Am 4. März begann ich, dem Patienten >/* gr Chinin einzugeben j
ich hatte aber wenig Hoffnung, dass meine Behandlung auf derartig
degenerierte Organe einen genügenden Einfluss haben könnte. Der
kleine Wilde besass indessen mehr Ausdauer als die meisten zivilisierten
Leute und kam während eines Monats täglich, um seine bittere
Arznei zu schlucken.
Am 4. April fühlte er sich selbst gesund; seine Milz war bis aut
5 cm weiter nach oben eingeschrumpft; die Leber war kaum noch
unterhalb der Rippen fühlbar; das Herz schlug im 4*“ Intercostalraume.
Bei meiner Abreise am 28. April war die Milz als sehr harte, glatte
Geschwulst nur noch 9 cm unterhalb der Rippen fühlbar; die Leber
war kaum bemerkbar und der Leibesumfang war auf 63 cm zurückgegangen.
Der Knabe fühlte sich ebenso wohl und munter wie seine
Kameraden und arbeitete schon seit einiger Zeit auf dem Felde.
Ein 3ter Fall betraf einen ebenfalls 8 jährigen Patienten, der körperlich
sehr zurückgeblieben war. Auch dieser Knabe hatte früher öfters
Fieberanfälle durchgemacht, augenblicklich litt er jedoch hauptsächlich
an Dyspnoe. Sein Bauch war geschwollen, die Milz bis 4 cm unterhalb
der Rippen fühlbar und die Leber reichte 3 cm weit herab.
Während 14 Tage erhielt auch dieser Kranke täglich ili gr Chinin,
worauf seine Organe den normalen Umfang zurückgewannen und seine
Gesundheit vollständig wiederhergestellt wurde.
Ein 18 jähriger Mann litt bereits seit 3 Monaten ständig an Fieberanfällen,
so dass er fast nicht mehr gehen konnte. E r weigerte sich
anfangs, die bittere Medizin zu nehmen und während einiger Wochen
sah ich ihn täglich magerer werden. Als er endlich doch erschien,
konstatierte ich bei ihm eine Leber, die bis auf 4 cm unterhalb der
Rippen herabreichte. Nach einem neuen Anfall gab- ich ihm in zwei
Malen 1 gr Chinin und am folgenden Tage die gleiche Dosis. Die
Anfälle hörten auf, aber in Anbetracht der langen Dauer seiner Krankheit
erschien mir eine völlige Wiederherstellung unwahrscheinlich, als
er mir am dritten Tage selbst eine weitere Behandlung für unnütz
erklärte. Zu meinem Erstaunen war in der Tat eine rapide Besserung
in seinem Zustande eingetreten; noch vor meiner Abreise erhielt er
seine frühere Gesundheit völlig wieder zurück.
In Sambas war einst der Malaie, der mir auf allen Inspektionsreisen
als Führer diente, von der Malaria ergriffen worden. Seine
Familie rief mich erst nach einigen Tagen, als der Alte bereits dem
Sterben nahe war, zu Hilfe. Mit vieler Mühe gelang es mir, ihm in
einem fieberfreien Augenblick eine Lösung von 1 gr Chinin beizubringen.
Am anderen Tage sass der Patient bereits auf seiner Matratze. Obgleich
seine Wiederherstellung nur langsam von statten ging, gelang sie dock
vollständig; nur behielt die Milz in diesem Fall stets das vergrösserte
Volumen. Der Mann hatte sein Leben lang als Führer durch das
ganze Sultanat gedient und dabei stets an Fieber gelitten.
Nach der Malaria haben die venerischen Krankheiten auf das Wohlergehen
der Stämme von Mittel-Borneo den verderblichsten Einfluss.
Obgleich ich unter den Eingeborenen am oberen Kapuas und oberen
Mahakam Syphilis und Gonorrhoe in hohem Masse verbreitet fand,
gelang es mir doch nicht, das dritte Leiden, Ulcus molle, welches mir
wegen der lokalen Schäden, die es verursachen kann, in Laufe einer
jahrelangen Praxis nicht hätte verborgen bleiben können, zu konstatieren.
Patienten mit syphilitischen Infektionen stellten sich dagegen täglich
bei mir ein und zwar ausschliesslich solche mit der tertiären Form von
Haut- und Knochenkrankheiten. Trotzdem ich meine auf Syphilis behandelten
Patienten nach Hunderten zählen kann, erinnere ich mich
nicht, jemals eine primäre Affektion oder ausschliesslich sekundäre
Erscheinungen beobachtet zu haben. Unter den Folgeerscheinungen
der Infektion fehlten bei den Patienten sekundäre Kehlleiden, Roseola,
papulöse und andere sekundäre Exanthemen, sowie Alopecia syphilitica.
Condylomen an Mund und Anus waren bei Erwachsenen sehr
selten, eher noch bei kleinen Kindern zu finden. Zweifellose Fälle
visceraler Syphilis kamen ebenfalls selten in meine Behandlung. Sicher
findet sich also unter den Bahau die Form der Syphilis vor, welche
man mangels eines besseren Namens „endemische Syphilis” nennt.
Diese Form der Syphilis fand ich bei den Ulu-Ajar Dajak südlich
vom oberen Kapuas und nördlich von ihnen bei den Kajan ; bei den
Kajan am oberen Mahakam war sogar jede Familie mit ihr behaftet.
Durch Annahme einer ausschliesslich erblichen Verbreitung bei den
letzteren Hesse sich hier das Auftreten der tertiären Erscheinungen als
hereditäre Syphilis erklären, ihr weniger häufiges Vorkommen bei den
benachbarten Stämmen jedoch macht diese Erklärung wieder zweifeh
haft; übrigens hielt ich mich bei diesen Stämmen nicht lange, genug
auf, als dass mir nicht viele Fälle entgangen sein könnten.
Völlig unerklärt blieben aber nach dieser Auffassung die Syphilisfälle,
wie sie sich unter den Könjastämmen zeigten. Diese Fälle trugen,