sten Stellen anbringen sollten; gegen Abend wollte er dann zuerst
den Gipfel ersteigen und dort ein kleines Schwein, ein Huhn und einige
Eier opfern, um die über unser Eindringen in ihr Gebiet erzürnten
Geister zu besänftigen. Ich hatte gegen diesen, auf kajanischen Aberglauben
begründeten Plan nichts einzuwenden und so kletterten wir
denn längs des Grates, bei einer durchschnittlichen Steigung von 430,
bis zu der lotrechten Felswand hinauf und gingen links um sie herum
bis zu der Stelle, wo der früher von mir benützte Bergrücken die
Wand erreichte. Hier fanden wir einen Platz, auf dem der Häuptling
mit der Hälfte seiner Leute einige Zelte aufstellen konnte, während
die andere Hälfte einen Weg nach oben für uns herrichtete. Gegen
Abend war dieser fertig und K w in g I r a n g begann ö O seinen Aufstiego.
Nach dem Bericht der Malaien wurde ihm zuletzt so angst und bange,
dass sie ihn nur mit Mühe dazu brachten, den Gipfel völlig zu erklimmen.
Nachdem er den Geistern sein Opfer dargebracht hatte, beeilte
er sich mit dem Abstieg und war sehr froh, nachts mit heiler
Haut wieder bei uns im Zelte sitzen zu können. Die Nacht war reognerisch
und stürmisch gewesen, trotzdem machten B i e r und ich uns
schon in der Morgendämmerung auf den Gipfel auf. Wegen der Leitern
war die Besteigung diesmal viel müheloser als früher; innerhalb einer
halben Stunde hatten wir die 150 m zurückgelegt.
A u f dem Gipfel erwartete uns eine wunderbare Aussicht. Die Wolken,
die nachts die Landschaft am oberen Mahakam bedecken, lagen jetzt
unter uns und die Sonne schien herrlich auf die schneeweisse Fläche
herab; nach der feuchtkalten Atmosphäre in den Wäldern am Bergabhang
berührte uns die hier oben herrschende Wärme aufs angenehmste.
Der Himmel war wolkenlos. Wir wurden nicht müde, unsere Blicke
über das weite, strahlend weisse Nebelmeer schweifen zu lassen, aus
dem einzelne hohe, dunkle Bergspitzen, unbekannt und geheimnisvoll,
hervorragten. Noch nie war es uns geglückt, eine so unbeschränkte
Aussicht über Mittel-Borneo zu geniessen.
Obgleich wir die Entfernung der hintersten Berge nicht kannten,
sagten uns doch einige bekannte Gipfel im Kapuasgebiet, dass sie
sehr gross sein musste. Ueber der Wasserscheide kam der Terata
und hinter ihm noch andere Gipfel zum Vorschein. Nach Osten hin
zog sich längs des Horizontes ein gipfelreiches Gebirge; es musste das
Ober-Kapuas-Kettengebirge sein ; seine einzelnen Spitzen und Rücken
waren aber nicht zu unterscheiden. Unzweifelhaft setzte sich dieses
Gebirge in das Gebiet des oberen Mahakam fort und wahrscheinlich
auch noch weiter östlich, was wir vom Lökudjang aus nicht hatten
sehen können. Auch jetzt wurde uns die Aussicht nach dieser nordöstlichen
Richtung durch dicht vor uns liegende, hohe Bergspitzen benommen,
nach dem Verschwinden des Nebelmeeres musste sich jedoch
der Zusammenhang dieses Berglandes mit dem Ober-Kapuas-Ketten-
gebirge feststellen lassen.
Auch nach Süd-Osten erhoben sich zahlreiche Gipfel aus der Wolkenmasse,
während genau nach Süden der Batu Lösong mit seinem
leicht gewellten Gipfel den Gesichtskreis abschloss.
Die Kajan wurden durch den Anblick, der sich ihnen bot, ganz
verwirrt, sie konnten von keinem einzigen Berge den Namen angeben
und hatten augenscheinlich noch nie dergleichen gesehen. Für jemand,
der die Bahau nicht näher kennt, ist es fast unglaublich, dass ihnen
ihre nächste Umgebung so fremd ist. Nur wenige kennen die Namen
der benachbarten Berge, auch wissen sie nicht einmal, wo die Berge
liegen, die als ihre früheren Wohnplätze in ihren Ueberlieferungen
eine grosse Rolle spielen, wie z. B. der Batu Matjan, der Batu Brok
am Ülu Töpai u. s. w. Nur die Intelligentesten, die viel gereist sind,
wissen besser Bescheid, aber auch nur in den Gegenden, die sie auf
ihren Zügen passiert haben.
Wir weilten bereits längere Zeit auf dem Gipfel, als sich im Osten
ein Wind erhob und das bis dahin bewegungslose Nebelmeer an der
Oberfläche - in Aufruhr brachte, indem er in das weisse Federbett
tauchte und die Dämpfe in leichten Wolken nach oben warf, wo sie
sogleich fortgetrieben wurden. Die gleichmässige, weisse Fläche ballte
sich zu einzelnen grossen Wolkenmassen zusammen, die neben einander
und um uns herumliegend alles bedeckten; sie boten dem Winde mehr
Angriffspunkte., gerieten bald in Bewegung und verdeckten alle niederen
Gipfel. B i e r hatte bereits zahlreiche Gipfel visiert und so wollten wir
nur noch warten, bis das Bergland selbst zum Vorschein kam. M id a n
brachte uns das ersehnte Frühstück, das er einigen Kajan zu tragen
gegeben hatte, nach oben und wir genossen einige Augenblicke der
Ruhe. In nordöstlicher Richtung musste viöf Gestrüpp entfernt werden,
um eine freie Aussicht zu erlangen, denn der Gipfel war nur nach der
entgegengesetzten Seite hin gänzlich nackt d. h. nur mit wenigen Flechten
bedeckt. Die Kajan waren anfangs, aus Furcht die Geister zu erzürnen,
nicht dazu zu bewegen gewesen, ihre Schwerter zum Umhacken der