ein ganzes Jahr, dauern, Arbeitskräfte in einem Dorfe in der Regel
aber nicht entbehrt werden können, ist es begreiflich, dass sie nur
selten stattfinden.
Bemerkensweiter Weise trifft man weder bei den Bahaustämmen
am Kapuas noch am Mahakam auf der Galerie ihrer Häuser die
Schädeltrophäen, die den Eintretenden an anderen Orten so unangenehm
berühren. Auch in den vier Niederlassungen der Bahäu am
Mendalam und in denen der Kajan, Long-Glat, Ma-Suling und anderer
Stämme unteihalb der Mahakamfälle bemerkte ich keine Schädel. Nur
in der Niederlassung des Pnihinghäuptlings B e l a r e , der selbst halber
Punan ist und dessen Stamm wahrscheinlich nicht zu den Bahau Gehört,
fand ich Schädel S hängen. Indessen besitzen auch alle anderen
Häuptlinge Schädel, sie bewahren sie aber an einem Ort, wo sie nicht
sogleich ins Auge fallen. So bemerkte ich einen Teil eines Schädels
in Batu Sala, einer Long-Glat Niederlassung, an der Aussenwand des
Hauses, er war aber hinter einem Büschel Palmblätter kaum sichtbar.
Bahau und Könja trocknen die Köpfe über dem Feuer, ohne die
Fleischteile von den Schädeln zu entfernen: auch werden diese nie
mit Figuren verziert.
Ich glaube die Tatsache, dass die Bahau keine Schädel auf die
Galerie hängen, dem Umstande zuschreiben zu können, dass ihnen
die Schädel selbst Abscheu und Angst einflössen. Sogar sehr alte
Männer, denen die ctd&t die geweihtesten Dinge zu berühren gestattet,
fassen einen Schädel nur sehr ungern an. Als Beweis für diese Auffassung
mag auch das folgende Begebnis dienen, das ich selbst am oberen
Mahakam erlebte. Dort war nämlich das alte Haus der Ma-Suling
am Mörase so baufällig geworden, dass der Stamm sich einen neuen
M ohnplatz suchen musste. Aller Besitz, und die noch brauchbaren
Materialien wurden mitgenommen, nur die Schädel wagte man nicht
aus dem alten Hause zu entfernen. Man rief daher den Pnihinghäupt-
ling B e l a r e zu Hilfe, der die Schädel vorläufig in einer Hütte vor
dem alten Hause unterbrachte und selbst als Belohnung für seine Mühe
die Hälfte der Schädel mitnahm, um seine Galerie mit ihnen zu verzieren,
was ihm sehr zu statten kam, da ihm bei der Brandschatzung
seines Hauses im Jahre 1885 seine eigenen Trophäen verloren gegangen
waren. Dieses geschah im Jahre 1897 und noch im Jahre
1900 standen die Schädel auf dem inzwischen verwilderten Platze vor
dem verfallenen Hause, wo wilde Rinder, Hirsche und Schweine den
ganzen Boden aufgewühlt hatten. B e l a r e sollte damals noch einmal
kommen, um die Schädel in dem inzwischen vollendeten Hause der
Ma-Suling aufzuhängen'.
Die Schädel, die man bei den Stämmen in Mittel-Borneo antrifft,
sind so verschiedenen und unsicheren Ursprungs, dass es keinen Wert
hat, sie aus anthropologischem Interesse anzukaufen. Wie aus Obenstehendem
hervorgeht, werden Schädel auf Kopfjagden erbeutet oder
gekauft oder als Belohnung oder aus weit entfernten Gebieten als
Geschenk erhalten. Der Sultan von Kutei schenkte z. B. dem Häupt-
ling K w i n g I r a n g zwei Köpfe, die im Gebiete des unteren Bulungan
erbeutet worden waren. Bedenkt man, dass die Kopfjäger in ihrer
Eile und Erregung oft nicht wissen, wessen Kopf sie eigentlich erbeutet
haben, so nimmt es nicht Wunder, dass die Besitzer der
Schädel selbst nicht immer angeben können, von wo oder von welchem
Stamme diese herrühren; ausserdem teilen die Bahau den Fremden,
aus Furcht vor Rache, nicht gern mit, auf welche Weise sie zu ihren
Schädeln gelangt sind.