerlich, auch fürchteten sie das Schlimmste für
die nächsten Tage.
Der zur Wasserscheide führende Bergrücken lief steil aufwärts, aber
der Pfad schien viel benützt zu sein, denn er war nicht mit Rotang und
Gestrüpp verwachsen. A uf halber Höhe hörten wir rechts von uns
den Ruf eines h isit, was meinem Geleite und daher auch mir eine
grosse Beruhigung gewährte, da wir nun das Mahakamgebiet unter
günstigen Vorzeichen betraten. Etwas weiter aufwärts bemerkten., wir
Opferpfähle, die A k am I g a u und seine Begleiter hier mit der Spitze
zum Kapuasgebiet aufgerichtet hatten, um die bösen Geister zu verhindern,
sie weiter an den Mahakam zu begleiten. Obwohl die Vegetation
zu beiden Seiten des Bergrückens, sehr üppig war, kamen doch
ab und zu zwischen dem dichten Grün die benachbarten Berge zum
Vorschein; rechts von uns tauchte der gesuchte Lökudjang auf. Zuletzt
führte der Pfad wieder durch undurchdringlichen Wald, und bei
der starken Steigung hatten wir auch nicht viel Lust, uns weiter umzusehen.
Nach zwei Stunden veränderte sich das Bild gänzlich; wir zogen
mitten über einen Morast, der nach Aussage der Träger auf der Höhe
der Wasserscheide selbst lag. Da unser Geleite hier ein Opfer zu
bringen verpflichtet war, mussten wir Halt machen und unser Lager
aufschlagen. Der Wind wehte aber auf dieser Passhöhe so heftig,
dass ich es für geratener hielt, die Zelte ungefähr 50 m weiter unten,
jenseits der Höhe, aufrichten zu lassen. Sehr einladend sah es auch
dort nicht au s : in der engen Schlucht des Howong stiegen zu beiden
Seiten dicht bewachsene, steile Wände auf und ein eisiger Wind blies
durch die schmale Spalte. Infolge der vielen Regenfälle triefte die
ganze Umgebung vor Nässe; um 6 Uhr morgens zeigte das Thermometer
nur 4 t 18.5° C und um 12 Uhr mittags | | ' 2 i ° ' C ; einen
schlechteren Lagerplatz hatten wir seit Jahren nicht gehabt.
Unsere Träger schlugen in aller Hast die Zelte auf und eilten dann
wieder zum alten Lagerplatz zurück, um so schnell als möglich alles
Gepäck auf die Mahakamseite zu schaffen. Nur einige Kajan blieben
unter O b e t L a t a bei uns zurück, um uns bei der Besteigung des
Lökudjang zu helfen, die wir sogleich vornehmen wollten. Wir hofften
von diesem Berg aus einen Ueberblick über das Gebiet des Howong
und Mahakam zu erhalten und auf der Wasserscheide einen
geeigneten Punkt zu finden, von dem aus B i e r seine Messungen beginnen
konnte.
Einem .schmalen Kamm auf der linken Seite des Morasts folgend
gelangten wir zu einem Punkt, von dem aus einige spitze Gipfel im
Kapuasgebiet sichtbar waren. Plötzlich war uns aber der Pfad durch
eine steile Wand des Lökudjang abgeschlossen und wir mussten uns
nach einer Stelle umsehen, von der aus der Aufstieg möglich war.
Obgleich die Steigung durchschnittlich 40° betrug und wir uns auf
einer Schutthalde befanden, boten uns doch die wilden Sagopalmen,
die hier wuchsen, genügende Stützpunkte, so dass wir uns leidlich fortbewegen
konnten. Erschwert wurde die Kletterei durch den Rotang,
der uns mit seinen Dornen und Widerhaken auf alle erdenkliche Weise
festhielt; auch wurde uns an dieser offenen, der Sonne- ausgesetzten
Bergwand die Hitze lästig. Nach zwei Stunden war an ein Weiterkommen
nicht mehr zu denken; denn wir befanden uns vor einer
senkrechten V and, deren Höhe wir wegen der überhängenden grünen
Massen nicht schätzen konnten'. Umgehen konnten wir die Wand
nicht, weil der Bergrücken,T auf dem wir uns befanden, an beiden
Seiten steil abfiel. Um nach Norden und Osten Aussicht zu gewinnen,
Hessen wir einige Bäumchen umhacken, deren Stämme zugleich als