Farhilienstücke zu sehen, die mir einen Begriff von der früheren
Kunstfertigkeit der Kajan gaben. Es lagen auf den häwät noch Zeugstücke,
die früher von den Kajan mit ähnlichen Figuren bemalt worden
waren, wie man sie jetzt in den Webearbeiten der Batang-Lupar-
stämme findet; derartige Arbeiten werden längst nicht mehr von den
Kajan ausgeführt. Diejenigen, die diese Tragbretter und Hüte einst
benützt hatten, waren entweder längst gestorben oder bereits betagte
Leute; so wurde z. B. auch A k a m I g a u s Kindertragbrett hervor geholt.
Augenscheinlich sollte die neue Weihe, die die häwät empfingen, rückwirkend
noch auf die Seelen der Verstorbenen -und Betagten einen
guten Einfluss üben. Kaum hatten sich die Priesterinnen entfernt, so suchte
jeder noch etwas von dem Rest der Opferspeisen zu erwischen.
Die offizielle Schlussfeier des ganzen Festes erfolgte o o vor dem Hause
beim dangei, wo man den Erdboden, den die Priesterschaft auch jetzt
nicht berühren durfte, mit den Brettern des tasu nangei belegt hatte.
Wiederum waren alle aufs schönste gekleidet. Mit Kriegsmütze und
Kriegos mantel ogeschmückt umkreiste U s u n etliche Male tanzend den
Fuss des dangei und führte mit ihrem alten Schwerte Bewegungen
aus, als wollte sie den ganzen dangei gen Himmel heben. Die übrigen
Priesterinnen, von denen die ältesten gleich wie die männlichen Priester
mit Speeren bewaffnet waren, unterstützten U s u n s Bemühungen und
wehrten, indem sie in die Luft schlugen und stachen, ausserdem
die bösen Geister ab, die ihre Handlungen stören konnten. Die Priesterinnen
setzten ihren Tanz bis gegen Mittag fort, dann aber verschwand,
von der jüngsten beginnend, die eine nach der anderen. Schliesslich
waltete nur noch die alte U s u n ihres heiligen Amtes und verliess den
Tanzplatz erst, nachdem die Sonne ihren Höhepunkt bereits erreicht
hatte. Nach drei anstrengenden Tagen durften die däjung nun zum
ersten Mal wieder ihr wohlverdientes und heissersehntes Bad nehmen.
Abends sollte wiederum ein nangeian um das Opfergerüst, das in
gleicher Weise wie früher (pag. 17 7 ) aufgestellt worden war, statt-
finclen. Die Häuptlingsfamilie begann sich gegen 6 Uhr abends auf
den Rundgang, der nach alter Sitte bis zum Anbruch des folgenden
Tages dauern musste, vorzubereiten, indem sie auf der Plattform des
dangei ein symbolisches Bad nahm. Die Familienglieder und darauf auch
die däjung wurden der Reihe nach, den Fuss auf einen alten Gong
gestützt, mit Weihwasser aus einem Bambusgefäss übergossen. Unter
den Tönen eines Gongs wurden gleichzeitig alle Speiseabfälle, welche von
der Herstellung der pgm äli übrig geblieben und bis jetzt sorgfältig
bewahrt worden waren, in grossen Körben von der Höhe des dangei
herabgeworfen.
Gegen 9 Uhr abends erklangen die Gonge von neuem, als Zeichen,
dass die Priesterinnen den nangeian mit Singen und Tanzen begonnen
hatten: sie setzten den Rundgang fort, bis der Zustrom der Laien so
gross geworden war, .dass sie von diesen abgelöst werden konnten.
Die Beteiligung am nangeian war jetzt eine viel regere als früher;
selbst bejahrtere Personen scharten sich in den Kreis der Jungen und
stimmten in den eintönigen aber melodischen Gesang ein. Alle hatten
ihre schönsten Festkleider angetan; die Frauen trugen ausserdem ihre
prächtigen Schale und die Männer ihre Schwerter. Unterdessen hockten
die Priesterinnen auf einer Matte und unterhielten sich mit Betelkauen
Und Singen, bis die Reihe an sie kam, unter verstärkter Begleitung
der Gonge wieder in den Kreis einzutreten. Auf uns Fremde machte
die ganze Zeremonie, des schlichten Ernstes wegen, mit' dem sie vorgenommen
wurde, einen feierlicheren Eindruck, als wir ihn in dieser-
seltsamen und ungewohnten Umgebung erwartet hätten.
Bis zur Dämmerung setzten alle unermüdlich den Rundgang fort.
Nachdem ich mich zur Ruhe begeben hatte, wurde ich stets wieder
durch ein besonders starkes Einsetzen der Gonge geweckt.
Bei Tagesanbruch erschallte aus der Häuptlingswohnung lauter
Gesang. A uf den Schluss des Festes begierig eilte ich nach oben
fünd fand alle Festteilnehmer in der noch dunklen amin a ja versammelt;
sie standen unter dem noch geschlossenen Dachfenster um die
däjung herum und stimmten unter deren Vorgang einen Gesang an,
der an Ernst und Feierlichkeit nichts zu wünchen übrig liess. Nach
beendigtem Gesang zogen' sich alle still in ihre Wohnungen zurück.
Der 10. Juni begann für alle mit dem, nach den Anstrengungen
der letzten Tage, so nötigen Schlaf. Die Priesterinnen sollten erst
nach genossener Ruhe in ihre eigenen Wohnungen zurückkehren, wo
sie noch 8 Tage lang nach Vorschrift leben mussten. Die ausserge-
wöhnliche Stille auf der Galerie benützten wir sogleich, um einige
photographische Aufnahmen zu machen.
Die Tür der Häuptlingswohnung wurde zuerst -photographiert. Da
ich auch gern eine Aufnahme von dem noch danebenstehenden lasa
gemacht hätte, fragte ich, allerdings mit wenig Hoffnung auf Erfolg,
A k a m I g a u , ob dies gestattet sei. Obgleich sehr aufgebracht, wagte